Titel: Das Purpurmädchen
Originaltitel: Crimson & Bone. A Dark Story of Love and Obsession (Aus dem Englischen von Nina Bader)
Autorin: Marina Fiorate
Verlag: Blanvalet
Seitenzahl: 448 Seiten
Preis: 11,00 €
Erscheinungsdatum: 18.11.2019
ISBN:
978-3-7341-0794-8
Handlung:
London 1853
Annie Stride hat mir ihrem Leben
abgeschlossen. Sie will nicht länger in Armut leben und tagtäglich
ihren Körper verkaufen, um etwas Geld zu verdienen, damit sie gerade
so den nächsten Tag bestreiten kann. Annie steht schon auf dem
Geländer einer Brücke, bereit sich in die Themse zu stürzen, wird
aber im letzten Moment von Francis Maybrick Gill gerettet. Der junge
Künstler schafft es, Annie innerhalb von einer Stunde zu überzeugen,
dass sie ihrem Leben noch eine Chance gibt. Annie wird Francis Muse,
lebt plötzlich im Reichtum, trägt wunderschöne Kleider und wird
von der Londoner Kunstszene verehrt.
Schließlich ziehen die Beiden in
Francis Haus vor Florenz, wo dieser einen zweiten großen
Gemäldezyklus in Angriff nimmt. Doch mit der Zeit wird Annie immer
misstrauischer. Kann sie Francis bedingungslos vertrauen, ist er
wirklich der charismatische Mann oder besitzt der Künstler
vielleicht ein dunkles Geheimnis?
Meinung:
Das Cover gefällt mir wirklich gut. Dieser historische Roman ist anders als die, welche ich normalerweise lese und ich würde das Cover auch nicht direkt einem historischen Roman zuordnen. Auf jeden Fall passt es gut zu der Handlung, es wirkt einerseits freundlich und einladend, ein Gefühl, welches durch die hellen Farben verursacht wird. Gleichzeitig finde ich das Cover aber auch mysteriös und etwas düster. Zum einen denke ich, dass der schwarze Hintergrund zu diesem Eindruck beiträgt, gleichzeitig wendet sich die Dame nicht dem Betrachter zu, zeigt nicht ihr Gesicht und ihre Absichten. Eine spannende Mischung, die mir gefällt.
Mich hat an den Roman besonders die
Erwähnung gereizt, dass Annie gesellschaftlich einen riesen Sprung
macht und ein Star Londons wird. Ich fand diesen Aspekt sehr
interessant und hatte mir schon im Vorfeld einige Gedanken darüber
gemacht, wie die Autorin dies wohl schriftstellerisch gestalten wird.
Einerseits war ich davon überzeugt, dass es unglaublich spannend und
realistisch sein könnte, andererseits hatte ich auch meine Bedenken,
dass dies etwas zu unrealistisch und blass ausfällt. Am Ende ist es
wohl ein Mittelding zwischen beiden Empfindungen geworden. Annie ist
zwar zum Star aufgestiegen und war irgendwann in der Londoner
Kunstszene recht bekannt, doch gleichzeitig war das nie wirklich das
große Hauptthema des Buches. Tatsächlich gibt es auch nur recht
wenige Kapitel die sich mit dem Aufstieg der Annie Stride
beschäftigen. Anhand des Klappentextes hatte ich eine andere
Erwartungshaltung, hatte mir mehr Bälle, Partys vorgestellt, wo
Annie der strahlende Star ist und auch mit mehr Kapiteln gerechnet,
die einen Teil der Londoner Gesellschaft skizzieren.
Mit der Schreibweise war ich nicht
immer glücklich. Am Anfang und auch am Ende fand ich sie
hervorragend, lebendig und bildhaft, sie hat Stimmungen und
Empfindungen eingefangen und die Spannung wurde durchweg sehr hoch
gehalten. Doch nach ungefähr den ersten 100 Seiten ließen diese
positiven Eindrücke nach. Es gab einige Wiederholungen von bereits
bekannten Details, es passierte nicht viel Spannendes und Annie lebte
mit Francis vor sich hin. In dieser Zeit war die Handlung etwas
festgefahren und bot lange Zeit kein Ereignis, welches wieder
aufgerüttelt hat und einen neuen Aspekt in das Buch hineingebracht
hat. Für mich war der Wendepunkt, von wo an die Schreibweise und die
Handlung wieder gefallen hat, die Reise nach Florenz. Da kam wieder
mehr Schwung in die Geschichte.
Am Anfang vieler Kapitel gibt es eine
Art Tagebucheintrag. Diese wurden stets von derselben Person
geschrieben und sind ungefähr ein Jahr zurückdatiert. Es gibt
Informationen aus dem Leben einer Person, die im Buch eine Rolle
spielt, aber nie lebend auftritt. Mir hat das richtig gut gefallen,
so ist eine weitere kleine Geschichte entstanden, die sich bestimmt
auch für einen eigenen Roman eignen würde...
Auf jeden Fall erhält man als Leser so
einige Details und jedes Mal werden die Tage weniger, bis die
Handlung an einem schicksalsreichen Tag ankommt. Oft hatte ich ein
merkwürdiges Gefühl, ich hatte etwas Angst was am Ende der
Geschichte kommt, habe aber gleichzeitig darauf gwartet.
Es ist der Autorin herorragend
gelungen, verschiedene Stimmungen einzufangen. Durchweg war die
Stimmung eigentlich recht geheimnisvoll und genau das konnte sie auch
auf den Leser übertragen. Ich hatte die ganze Zeit ein schlechtes
Gefühl und war darauf gefasst, dass irgendwann noch ein großes
Geheimnis aufgedeckt wird. Genau so war es auch und gerade am Ende
des Buches wurde es mir beim Lesen von einigen Stellen fast schon
übel und schlecht. Natürlich ist das nicht gerade das angenehmste
Gefühl, aber hier hat es einfach perfekt zu der Stimmung gepasst,
die auch im Roman geherrscht hat.
Ich war davon ausgegangen, dass ein
großer Teil des Buches in London spielt und es dann noch wenige
Kapitel in Florenz gibt. Tatsächlich war die Handlung in London
weniger als gedacht, nur knapp 170 der 448 Seiten spielten in
England. Der Hauptteil des Buches findet in der Nähe von Florenz
statt. Mir hat dieser plötzliche Wechsel der Örtlichkeit nicht so
gefallen. Lange Zeit fand ich diesen unverständlich und hatte das
Gefühl, als würde die Zeit in Italien still stehen. Gefühlt jeder
Tag von Francis und Annie verlief gleich, es gab nur wenige
Ereignisse, die etwas Schwung in die Handlung hereingebracht haben.
Zudem war durch den Umzug nach Italien der Bekanntheitsstatus von
Annie vollkommen weg und sie führte dort nicht mehr so ein
aufregendes Leben wie in London. Ich hätte es besser gefunden, wenn
es einen sanfteren Übergang von einem Leben in der Öffentlichkeit
hin zu einem arg zurückgezogenen Leben gegeben hätte.
Die Autorin hat es geschafft, die
Spannungskurve konstant aufrecht zu erhalten. Obwohl es einige
Kapitel gibt, wo nicht so viel passiert und man fast meinen könnte,
es entstehen ab und an ein paar Längen, weil einfach nichts
aufregendes passiert ist. Trotzdem gab es im Hintergrund immer eine
bestimmte Spannung, die sich nicht ausblenden lassen hat. Mal war sie
stärker spürbar, mal weniger, aber immer hat sie hinter den Sätzen
gelauert.
Ich lese ja wirklich gerne historische
Romane, mit den Jahren bin ich sehr wählerisch dabei geworden. Ich
mag es, wenn ich eine ausführliche und genaue Recherchearbeit
erkenne und mich weiterbilden kann. Das ist für mich ein Stück weit
Vorrausetzung bei der Suche von Büchern aus diesem Genre geworden.
Auch bei dem neuen Buch von Marina
Fiorato gab es diese sichtbare Recherche. Zwischendurch gab es immer
mal wieder Andeutungen auf verschiedene historische Ereignisse, doch
eine besonders ausführliche Auseinandersetzung mit verschiedenen
Themen wird im künstlerischen Bereich sichtbar. Dort konnte die
Autorin mit einigen Fakten und Details auftrumpfen, die mir nicht
bekannt waren. Zwar ist die Kunst und Architektur nicht unbedingt
mein Lieblingsthema, doch es hat zu dem Roman und seiner Geschichte
hervorragend gepasst und meinen Horizont etwas erweitert.
Ich empfand es schwer, die
Protagonisten zu mögen oder sie sympathisch zu finden. Es gab immer
mal Ansätze, wo sie ihre positiven Seiten gezeigt haben und so
Mitgefühl oder eine abgeschwächte Art von Sympathie bei mir
entwickelt haben. Aber meist war ich mir nicht ganz sicher, was ich
von ihnen halten sollte.
Im Grunde gibt es lange Zeit nur Annie
und Francis als Protagonisten, später in Neapel kommt eine weitere
Person hinzu, über die ich an dieser Stelle nichts verraten möchte.
Alle anderen Personen tauchen zu wenig auf, um etwas über sie zu
sagen.
Annie fand ich anfangs noch in Ordnung
und war gespannt auf ihre Entwicklung. Francis hat sie nach seinen
Wünschen geformt und damit kam der Punkt, wo ich sie immer
schlechter einschätzte. Von einer selbstbestimmten und eigenständig
handelnden Person wurde Annie zu einer Art Schoßhündchen. Alles,
war Francis Unmut erregt hätte, hat Annie an ihrem Wesen verändert.
Ich verstehe ja, dass dieses neue Leben für sie besonders ist und
sie alles dafür tut, um nicht plötzlich wieder auf der Straße zu
landen. Aber Annie verlor sich selbst immer mehr und nahm irgendwann
nur noch Rollen ein. Zwar war ihre Veränderung spannend zu verfolgen
und stark geschildert, doch irgendwie blieb bei mir ein fader
Beigeschmack.
Über Francis möchte ich nicht zu viel
verraten. Er ist ein komplexer Charakter, den man nur schwer
versteht, er hat viele Geheimnisse und lässt sich nicht wirklich in
die Karten schauen. Bis auf ein-zwei kleine Ausnahmen behält Francis
sein Pokerface und scheint durch und durch ein Gentlemen zu sein.
Trotzdem hat er einen Hauch von etwas dunklem an sich, was es nicht
so einfach macht, ihn zu mögen. Francis ist ein einzigartiger
Charakter mit besonderen Vorlieben, der sich nur schwer mit Worten
beschreiben lässt...
Fazit:
Fazit:
Irgendwie lässt mich das Buch
zwiegespalten zurück. Einerseits war die Geschichte mit allen
Hintergründen und Geheimnissen faszinierend, gleichzeitig bin ich
auch froh, das Buch ausgelesen zu haben. Teilweise fand ich einige
beschriebenen Details schon etwas gruslig und merkwürdig, mir wurde
an einigen Textstellen richtig übel. Da hätte ich das Buch am
liebsten beiseite gelegt, wollte aber trotzdem wissen, wie es
weitergeht.
Es ist eine Geschichte, wie ich sie
vorher noch nie gelesen habe. Geheimnisvoll, düster mit wirren
Vorstellungen und krassen Details. Es war eine interessante
Erfahrung, auf Dauer bevorzuge ich eher andere historische Romane.
Mir haben die Charaktere irgendwie
gefallen, auch wenn ich sie nicht kennenlernen wollen würde. Sie
hatten unglaublich komplexe Wesen und waren gut durchdacht. Besonders
die Psyche von Annie und Francis war spannend und einzigartig. Dazu
haben mir die Zusätze am Anfang eines jeden Kapitels gefallen, diese
gaben einige Informationen preis und boten eine Abwechslung zu der
Gegenwart mit Annie und Francis.
Bewertung: 3 von 5 Sterne
MarySophie
Vielen Dank an das Bloggerportal von RandomHouse für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
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