Titel: Die Bilder der Frauen
Originaltitel: The French Photographer ( aus dem Englischen von Christine Strüh )
Autorin: Natasha Lester
Verlag: Aufbau TB
Seitenzahl: 512 Seiten
Preis: 12,99 €
Erscheinungsdatum: 21.07.2020
ISBN:
978-3-7466-3664-1
Handlung:
Paris 1942
Bisher hat Jessica May erfolgreich als
Fotomodell gearbeitet, doch der Krieg beeinflusst auch ihr Leben. In
Europa soll die junge Frau als Fotojournalistin agieren und für die
Vogue über den Krieg berichten. Und dieser Aufgabe widmet sich
Jessica auch voller Tatendrang, doch viele Soldaten wollen keine Frau
an der Front oder bei ihrer Truppe sehen. Für sie ist der Krieg
Männersache, bei dem Frauen lediglich als Helferinnen von Ärzten
auftauchen sollten.
Jessica lässt sich von ihrer Aufgabe
nicht abbringen und trifft schließlich den Offizier Dan Hallworth,
der einen anderen Blickwinkel als viele seiner Kameraden hat.
Zwischen Dan und Jessica entsteht eine tiefe Freundschaft und
schließlich auch Liebe, doch nicht immer meint es das Schicksal gut
mit ihnen...
Meinung:
Meinung:
Das Cover erinnert mich etwas an das von dem anderen Roman der Autorin. Es hat den Charme einer Postkarte, ist leicht verblasst und wirkt dadurch sehr nostalgisch. Eine Frau und ein Kind befinden sich auf einer Brücke, wirken miteinander vertraut und könnten Mutter und Kind sein. Im Hintergrund sind einige Gebäude zu sehen, die sich aufgrund des Abstandes und der Verschwommenheit aber keiner Stadt zuordnen lassen. Sowohl der Titel, als auch der Name der Autorin stechen in ihrer Einfachheit hervor und nehmen in ihren Farben auf andere Details Bezug. Das Grün findet sich im Kleid des Mädchens wieder, das Weiß in den Verzierungen des Kleides der Frau. Auf diese Weise entsteht ein rundes und stimmiges Bild, welches ich als sehr ansprechend empfinde.
Im März hatte ich erstmals einen Roman
von Natasha Lester gelesen, den ich sehr genossen habe. Er vereinte
eine wunderbare Mischung aus einer spannenden Geschichte, vermischt
mit zahlreichen historischen Fakten und vielen Gefühlen und
Emotionen. Ich habe das Buch geliebt und es zählt zu den besten
Büchern, die ich dieses Jahr gelesen habe. Als ich vor fünf Monaten
gesehen habe, dass dieses Jahr ein weiterer Roman aus ihrer Feder
erscheint, war für mich direkt klar, dass ich ihn ebenfalls lesen
möchte. Und genau das habe ich jetzt getan, das Buch habe ich als
Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten, was mich sehr glücklich
gemacht hat. Auch hier noch einmal ein ganz großes Dankeschön!
Ich brauchte vielleicht um die zwanzig
Seiten, um mich an die Situation zu gewöhnen und um Jess, die
Hauptprotagonistin, kennenzulernen. Doch als dies einmal geschehen
war, hatte ich absolut keine Probleme mehr, um der Handlung zu folgen
und konnte mich vollends auf die Geschichte einlassen.
Auch diesmal herrscht wieder ein ganz
wunderbarer und bildhafter Schreibstil vor.
Viele Sätze haben einen tieferen Sinn
und haben den Hauch eines poetischen Ansatzes. Zudem gibt es immer
wieder versteckte Botschaften und dies trägt nicht nur dazu bei,
dass die Geschichte immer spannend bleibt, sondern auch, dass ich das
Buch nur selten aus der Hand legen wollte.
Die Autorin schafft es mit wenigen,
dafür sehr eindringlichen Worten den Schrecken des Krieges lebendig
werden zu lassen und die Situationen mit einer passenden
Ernsthaftigkeit wiederzugeben. Oft konnte ich mir die Szenarien
genaustens vorstellen und hatte Bilder vor Augen, die die Taten viel
zu authentisch darstellen. Anhand dieser Textstellen sieht man auch
was für eine umfangreiche und genaue Recherchearbeit dem Werk
zugrunde liegt, um einen möglichst nahen Verlauf des Krieges
wiederzugeben.
Doch auch positive Dinge schafft die
Autorin beeindruckend zu beschreiben. Dazu zählt für mich die
wunderbare Personenzeichnung, die bei einem jeden vorhanden ist. Auf
mich erscheinen die Protagonisten einzigartig und sie haben eine
lebendige Ader, sodass man sich gut vorstellen kann, dass sie
tatsächlich gelebt und auf diese Weise agiert haben.
Es gibt zwei Handlungsstränge, die
einmal in der Zeit des Zweiten Weltkrieges spielen und einmal in der
Gegenwart. In der Gegenwart folgt man D´Arcy, lernt sie besser
kennen und wird vor weitere Rätsel gestellt, die sich am Ende aber
alle auflösen. In der Vergangenheit lernt man auf eindringliche
Weise das Kriegsgeschehen und die Ängste der Menschen kennen. Dabei
folgt man Jess an unterschiedliche Orte und lernt mit ihr die
verschiedensten Personen kennen. Mich hat durchweg die Geschichte von
Jess mehr interessiert, ich empfand sie als Menschen sympathischer
und ihre Kapitel haben mehr Fakten enthalten. Die Erlebnisse von
D´Arcy dagegen konnten mich nie vom Hocker hauen, ich finde ihrem
Wesen fehlt viel Lebendigkeit und sie hat mir nie so recht gefallen.
Ich konnte mich einfach nicht mit ihr anfreunden und habe die
Abschnitte von ihr nie mit so viel Interesse gelesen. Allerdings
bilden sie einen recht ruhigen Gegenpol zu den aufregenden
Geschehnissen im Zweiten Weltkrieg, was ganz angenehm war.
Im Gegensatz dazu hat mich die Handlung
rund um Jess und Dan vollkommen überzeugt. Ich fand diese
abwechslungsreich und nie vorhersehbar, sie wirkte lebendiger und
nicht so konstruiert. Tatsächlich hätte ich auch gut und gerne auf
den Gegenwartsstrang verzichten können und dafür noch mehr Kapitel
über Jess gelesen.
Dem Roman liegt eine ganz wunderbare
Stimmung zugrunde. In ganz vielen Szenen werden viele Emotionen
verarbeitet, diese sind sowohl positiver, als auch negativer Natur.
Die Protagonisten haben sich nicht gescheut, um ihrer Freude und der
Liebe Ausdruck zu verleihen, aber auch um ihre Wut und ihre Trauer
herauszulassen. Auch deshalb erscheinen sie wahrscheinlich so
lebensnah.
An ganz vielen Textstellen hat sich die
Stimmung auf mich übertragen und ich konnte gut mitfühlen . Gerade
beim Lesen der letzten dreißig Seiten hatte ich immer wieder Tränen
in den Augen und wollte nicht, dass das Leseerlebnis endet. Zudem
haben sich auf den letzten Seiten auch bei den Protagonisten die
Emotionen überschlagen und genau das hat sich auf mich übertragen.
Und ich muss sagen, dass mich die Autorin genau damit gepackt hat.
Lange Zeit fand ich das Buch sehr gut, mir hat aber noch in Punkt
gefehlt, der es einzigartig, herausragend macht. Und genau das kam am
Ende und hat meinen Eindruck nochmals verbessert und auch diesen
Roman von Natasha Lester wieder zu einem Highlight gemacht, auch wenn
ich ein-zwei Kritikpunkte habe.
Immer wieder wechseln sich
spannungsreiche mit ruhigen Kapiteln ab und auch als Leser kann man
immer wieder durchatmen und das gerade Gelesene verarbeiten. Es gibt
lediglich in den Abschnitten der Gegenwart ab und an etwas unnötiges
Drama, wenn sich die Protagonisten nicht richtig aussprechen und so
teilweise Missverständnisse entstehen. In der Vergangenheit
herrscht meist eine große Spannung, nicht nur weil man wissen
möchte, wie Jess den Krieg erlebt, sondern auch welches Schicksal
die anderen Personen erwartet. Doch auch hier gibt es immer wieder
Momente, die einen ruhigen Charakter haben und in denen es auch den
Protagonisten gelingt, den Krieg etwas zu vergessen und einfach nur
den Augenblick zu genießen.
Das Buch ist keine leichte Lektüre,
die man einfach so locker wegließt. Im Gegenteil: die Autorin hat
ein komplexes und unglaublich gut verwebtes Werk geschaffen, dass mit
vielen Aspekten überzeugen kann. Immer wieder tauchen zahlreiche
Details auf, die die Lebenssituation der Menschen, aber auch Sorgen
und Nöte wiedergeben. Auf diese Weise entsteht eine berührende
Authentizität, die einfach umhaut und von zahlreichen Stimmungen
gespickt ist. Man merkt deutlich anhand allerlei kleinen Erwähnungen,
wie viel Mühe und Arbeit hinter dem Werk steckt.
Für mich war der Roman absolut nie
vorhersehbar. Immer wieder gab es überraschende Wendungen, mit denen
ich absolut nicht gerechnet habe. Nie kann man sich darauf verlassen,
dass die Geschichte einen geraden Weg geht, sondern immer wieder
müssen Entscheidungen getroffen werden, die einen neuen Schwung mit
sich bringen. Daher kann man auch beim Lesen wunderbar spekulieren,
doch meist lag ich mit meinen Überlegungen falsch und es gab einen
ganz anderen Fortgang, als ich dachte. Und obwohl es immer wieder
viele Details gibt, die genannt werden, zahlreiche Protagonisten
auftauchen und es ständig Wendungen in der Handlung gibt, habe ich
nie den Überblick verloren und bin nie durcheinander gekommen.
Ich mag es sehr, wie historische
Ereignisse eine Erwähnung finden und geschickt in die Handlung
eingebunden wurden. So erhält man als Leser einen guten Einblick in
die Zeit des Zweiten Weltkrieges und ich habe auch immer wieder von
Dingen gelesen, die mir nicht bekannt waren. Zugleich gibt es immer
wieder Kapitel, in denen es ruhiger zugeht und die Handlung eher
fiktiv gehalten wurde. In diesen Abschnitten konnte ich immer
gedanklich das gerade Gelesene einordnen und Zusammenhänge finden
oder bilden.
Mir hat es vielleicht etwas gefehlt,
dass es nur sehr selten eine Erwähnung gibt, in welchem Monat und
Jahr die folgende Handlung stattfindet. So hätte ich mich zeitlich
noch besser orientieren können und die Handlung wäre für mich
runder gewesen.
Ganz besonders überzeugen konnte mich
die Autorin mit dem Fakt, dass die Geschichte rund um Jess auf einem
realen Vorbild beruht. Ich finde es immer wieder toll von starken
Frauen zu lesen, die sich nicht an Normen halten und ihren eigenen
Willen haben und diesen auch durchsetzen wollen. Allein für diesen
Fakt lohnt es sich, das Buch zu lesen und einen tiefen, sowie
eindringlichen Blick auf den Zweiten Weltkrieg zu erhalten.
Als ein großes Highlight fungiert die
Stimmung. Es gibt ganz viele Momente, in denen man mitfühlen konnte
und sich die Emotionen auch auf den Leser übertragen haben. Gerade
das Ende war ganz wunderbar emotional gehalten und war wahrscheinlich
die stimmungsreichste Szene im ganzen Roman.
Anhand der Stimmungen war es mir
möglich, zu einigen Protagonisten eine besondere Bindung aufzubauen,
sie wurden für mich immer lebendiger und oft musste ich mir in
Erinnerung rufen, dass die Charaktere fiktiv sind.
Es gibt einige Handlungsorte, die ich
an dieser Stelle nicht alle benennen möchte. Eines haben sie alle
gemeinsam: ich konnte mir eine jede Örtlichkeit genau und bildhaft
vorstellen. Die Autorin hat die verschiedenen Settings mit einfachen,
genauen und teils schonungslosen Wörtern versehen und daher wirkte
es auf mich auch immer natürlich, wie sich die Protagonisten in
diesen bewegen. Oft konnte ich mir vieles vorstellen und dabei wirkte
die Welt immer etwas trüb und trist. Vielleicht durch das Wissen,
was noch so alles in dem Krieg geschehen wird, vielleicht durch die
Tatsache, dass die Front, Lazarette oder sonstige Schauplätze
traurige Orte sind.
Bei den Protagonisten unterteile ich
jetzt mal in die der Gegenwart und die der Vergangenheit. Denn ich
finde, dass es einige Unterschiede gibt, die sich so am besten
darstellen lassen.
Mir haben die Personen in der
Vergangenheit durchweg viel besser gefallen. Sie waren lebendiger und
authentischer, ich fand viele sympathischer und spannender
dargestellt. Hier gibt es viel mehr Unterschiede zwischen ihnen, es
gibt sowohl gute, als auch unsympathische Menschen und einige zeigen
erst mit der Zeit ihr wahres Ich. Es gibt insgesamt viel mehr
Vielfalt und Abwechslung, ich habe das Gefühl, dass sich hier mehr
Gedanken gemacht wurden, um ein breites Bild präsentieren zu können.
Währenddessen finde ich die Personen
in der Gegenwart etwas einfach. Sie besitzen nicht so vielfältige
Wesen, sind eigentlich nur positiv dargestellt und scheinen keine
negativen Attribute zu haben. Ich fand sie durchweg nicht so gut
durchdacht und leider auch nicht sonderlich sympathisch. Sie haben
keine komplexen Charaktere, sind fast etwas stereotyp und haben mich
nie überraschen können. Es war keine Entwicklung zu sehen und ich
konnte ihnen beim besten Willen nichts positives abgewinnen.
Fazit:
Bis auf Kleinigkeiten, für die ich
gesamt einen halben Stern abziehe, konnte mich das Buch vollkommen
überzeugen. Dazu habe ich in meiner Rezension bereits einiges gesagt
und werde an dieser Stelle nicht noch einmal darauf eingehen.
Mir hat der Roman von Natasha Lester
wieder sehr gut gefallen und ich finde es einfach faszinierend, wie
sie es schafft, Geschichte so lebendig und ansprechend zu gestalten.
Man kann deutlich herauslesen, dass die Autorin ganz genau weiß,
wovon sie schreibt und das ihre Aussagen Hand und Fuß haben. Ich
habe an keiner Stelle irgendetwas in Frage gestellt, sondern ihr
blind vertraut, dass das was sie sagt einen hohen Wahrheitsgehalt
hat.
Auch für diesen Roman kann ich nur
eine große Empfehlung aussprechen, das Buch erzählt eine
unglaubliche Geschichte, die sehr lesenswert ist und mir ganz
hervorragend gefallen hat.
Bewertung: 4,5 von 5 Sternen
MarySophie
Vielen Dank an den Aufbau Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.
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