Titel: Das Lichtenstein - Modehaus der Träume
Autorin: Marlene Averbeck
Verlag: dtv
Seitenzahl: 480 Seiten
Preis: 15,90 €
Erscheinungsdatum: 21.08.2020
ISBN:
978-3-423-26269-9
Handlung:
Berlin 1913
Das Modehaus Lichtenstein hat einen
fantastischen Ruf und steht vor allem für schicke Damenmode,
elegante Herrenkleidung und eine hervorragende Beratung. Und im
Sortiment lassen sich auch andere Dinge finden, wie z.B.:
Haushaltswaren und es bleibt am Ende kein Wunsch der Kunden offen.
Dabei gibt es tagtäglich ein Kommen
und Gehen, Menschen mit verschiedenen Schicksalen und Zielen treffen
aufeinander und wollen ein erstklassiges Einkaufserlebnis erfahren.
Um dies zu ermöglichen gibt es allerhand Mitarbeiter, die in
unterschiedlichen Abteilungen arbeiten und für die Qualität des
Modehauses stehen. Die Näherin Thea hat ihr Auge auf einen der
Lichtenstein-Brüder geworfen und weiß insgeheim, dass diese Liebe
fast aussichtslos ist. Hedi nimmt eine Anstellung als Ladenmädchen
an und taucht in die Welt der Mode ein, eine große Leidenschaft
ihrerseits. Jacob, der ältere der Brüder Lichtenstein möchte das
Modehaus zu noch mehr Erfolg führen, was aber verlangen würde, dass
es ein paar moderne Änderungen gibt. Doch sein Bruder hat in dieser
Angelegenheit vollkommen andere Ziele. Trotzdem gibt Jacob nicht auf,
er möchte seine Wünsche umsetzen, weil er weiß, dass sie der
richtige Weg zu einer großen Zukunft sind. Alle Pläne werden durch
einen Brand umgeworfen, das Lichtenstein geht in Flammen auf und
davon betroffen ist nicht nur die Existenz der Inhaber, sondern auch
die von zahlreichen Mitarbeitern...
Meinung:
Komplett kann mich das Cover immer noch
nicht überzeugen. Ich mag die Farbgebung und das leicht körnige
Gesamtbild gerne, auch das staatliche Haus im Hintergrund hat eine
große Ausstrahlung und lenkt den Blick auf sich. Diese Aspekte
überzeugen mich komplett und gefallen mir sehr gut.
Leider mag ich es nie so, wenn Personen
auf dem Cover den Betrachter so eindeutig anschauen. Dagegen habe ich
eine kleine Abneigung und auch hier stört es mich. Schade, wenn die
junge Frau dem Betrachter ihr Profil zuwenden würde, fände ich die
gesamte Szene deutlich angenehmer. Hier muss ich aber noch anmerken,
dass ich es gut finde, wie sie der damaligen Mode entsprechend
gekleidet ist. Grob weiß ich zwar, was zu welcher Zeit bevorzugt
getragen, doch so hatte ich einen besseren Eindruck davon, was gerade
modern war. Zumal dies ein wichtiger Aspekt des Buches ist, immerhin
ist das Modehaus titelgebend.
Ich hatte das Buch erstmals bei
Vorablesen gesehen und fand es allein vom Titel ansprechend.
Daraufhin habe ich mir den Klappentext durchgelesen, der ebenfalls
mein Interesse geweckt hat und mich schließlich auch noch der
Leseprobe gewidmet, die ebenfalls zu überzeugen wusste. Mein
Entschluss, mich dafür zu bewerben war somit gefasst und ich hatte
tatsächlich das große Glück, ein Exemplar zu erhalten, was mich
riesig gefreut hat. Denn irgendwie hatte mich der Roman nach der
Leseprobe nicht losgelassen und ist mir immer im Hinterkopf
herumgespukt. Auf jeden Fall möchte ich auch hier nochmal meinen
Dank an Vorablesen und den DTV Verlag aussprechen, ich hatte wirklich
viel Freude mit dem Roman, was ich auch im Folgenden noch erläutern
werde.
Zuallererst erwartet den Leser eine
Figurenübersicht, die die Charaktere mit wenigen Worten vorstellt.
Auf diese Weise kann man sich bereits ein erstes Bild machen, erste
Schlüsse ziehen und man wird nicht so ins kalte Wasser gestoßen.
Zudem mochte ich, wie viel Lebendigkeit ihnen anhand der Fakten
zugeschrieben wurde und es zeigt, wie viel Mühe sich die Autorin
gegeben hat. Ich finde die Übersicht sehr passend und war froh, die
Protagonisten erst einmal auf diese Weise kennenzulernen.
Weiterhin gibt es am Anfang die
Bemerkung, dass es im Folgenden noch zusätzliches Material wie ein
Glossar oder ein Personenverzeichnis mit historisch verbürgten
Charakteren gibt. Gerade die Erwähnung des Glossars fand ich
hilfreich, es gab doch ab und an mal ein Wort, welches mir nicht
geläufig war und so wurde schnell Abhilfe geschaffen.
Ich hatte den Roman freitags begonnen
und am Sonntag bereits ausgelesen gehabt. Ich war selbst davon ein
wenig überrascht, ich wollte das Buch nie wirklich aus der Hand
legen, sondern immer gab es einige dringende Fragen, die ich
beantwortet haben wollte. Zu der hohen Spannung kommt noch eine
hervorragend lesbare Schreibweise hinzu, die viele Szenen lebendig
wirken lässt und ich konnte mir sowohl das Kaufhaus, als auch die
Wohnungen der Charaktere hervorragend vorstellen. Jeder Charakter
erhält eine gute Zeichnung, zudem wird es dem Leser komplett selbst
überlassen, welche Personen er als sympathisch oder unsympathisch
einschätzt.
Die Sprache war recht einfach, immer
wieder mit Begriffen aus der Modewelt gespickt, die mir teils
bekannt, teils vollkommen unbekannt waren, welche sich aber anhand
des Glossars fix aufgelöst haben. Ab und an wurde außerdem ein
berlinerischer Dialekt eingefügt, der bodenständig und passend
gewirkt hat, zudem tauchte er nicht zu häufig auf und war daher in
keinster Weise störend.
Ich kam zügig mit dem Lesen voran und
bin mit diesem Aspekt vollkommen zufrieden.
Zu meinen Lieblingsszenen gehören die,
in denen der alltägliche Kaufhausalltag bildhaft beschrieben wurde.
Nicht nur die Abläufe fand ich interessant, sondern auch immer die
Tatsache, wie viele verschiedene Menschen, die alle anderen sozialen
Ständen angehören, mit unterschiedlichen Wünschen
aufeinandertreffen und sich in einem Gebäude aufhalten. Eine
faszinierende Vorstellung, auch was die Mitarbeiter tagtäglich für
Geschichten miterleben. Sowohl für freudige, als auch für traurige
Anlässe gibt es Kunden, die sich begegnen, ohne von dem Schicksal
des anderen zu wissen. Spannend!
Im Buch tauchen vier Erzählperspektiven
auf, die sich immer wieder abwechseln und verschiedene Sichtweisen
auf die Protagonisten, aber auch auf die Geschehnisse und die
allgemeine Situation in Berlin geben. Dabei werden verschiedene
Schichten angesprochen, sowohl eine einfache Näherin aus Wedding
kommt zu Wort, als auch eine angehende Schauspielerin, die ein
prunkvolles Leben erwartet.
Drei der Perspektiven sind aus
weiblicher Sicht, eine wird von einem Herren beschrieben, bei dem es
sich um einen der beiden Lichtenstein-Brüder handelt. So bekommt man
auch nochmal einen anderen Standpunkt auf die Dinge und erfährt von
den Sorgen, die Jacob Lichtenstein um das Kaufhaus, aber auch um die
Familie hat.
Anhand der vier Erzählperspektiven
entsteht ein breitgefächertes Bild, man lernt unterschiedliche
Lebensweisen kennen und kann sich von verschiedenen Ereignissen
selbst einen Eindruck verschaffen. Zudem mag ich es, wie sich die
Milieus unterscheiden und was für Einblicke in die Lebensarten gibt.
Anhand dieser Erzählweise kann man
zudem immer wieder Einblicke in die Gedanken und Gefühle der
Protagonisten erhaschen. Irgendwann bröckelt bei einem jeden die
Fassade und ein anderes Bild der Person zeigt sich, welches nochmals
bodenständiger ist und andere Facetten zeigt.
Längen konnten für mich auf diese
Weise gar nicht erst entstehen, im Gegenteil: die Handlung blieb
stets spannend, weil es immer wieder Fragen meinerseits gab, die
durch eine weitere Lektüre beantwortet wurden. Außerdem kam immer
wieder Abwechslung in die Geschichte, was immer gut ist.
Wie ich anfangs schon erwähnt hatte,
hinterließen sowohl das Lichtenstein, als auch de Privatwohnungen
der Mitarbeiter bei mir lebendige Bilder. Ich konnte mir sowohl das
prachtvolle Modehaus, als auch die Büroräume, die Schneiderei oder
den Hof des Gebäudes vorstellen. Sie waren nicht mit besonders
vielen Worten beschrieben, sondern man konnte auch ein Stück weit
seiner eigenen Fantasie Platz lassen. Ich empfand auch die Stimmung
besonders, die von dem Modehaus ausgeht. Man konnte deutlich eine
fröhliche und kauflustige Stimmung spüren, aber auch den Druck der
Angestellten, die Kunden vollkommen zufriedenzustellen. Ich mochte es
sehr, was für verschiedene Welten hier zusammentrafen und habe jetzt
selbst Lust dazu, in einem solch würdevollen und ästhetischen
Kaufhaus der 1910er einzukaufen.
Und auch die Wohnungen von Mitarbeitern
waren mit einigen Worten bildhaft umrissen. Bei jedem kam eine
bestimmte Stimmung durch, die sich auch ein Stück weit auf mich
übertragen hat. Gerade Thea´s Wohnsituation hat mich in dieser
Hinsicht sehr mitgenommen und ich würde fast sagen, dass mich dieses
Setting am meisten überzeugt hat, obwohl nur wenige Szenen dort
stattgefunden haben.
Die Handlung des Romans setzt kurz vor
dem Ersten Weltkrieg ein und erstreckt sich auch über diesen. Daher
gibt es insgesamt einen Handlungszeitraum von fünf Jahren. Dabei
werden die Kriegsjahre fast komplett übersprungen, der Fokus liegt
eindeutig auf dem Lichtenstein, was ich auch vollkommen in Ordnung
finde. Zwar wäre es auch interessant gewesen, wie die Arbeit im
Modehaus während des Krieges vonstatten geht, wie viele Mitarbeiter
noch beschäftigt werden und wie die Kundschaft in dieser Zeit
auftritt, gleichzeitig hätte dies wahrscheinlich auch den Rahmen
gesprengt.
Anfangs gab es ab und an noch ein paar
Hinweise auf die politische Situation, gerade der sich anbahnende
Krieg ist immer mal ein Gesprächsthema. Doch ansonsten wird
eigentlich gar nicht auf historische Fakten Bezug genommen, was ich
schade fand. Einige Details hätte man gut in die Handlung verbauen
können und so nicht nur ein breites Bild der Bevölkerung, sondern
auch der allgemeinen Situation in Deutschland und Europa gegeben.
Es gibt eine Vielzahl an Protagonisten,
die teils mehrfach, teils nur für wenige Seiten auftreten. Ein jeder
hat dabei gemein, dass sie eine gut vorstellbare Zeichnung mit
Eigenarten erhalten haben, was sie einzigartig macht und
Wiedererkennungswert bietet. So entsteht außerdem ein breites Bild
der Gesellschaft, man lernt Menschen unterschiedlicher Stände kennen
und es gibt ein interessantes Zusammenspiel von mehr oder weniger
privilegierten Personen.
Im besonderen Fokus stehen Jacob, Ella,
Thea und Hedi. Ihnen, aber auch ihnen nahestehenden Personen, wurde
viel Platz im Buch gewidmet und sie wurden mit eindringlichen Worten
dargestellt. Sie stehen dem Leser am nächsten und zu ihnen kann man
die beste Bindung aufbauen. Ich empfand alle vier als sympathisch,
habe viele getroffene Entscheidungen unterstützt und mochte die
abwechslungsreichen Lebensstadien, die alle vier durchlaufen.
Fazit:
Ich war sehr gespannt auf den Roman und
hatte doch ein paar Erwartungen. Viele wurden erfüllt, aber leider
nicht alle. Von der Schreibweise, aber auch von der Personenzeichnung
und dem Setting bin ich vollkommen überzeugt worden und hatte daher
viel Spaß beim Lesen und habe das Buch gerne in die Hand genommen um
weiterzulesen. Auch von den vier Erzählperspektive und der
Abwechslung, die dadurch entsteht, war ich sehr begeistert und fand
die Einblicke in verschiedene Lebensweisen sehr interessant.
Leider hatte ich mehr hinsichtlich der
Einbindung historischer Ereignisse erwartet, die sich nicht nur auf
den Krieg beziehen. Ich finde, dass es hier gerne etwas mehr hätte
sein können, um das Buch rund zu machen und um allgemein einen
besseren Blick auf das Deutschland in den 1910ern zu geben. Und auch
die Stimmung fehlt mir ein wenig, diese hat sich leider nur in den
Gebäuden gefunden, von den Protagonisten kam in dieser Sache nichts
herüber. Weder schöne Momente, noch tragische Ereignisse haben bei
mir einen Eindruck hinterlassen.
Ansonsten freue ich mich jetzt schon
auf die beiden Fortsetzungen, ich bin sehr gespannt, wie es
weitergehen wird und welche Protagonisten im nächsten Band wieder
auftreten. Zudem habe ich noch ein paar Fragen und es gab bereits ein
paar Anspielungen auf mögliche Probleme, die vielleicht im zweiten
Teil beantwortet werden. Bis dahin dauert es leider noch gut ein
Jahr, aber schon jetzt steht die Fortsetzung ganz weit oben auf
meiner Wunschliste. Ein spannungsreicher erster Band, der Lust auf
die weiteren Bücher macht und mir sehr gut gefallen hat!
Bewertung: 4 von 5 Sternen
MarySophie
Vielen Dank an Vorablesen, sowie den DTV Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.
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