Titel: Das Brauhaus an der Isar - Im Sturm der Zeit
Autorin: Julia Freidank
Verlag: Rowohlt Polaris
Seitenzahl: 480 Seiten
Preis: 15,00 €
Erscheinungsdatum: 21.07.2020
ISBN:
978-3-499-27674-3
Handlung:
München 1919
Clara Bruckner ist immer mit der
Gewissheit aufgewachsen, dass ihr Bruder mal das Brauhaus der Familie
übernehmen wird. Doch er hat den Krieg nicht überlebt und nun liegt
es an ihr, das Handwerk des Brauens zu lernen. Immerhin wird sie
eines Tages das Brauhaus Brucknerbräu führen und die Geschicke
leiten.
Clara hat einige Probleme mit ihrer
neuen Aufgabe, allen voran glaubt sie an die Prohibition von Alkohol
und es ist auch nicht immer leicht, von den fast durchweg männlichen
Angestellten akzeptiert zu werden. Doch genau darin liegt auch der
Anreiz: Frauen haben mehr Rechte und können etwas bewegen. Und diese
Aussicht gefällt Clara, die dem Fortschritt nicht abgeneigt ist. In
diesen für sie schwierigen und kraftraubenden Zeiten lernt die junge
Frau einen Mann kennen, der Clara verwirrt und nicht in ihr
hektisches Leben passt. Zudem ist die Welt in einem ständigen
Wandel, vor allem auf politischer Ebene...
Meinung:
Das Cover ähnelt dem des ersten Teils. Wieder ist eine Frau von hinten zu sehen, diesmal in modernerer Kleidung und jetzt wendet sie ihr Profil halb dem Betrachter zu. Im Hintergrund sind einige Gebäude zu sehen, die leicht verblasst sind und die ich in München, dem Handlungsort des Buches verorten würde. An der Seite des Bildes gibt es einige Blätter, die dem Cover einen Rahmen geben und farblich sehr gut passen. Ich mag die gewählten Farben und finde das gesamte Bild ansprechend. Es ist auffallend und man verspürt das Bedürfnis, das Buch in die Hand zu nehmen und zu betrachten.
Vor fast einem Jahr, im August 2019
habe ich den ersten Teil der Reihe „Das Brauhaus an der Isar“
gelesen. Und diesen habe ich inhaliert, geliebt und in höchsten
Tönen gelobt. Natürlich wollte ich da auch Band zwei lesen, in der
Hoffnung, dass er mich genauso umhaut und begeistern wird. Aus diesem
Grund war ich dem Rowohlt Verlag unglaublich dankbar, dass ich ein
Rezensionsexemplar erhalten habe und wieder in die Welt von Familie
Bruckner reisen durfte. Auch an dieser Stelle nochmal ein ganz
herzliches Dankeschön!
Die Handlung von Band zwei setzt einige
Jahre nach der von Band eins ein. Es gibt keinen fließenden
Übergang, sondern einen Zeitsprung und diesmal stehen auch nicht
Antonia und Melchior im Mittelpunkt, sondern deren gemeinsame Tochter
Clara. Die Situation ist also eine Neue und es ist nicht so schlimm,
wenn einem nicht mehr jedes Ereignis aus Band eins im Gedächtnis
geblieben ist. Ich konnte mich noch an die grobe Handlung erinnern,
aber nicht mehr an jedes Detail und hatte absolut keine Probleme, in
die Geschichte zu starten und mich darauf zu konzentrieren.
Vor dem Textbeginn werden auf zwei
Seiten noch die wichtigsten Protagonisten benannt und man kann direkt
erkennen, dass einige alte Bekannte wieder auftauchen und sich neue
Namen einprägen.
Es gibt einen direkten Start in den
Roman, die Autorin hält sich nicht mit Einführungen auf, sondern
Details werden erst nach und nach preisgegeben. Man kann sich einen
guten Eindruck von den Protagonisten, den gesellschaftlichen
Fortschritten und den politischen Geschehnissen machen und während
diesen Seiten sind mir bereits allerhand Informationen aus Band eins
wieder eingefallen.
Durchweg herrscht eine einfache und
umgangssprachliche Schreibweise vor, die immer wieder gespickt wurde
mit dem bayrischen Dialekt, der ernste Abschnitte aufgelockert hat
und dem Roman Authentizität verliehen hat. Übrigens gibt es am Ende
des Romans noch eine Art Wörterbuch, in dem bayrische Begriffe und
Wendungen ins Hochdeutsche übersetzt werden. Fand ich gut und
passend, gerade wenn man sich in dieser Mundart nicht auskennt!
Zudem erhält der Sprachstil durch
versteckte Botschaften, die immer wieder auftauchen, ebenfalls einen
angenehmen Anspruch. So muss man beim Lesen mitdenken und wird auch
selbst gefordert. Außerdem fördert es ein aufmerksames Lesen und
ich habe viele Schwankungen und Details wahrgenommen, die ich sonst
vielleicht überlesen hätte.
Und zuletzt wird man auch durch die
Einbindung von politischen Geschehnissen gefordert. Diese treten in
einer hohen Anzahl auf und um sich Zusammenhänge zu merken ist es
ebenfalls wichtig, dass man genau liest und manches in Gedanken
nochmal Revue passieren lässt.
Anhand all dieser genannten Komponenten
entsteht eine anspruchsvolle, trotzdem leicht lesbare Sprache, die
mir hervorragend gefallen hat. Ich bin der Geschichte mit viel
Interesse gefolgt und bin mit dem Lesen schneller vorangekommen, als
anfangs gedacht.
Die Autorin hat verschiedene
Sichtweisen genutzt, um dem Leser die Ereignisse näher zu bringen.
Dabei wird die Geschichte stets von einem auktorialen Erzähler
wiedergegeben. Auf diese Weise entstehen viele Einblicke und man kann
sich ein wenig besser in die Gedanken- und Gefühlswelt der
Charaktere einfinden. Teilweise konnte ich dadurch manche Personen
und Aktionen besser verstehen, teilweise hat diese Art der
Erzählsituation dazu beigetragen, dass sich mein negativer Eindruck
von Situationen oder Protagonisten verstärkt.
Ich war überrascht davon, dass sich
diese Fortsetzung nicht direkt um Antonia dreht, sondern sich
vielmehr mit ihrer Tochter Clara beschäftigt. Es sind ein paar Jahre
zwischen den Büchern vergangen, über die es nur sehr spartanische
Informationen gibt und im Grunde kann man den zweiten Band auch
lesen, wenn man keine Vorkenntnisse besitzt. Zumindest hatte ich
keine Probleme damit, mich im Roman zurechtzufinden, immerhin hatte
ich Teil eins vor ziemlich genau einem Jahr gelesen und mir sind in
der Zwischenzeit allerhand wichtige Informationen entfallen.
Obwohl ich die Geschichte rund um Clara
als interessant empfunden habe und sie zu weiten Teilen als recht
sympathisch und zugänglich empfunden habe, haben mir Clara und
Melchior doch ein wenig gefehlt. Sie tauchten zwar immer mal auf,
waren jedoch nicht so stark wie ihre Tochter gezeichnet und man
konnte deutlich merken, dass das Hauptaugenmerk nicht mehr auf ihnen
lag. Was ich sehr schade finde, denn das Ehepaar Bruckner ist für
mich ein großer Sympathieträger!
In ihren Roman hat die Autorin
allerhand historische Informationen eingebunden. Angefangen von der
Mode, über die Politik bis hin zur Entwicklung der Frau. Es wurden
viele Themen angesprochen, sodass ein breites Bild von dem Leben und
den Handlungen von Politikern entsteht. Ich finde es richtig gut,
wie vielfältig sich der Roman in dieser Hinsicht erweist, man konnte
einen zarten Eindruck von dem Leben in den 1920er Jahren erhalten.
Doch leider war es mir ein bisschen zu viel Politik, die eingebunden
wurde. Es ist ein wichtiges Thema und ich mag es, dass verschiedenste
Sachverhalte eine Erwähnung finden, doch oft sind Clara und ihr
Brucknerbräu in den Hintergrund geraten. An diesen Stellen hätte es
mir gefallen, wenn der Text kürzer und prägnanter gewesen wäre.
Zudem wurden gerade am Anfang manche
Themen wie die immer mehr aufkeimende Freikörperkultur oder
sportliche Betätigungen der Damen erwähnt. Und es gab in der ersten
Hälfte des Buches auch ab und an eine Erwähnung dessen, ohne das zu
sehr in die Tiefe gegangen wird. Doch leider werden diese Themen
irgendwann vollkommen fallengelassen und es wird nichts weiter zu der
Entwicklung dessen gesagt.
Als Handlungsort dient ausschließlich
München und das Umland. Von den Beschreibungen der Stadt konnte ich
mir lediglich das Wohnhaus der Familie Bruckner, sowie die
dazugehörige Brauerei und die Wohnung von René vorstellen.
Ansonsten wollten vor meinen Augen partout keine Bilder entstehen und
ich bin bei dem restlichen Setting ein wenig im Dunklen getappt.
Auch diesmal war mein Highlight wieder
das Haus von den Bruckners. Es hat eine ganz tolle Aura und ich
konnte es mir genaustens vorstellen. Das Gebäude strahlt eine
unglaubliche Würde aus und ich stelle es mir einfach traumhaft vor.
Schade, dass nicht noch mehr Szenen in diesem glanzvollen Rahmen
stattgefunden haben.
Die Protagonisten lassen mich etwas
zwiegespalten zurück. Mir hat es gefallen, dass manche, allen voran
Clara, sehr lebendig daherkommen und man sie richtig gut kennenlernt.
Außerdem wurden auch wenige, historisch verbürgte Personen
eingebunden, was der Geschichte, vermischt mit den politischen
Geschehnissen, einen angenehmen Wahrheitsgehalt gegeben hat, zudem
wurde Authentizität vermittelt.
Doch leider fand ich manche
Protagonisten etwas schwierig und anstrengend. Als Beispiel dient
René. Ich bin aus ihm nicht schlau geworden und fand einige
Handlungen von ihm merkwürdig und habe sie kritisch betrachtet. Er
wurde als komplexer Charakter angelegt, aber es wurde nicht tief
genug in seine Psyche eingedrungen und ich glaube, dass hat mir u.a.
gefehlt.
Bei Clara konnte man teilweise sowohl
den Charakter ihrer Mutter, als auch ihres Vaters erkennen. Sie
vereint Eigenschaften von beiden Seiten und hat im Grunde ein
sympathisches und freundliches Wesen. Sie ist willensstark, denkt
fortgeschritten und ist für die Zeit ein moderner Protagonist. Ganz
oft fand ich ihre Art zu agieren sehr interessant und habe sie
gedanklich bei ihren Vorhaben vollkommen unterstützt. Doch ab und an
musste ich über Aussagen oder Handlungen ein wenig den Kopf
schütteln. Doch gerade dadurch, dass sie mir nicht immer
hundertprozentig gefallen hat, bekommt ihr Charakter Ecken und Kanten
und im Ganzen entsteht eine interessante Darstellung, die mich auf
ihre Weise überzeugt hat.
Fazit:
Ich kann mich noch genau erinnern, wie
ich von dem ersten Band geschwärmt habe und dieser hat definitiv zu
meinen Jahreshighlights gehört. Und dementsprechend hatte ich an die
Fortsetzung hohe Erwartungen, die leider nicht vollkommen erfüllt
wurden. Und obwohl das Buch viele gute Facetten hat, konnte es mich
diesmal nicht hundertprozentig begeistern.
Dafür war mir das Verhältnis zwischen
politischen Ereignissen und der eigentlichen Geschichte nicht
ausgewogen genug und ich hatte mit einigen, wenigen Protagonisten ein
paar Problemchen. Leider haben mich diese zwei Punkte immer mal
wieder gefuchst und ich konnte nicht so einfach darüber hinwegsehen.
Ansonsten hat Julia Freidank einen
interessanten Roman geschaffen, der viele Informationen und eine
lesenswerte Geschichte beherbergt. Und ich weiß nicht weshalb, aber
irgendwie schreit für mich das Ende nach einer Fortsetzung... Mal
schauen, ob mein Gefühl hinhaut:)
Bewertung: 4 von 5 Sternen
MarySophie
Vielen Dank an den Rowohlt Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.
Habe ich euer Interesse geweckt? Hier findet ihr den Roman!
Meine Meinung zu Band 1: Das Brauhaus an der Isar - Spiel des Schicksals
Habe ich euer Interesse geweckt? Hier findet ihr den Roman!
Meine Meinung zu Band 1: Das Brauhaus an der Isar - Spiel des Schicksals
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