Titel: Die Charité - Aufbruch und Entscheidung
Autorin: Ulrike Schweikert
Verlag: Rowohlt Polaris
Seitenzahl: 448 Seiten
Preis: 14,99
Erscheinungsdatum: 17.09.19
ISBN:
978-3-499-27453-4
Handlung:
Berlin 1903
Für Rahel Hirsch beginnt eine
aufregende, aber auch schwierige Zeit: Sie wird als erste Ärztin an
der Charité angestellt. Für die junge Frau ist das eine große Ehre
und sie freut sich auf eine spannende Zeit. Doch schon bevor Rahel
die Stelle antritt ist ihr klar, dass nicht alle Kollegen, die
durchweg männlich sind, sie gleichberechtigt und mit Respekt
behandeln werden. Rahel beißt die Zähne zusammen und hofft, sich
durch Fleiß und Wissen Anerkennung zu erarbeiten.
Ebenfalls auf dem Gelände der Charité
arbeitet Barbara. Sie ist in der Wäscherei angestellt, wo harte
Arbeit der Alltag ist. Dabei wird ihr immer wieder bewusst, wie wenig
Rechte die Frauen haben und sie schließt sich der Frauenbewegung an.
Rahel und Barbara sind zwei
unterschiedliche Frauen, doch schon nach kurzer Zeit entsteht eine
Freundschaft zwischen ihnen. Sie unterstützen sich und helfen
einander.
Wird sich Rahel jemals eine angesehen
Stellung an der Charité erarbeiten können? Und erfüllt sich
Barbaras großer Wunsch nach mehr Rechten für Arbeiterinnen und das
Frauenwahlrecht? Schließlich schwebt auch eine große dunkle Wolke
über Europa, die stark auf einen Krieg hindeutet...
Meinung:
Meinung:
Das
Cover ist schlicht und in wenigen Farben gehalten. Zu sehen ist eine
Dame in Arbeitskleidung, entweder eine Krankenschwester oder eine
Ärztin. Beherrscht wird das Bild von der weißen Schürze, sowie den
weißen Armstulpen. Als farbliche Akzente gelten hier natürlich die
Schriftfarben, sowie die blauen Ärmel und die Hand, welche Schlüssel
hält. Insgesamt finde ich, dass das gesamte Bild recht streng wirkt,
gleichzeitig wird aber auch Achtung ausgestrahlt.
Ich habe gerade mal nachgeschaut, wann
ich den ersten Teil der Charité-Reihe gelesen habe. Dies war im Juli
2018, mir kommt es schon viel länger vor. Auf jeden Fall habe ich
mich riesig über diesen Teil gefreut, Ulrike Schweikert ist für
mich ein Name, der interessante Geschichten und gut recherchierte
Bücher bedeutet. Ich glaube, lediglich ein Buch, was ich von ihr
gelesen habe, hat mir absolut nicht gefallen, die anderen konnten auf
voller Linie überzeugen. Dementsprechend war ich wirklich gespannt,
als ich mit dem Lesen begonnen habe.
Als ich vor dem Lesen durch das Buch
geblättert habe, fiel mir auf, dass es keine Liste der handelnden
Personen gibt. Ich hatte mir schon gedacht, dass mir dies Probleme
bereiten könnte und es war leider auch so. Die Hauptprotagonisten
waren für mich immer leicht zu erkennen und sie konnte man einfach
nicht vergessen. Mir hat eine solche Auflistung vor allem bei den
Ärzten gefehlt. Von ihnen tauchten allerhand Namen mit den dazu
gehöigen Forschungs- und Arbeitsgebieten auf, die nicht so leicht zu
merken waren.
Auch hier gibt es wieder eine
wunderbare Innengestaltung der Umschlagseiten. Einmal findet man ein
schwarz-weiß Bild von Gebäuden, die wahrscheinlich die Charité
darstellen soll. Zum anderen gibt es einen Ausschnitt einer Karte von
Berlin, in der die wichtigsten Orte hervorgehoben werden und so gibt
es auch eine räumliche Einteilung für den Leser. Es ist möglich,
einige Wege nachzuverfolgen und sich Distanzen teilweise vorstellen
zu können.
Für wissbegierige Leser, die sich
gerne über einige Details weiterinformieren wollen, gibt es am Ende
eine Liste der genutzten Lektüre. Durch dieses kleine Extra zeigt
sich, wie viel Recherche in dem Buch steckt.
Der Roman startet mit einem Prolog,
welcher einige Jahre vor der eigentlichen Handlung stattfindet und
welcher einige Ereignisse wiedergibt. Ich war überrascht und
begeistert, was es für eine gelungene Überleitung zu dem Roman
gibt, diese ist fließend und läutet eine neue Zeit ein.
Jedes neue Kapitel erhielt nicht nur
eine Überschrift, die einen kleinen Hinweis auf die Handlung gibt
oder das Kapitel präzise zusammenfasst, sondern auch die
dazugehörige Jahreszahl. Somit gibt es eine zeitliche Orientierung
für den Leser, die gerade bei Zeitsprüngen ganz hilfreich ist.
Insgesamt vergehen (hier habe ich den
Prolog und den Epilog ausgelassen) 16 Jahre vom ersten bis zum
letzten Kapitel. Es ist klar, dass nicht jedes Jahr ausführlich und
bis ins kleinste Detail erzählt werden kann, das würde eindeutig
den Rahmen sprengen. Somit fand ich das stilistische Mittel der
Auslassung wirklich angebracht. Mir haben auch nie Erklärungen
gefehlt, was in der ausgelassenen Zeit passiert ist, zu den
wichtigsten Ereignissen gab es immer eine kurze Beschreibung.
Mir hat durchweg die Schreibweise
wirklich gut gefallen. Sie war einfach, gemischt mit einigen
Fachbegriffen, die auch Laien bekannt sind. Dazu gibt es an
ausgewählten Stellen einen berlinerischen Dialekt, der natürlich
gut zu dem Handlungsort, aber auch zu einigen Protagonisten gepasst
hat. Bevorzugt die einfacheren Bürger der Stadt haben mit Dialekt
gesprochen und erhielten so viel Lebendigkeit und Authentizität.
In den Handlungsverlauf wurden viele
historische Ereignisse eingebunden, die in präzisen und passenden
Worten beschrieben sind. Zu einigen Vorfällen hatte ich bereits
Vorkenntnisse, anderes war mir tatsächlich neu. Doch man wurde von
der Politik nicht überschwemmt, es gibt immer mal wieder ruhigere
Kapitel, in denen das normale Leben der Bürger beschrieben wurde.
In vielen Kapiteln wurden medizinische
Aspekte geklärt, was ich schon erwartet hatte. Leider war ich
manchmal mit der Menge an Informationen überfordert und konnte
einige Sachverhalte und Erklärungen nicht wirklich nachvollziehen.
Zum einen fehlten mir natürlich die Kenntnisse und ich bin leider in
der Biologie eine Niete. Die Abschnitte, in denen es solche
Informationen gab, lasen sich für mich zäh und ich bin nie ganz
dahinter gestiegen, was genau erklärt wurde. So wurde leider mein
Lesefluss getrübt und ich war froh, dass diese medizinische
Erläuterungen irgendwann weniger wurden.
Eine ganz wichtige Rolle nimmt die
Frauenbewegung ein, in der sie um mehr Rechte und Freiheiten kämpfen.
Dies war unglaublich spannend zu lesen und ich fand es wirklich toll,
dass das Thema in den Roman aufgenommen wurde. Es hat gut in die
ganze Handlung hereingepasst und gleichzeitig hat die Thematik den
Roman nicht überschwemmt. Die Charité stand immer im Vordergrund,
dahinter haben sich die restlichen Themen eingegliedert. Manchmal
hatte ich sogar das Gefühl, dass die Frauenbewegung etwas zu kurz
kommt, weil es keine ständigen Erwähnungen davon gibt oder man
einige Seiten nichts zu dem Thema liest.
Als Setting dient, bis auf zwei-drei
kleine Ausnahmen, durchweg Berlin. Hierbei steht natürlich die
Charité im Vordergrund, sie ist der Ort, wo die meiste Handlung
stattfindet. Obwohl ich schon einiges über das berühmte Krankenhaus
gelesen und gesehen habe, fand ich es etwas schwierig, mir die
Gebäudeanordnung vorzustellen. Einige Räume, seien es Büros,
Krankenzimmer oder die privaten Zimmer der Ärzte konnte ich mir
dagegen wirklich gut vorstellen, auch wenn sie nicht bis ins kleinste
Detail beschrieben wurden.
Sehr lebendig und authentisch wurden
die Gängeviertel dargestellt, die sofort ein Bild entstehen lassen
haben und von deren Darstellung ich beeindruckt bin. Mit wenigen
Worten wurde ein so klares Bild erschaffen und so makaber es klingt,
fand ich viele Kapitel, die dort gespielt haben, am besten. Die ganze
Stimmung der Bewohner, aber auch der ärmlichen Behausungen wurde so
fassbar beschrieben, dass ich mich selbst beim Lesen nicht gut
gefühlt habe.
Wie immer wird sich mein letzter Punkt
um die Protagonisten drehen. Im Grunde gibt es eine recht
überschaubare Anzahl an Hauptcharakteren, diese beschränken sich
eigentlich auf recht wenige, die mir auch stets im Gedächtnis
geblieben sind. Dazu kamen noch einige Nebenprotagonisten, mit denen
ich ein paar mehr Probleme hatte. Dazu zählen eigentlich fast nur
die Ärzte, die irgendwann in der Handlung aufgetreten sind oder von
denen es ab und an eine Erwähnung gab. All die Namen, mit den
Fachbezeichnungen konnte ich mir partout nicht merken, das waren für
mich wirklich zu viele.
Die Nebencharaktere, seien es die
Verwandten oder Freunde von Rahel und Barbara waren ziemlich herzlich
und lebendig gezeichnet. Mit ihnen hatte ich keine Probleme und ich
fand es interessant, wie unterschiedlich die ganzen Charaktere waren
und welchen Interessen sie nachgingen. So wurde ein breites Bild an
verschiedenen Persönlichkeiten geboten.
Stets im Vordergrund stehen Barbara und
Rahel. Beides sind emanzipierte junge Frauen, die für ihre
Anerkennung kämpfen, wenn auch etwas unterschiedlicherer Art. Rahel
möchte von den durchweg männlichen Kollegen anerkannt werden,
Barabara möchte mehr Freiheiten und Rechte für alle Frauen.
Beide waren mir nach kurzer Zeit
sympathisch und fand es toll, wie unterschiedlich die Charaktere
dargestellt wurden. Während Rahel zum Beispiel zurückhaltend
dargestellt wurde, ist Barbara das genaue Gegenteil. So ergänzen
sich die beiden Frauen vollkommen und ich fand es schön, dass sie
sich angefreundet haben und in der anderen eine aufrichtige Freundin
gefunden haben. Leider fand ich die Freundschaft manchmal nicht
wirklich herzlich dargestellt, dann schienen sie eher steif und
distanziert miteinander umzugehen.
Fazit:
Zwar konnte ich von dem Buch nicht so
viel am Stück lesen, weil ich immer wieder Zeit brauchte, um alles
zu verarbeiten und darüber nachzudenken, doch am Ende habe ich das
Gefühl, ein ganzes Stück schlauer geworden zu sein. Mir hat die
Geschichte richtig gut gefallen, ich fand es unglaublich, wie viele
historische Aspekte eingebunden wurden und das diese schnell
einprägsam waren.
Zwei kleine Kritikpunkte muss ich
leider anbringen. Zum einen hat mir ein Personenverzeichnis gefehlt,
was aber das kleinere Übel ist. Ich hatte ab und zu arge Probleme
beim Lesen, wenn medizinische Sachverhalte und Forschungsergebnisse
dargestellt wurden. Vielleicht habe ich auch nur Wissenslücken und
eigemtlich sind diese Dinge leicht nachvollziehbar, mir haben sie
etwas meine Lesefreude getrübt.
Bewertung: 4,5 von 5 Sternen
MarySophie
Vielen Dank an den Rowohlt Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.
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