Titel: Der Turm des Lichts
Autorin: Astrid Fritz
Verlag: rororo
Seitenzahl: 816 Seiten
Preis: 14,00 €
Erscheinungsdatum: 19.05.2020
ISBN:
978-3-499-00119-2
Handlung:
Im Jahr 1270 reist der Baumeister Gerhard nach Freiburg, um dort eine prächtige neue Kirche zu bauen. Mit knapp 30 Jahren ist er erstmals komplett für den Bau und die Planung zuständig und will seine Aufgabe würdevoll und mit wenigen Problemen erfüllen. Doch kann ihm das wirklich so gelingen?
Nach
einigen Jahren ohne Tätigkeit an der Kirche übernimmt Meister
Heinrich 1299 den Weiterbau. Und er will sich einer ganz besonderen
Aufgabe widmen: den schönsten Turm auf Erden zu bauen, nach Vorlage
des großen Erwin von Steinbach. Nicht alle Bürger der Stadt sind
von diesem Wunsch begeistert und äußern Klagen. Werden am Ende
genügend finanzielle Mittel, als auch Unterstützer dieses Vorhabens
da sein?
Ungefähr
im Jahr 1318 schließt sich auch der junge Bildhauer Josef der Gruppe
rund um den Freiburger Münster an. Viele neiden ihm sein Können,
die Skulpturen lebensnah und authentisch zu gestalten. Darunter auch
Personen im eigenen Lager...
Meinung:
Schon
der erste Blick auf das Cover macht deutlich, dass es sich bei diesem
neuen, 800 Seiten starken Buch von Astrid Fritz um einen historischen
Roman handelt. Die Farben sind nicht zu auffällig und changieren in
verschiedenen beige Nuancen. Es gibt einige kleine Hingucker,
besonders natürlich die Schrift, welche mit einem goldenen
Farbverlauf ausgestattet wurde. Als zweites Highlight dient für mich
die Kirche, bei der ich mir denke, dass es sich hierbei um den
Freiburger Münster handelt. So kann man sich von dem imposanten
Bauwerk ein erstes Bild machen und auch während des Lesens habe ich
immer wieder darauf geschaut und mir so einiges besser vorstellen
können.
Zu
beiden Seiten des Buches sind noch einige Blumenranken zu sehen, die
wunderbar altmodisch daherkommen und genau in die Handlungszeit des
Buches, das 13. und 14. Jahrhundert, passen. Als einziges modernes
Element dient eine Art Wasserspeier, welcher sich so tatsächlich an
dem Gebäude finden lassen könnte.
Insgesamt
finde ich das Cover für einen historischen Roman sehr gelungen, es
verbindet nostalgische Elemente mit moderneren. Zudem bietet es
verschiedene kleine Eyecatcher und zieht dadurch die Aufmerksamkeit
auf sich.
Ich
habe von der Autorin bereits einige Bücher gelesen, die mir allesamt
gut gefallen haben. Es werden stets spannende und realitätsnahe
Geschichten erzählt, die einen ganz besonderen Reiz ausüben. Und
daher war es für mich ein Muss, auch diesen neuen Roman zu lesen.
Ich war richtig gespannt auf das knapp 800 Seiten starke Buch und
habe dieses im Zusammenhang einer Leserunde bei Lovelybooks lesen
dürfen. Auch hier möchte ich mich dafür noch mal kurz bedanken,
nicht nur für das Exemplar, sondern auch die sehr angenehme und mit
interessanten Diskussionen gespickte Leserunde!
Als
ich das Buch erstmals selbst in der Hand gehalten habe, war ich etwas
baff. Mir war bewusst, dass es sich hier um einen kleinen Brocken
handeln wird, so ein Buch selbst in der Hand zu halten ist dann immer
noch mal eine andere Nummer.
Und
auch als ich das Personenverzeichnis entdeckt habe, blieb mir etwas
die Spucke weg. Dieses erstreckt sich auf gut zehn Seiten, wird dabei
in die drei Bücher unterteilt. Mein Tipp hierfür: lest euch im
Vorhinein immer nur die Personen durch, die in dem jeweiligen Buch
vorkommen. Ansonsten ist man schnell etwas überfordert und es
besteht die Gefahr, Protagonisten durcheinanderzubringen. Mir hat das
wirklich sehr geholfen und ich hatte nur wenige Probleme damit,
Personen wiederzuerkennen oder sie mir zu merken.
Wie
ich gerade erwähnt habe, es erfolgt eine Unterteilung in drei
Bücher. Ein jedes hat ein Titelblatt, wo nicht nur ein Titel des
folgenden vermerkt ist, sondern auch der Handlungszeitraum. Das fand
ich sehr passend, so kann man sich bereits einen ersten Eindruck
erschaffen, wie viele Jahre in den nächsten Kapiteln vergehen.
Außerdem vergeht auch zwischen den Büchern ein wenig Zeit und diese
kann man sich so besser vor Augen halten.
Es
herrscht von der ersten bis zur letzten Seite ein äußerst
angenehmer Schreibstil, der zum weiterlesen verleitet. Es wurde eine
Ausdrucksweise gewählt, die der damaligen Zeit etwas angepasst wurde
und den Leser so gedanklich in die Handlungszeit reisen lässt. Ich
mochte diese Art der Erzählung gerne, gleichzeitig habe ich dadurch
mehr Zeit beim Lesen gebraucht und mich am Ende gut eine Woche mit
dem Roman beschäftigt.
Es
gibt viele Erzählstränge, die manchmal nebeneinanderher laufen, oft
ineinander greifen und sich verbinden. Auch dadurch ist ein
aufmerksames Lesen angebracht, um keine Information zu verpassen und
um einen allgemeinen Überblick zu behalten. Anhand dieser
breitgefächerten Erzählsituation trifft man auf Menschen
unterschiedlicher Stände, mit verschiedenen Meinungen und Gedanken
zum Kirchenbau.
Manchmal
war mir die Lösung von Konflikten etwas zu einfach und leicht. Es
wurden mal eben Entscheidungen getroffen, die nicht immer gut
überlegt wurden. Protagonisten haben sich plötzlich geändert, ohne
das es dazu erklärende Worte gibt, obwohl sich ein Teil der Handlung
immer wieder um diese zwischenmenschlichen Probleme gedreht hat. Das
war mir zu schnell und einfach gelöst, zumal es nur selten
Kompromisse gab, sondern recht plötzlich wieder heile Welt
geherrscht hat.
Ich
bin der Handlung mit viel Interesse gefolgt, spannungsreiche Momente
waren eher rar gesät. Es gibt einige Ansätze, wo man merkt, dass
jetzt ein neuer Wind weht und die Karten neu gemischt werden. Doch im
Grunde hat die Geschichte einen ruhigen Ton, es wird sich auf das
Wesentliche konzentriert und auch damit kann der Roman viele
Pluspunkte sammeln. Ich finde, dass die Handlung mit ganz anderen
Aspekten bestechen kann und ich habe nie eine spannungsreiche Szene
vermisst.
Gerade
mit den historischen Ereignissen, die zahlreich auftauchen, hat die
Autorin einen Schwerpunkt geschaffen, der mich vollkommen überzeugt
hat. Nicht nur über den Kirchenbau, sondern auch über die Politik
der Ratsherrn und über die Grafenfamilie gibt es zahlreiche
Informationen, die einen großen Umfang besitzen. So kann man als
Leser hautnah miterleben, welche Probleme es beim Bau des Münsters
gibt, welche Steine in den Weg gelegt werden, aber auch mit was sich
die Einwohner der Stadt tagtäglich herumschlagen mussten. Es
entsteht ein breites Bild über verschiedenste Angelegenheiten, von
denen ich vorher in dieser Art und Weise noch nie gehört habe. Ich
war von vielen Vorgängen innerhalb der Stadt, als auch auf der
Baustelle überrascht und konnte meinen Horizont erweitern.
Man
kann deutlich herauslesen, wie viel Recherchearbeit hinter dem Werk
steckt. Nicht nur anhand der unglaublich vielen Informationen,
sondern ich finde es auch bemerkenswert, wie die Autorin Astrid Fritz
es geschafft hat, diese in einen sinnvollen und glaubwürdigen
Zusammenhang zu bringen.
Leider
tritt der Kirchenbau im letzten Buch etwas in den Hintergrund. Hier
stehen eher die Beziehungen der Bürger Freiburgs im Mittelpunkt. Ich
hatte die Erwartungshaltung, dass der Bau sich stets im Fokus
befindet und man gefühlt miterlebt, wie jeder Stein an Ort und
Stelle gebracht wird. Zwar stehen die Geschichten der Protagonisten
ebenfalls in einem Zusammenhang mit dem Bau des Freiburger Münsters,
doch manchmal nahmen mir ihre Kapitel überhand. Mir hätte es
gefallen, wenn der Schwerpunkt noch mehr auf dem Kirchenbau gelegen
hätte.
Als
Haupthandlungsort dient fast ausschließlich Freiburg, nur wenige
Kapitel spielen in Straßburg. Ich konnte mir beide Orte richtig gut
vorstellen und hatte teils das Gefühl, als würde ich mit den
Protagonisten zusammen durch die Straßen schlendern. Egal ob
Wohnhäuser, Burgen oder kirchliche Gebäude: ein jedes Bauwerk hat
ein lebendiges und detailgetreues Bild vor meinen Augen entstehen
lassen.
Ich
finde sogar fast, dass Straßburg mir einen Tacken angenehmer und
noch stimmungsvoller war und meine Fantasie die Stadt einen Hauch
farbenfroher als Freiburg gestaltet hat. Mit dem Setting bin ich mehr
als zufrieden und bin begeistert, wie viel Atmosphäre die Städte
verbreiten konnten.
An
sich hat mir die Darstellung der Protagonisten gut gefallen. Es gibt
viele verschiedene Charaktere, ein jeder hat seinen eigenen Willen
und kämpft für seine Ziele. Dabei ist es auch gut möglich, dass
man in sympathische und unsympathische Lager einteilen kann, wobei
die Autorin hier ganz leicht die Sympathien lenkt. Zumindest bei
einigen Personen, andere zeichnen sich durch ihre Aussagen und Taten
von allein aus.
Und
obwohl ich mir die Protagonisten vorstellen konnte und sie einige
lebendige Ansätze hatten, konnte ich durchweg keine Bindung zu
jemandem aufbauen. Dafür wurde bei ihren Charakteren nicht genug in
die Tiefe gegangen und sie blieben etwas zu blass.
Bei
vielen Romanen hätte mich dies gestört, hier eher nicht. Man muss
beachten, dass auf den knapp 800 Textseiten sehr viele Protagonisten
auftauchen, die den Leser nicht alle bis ans Ende des Romans
begleiten. Es gibt ein stetes Kommen und Gehen, es wäre schwierig
sein Herz an eine Person zu hängen, die entweder die Stadt verlässt
oder stirbt. Immerhin vergehen im Verlauf der Handlung gut 60 Jahre
und die Lebenserwartung war im Mittelalter nicht so hoch wie heute.
Daher hat es mich nur wenig gestört, dass es fast unmöglich war,
eine Bindung zu den Charakteren aufzubauen.
Fazit:
Ich
weiß gar nicht, wann ich mich das letzte Mal einem solch
seitenstarken Buch gewidmet habe. Ich bin aber sehr froh drum, dass
ich es gelesen habe und meinen Horizont zu verschiedenen
Angelegenheiten erweitern konnte. Viele historische Details sind
aufgetaucht, die ich davor noch nie gehört habe und wo ich
dazulernen konnte.
Ein
Traum war auch das Setting. Ich habe mich dort fast heimisch gefühlt,
obwohl ich beide Städte noch nie besucht habe. Was ich jetzt am
liebsten machen würde, so sehr hat mich die Darstellung von Freiburg
und Straßburg angesprochen!
Im
Grunde habe ich zwei Kritikpunkte, für die ich einen Stern abziehe.
Zum einen, was ich auch schwerwiegender finde, stand mir mit
fortschreitender Handlung der Kirchenbau zu wenig im Mittelpunkt und
gerade hierzu hatte ich mehr Erwartungen. Dafür rückten mir die
Beziehungen der Bevölkerung zu sehr in den Vordergrund.
Zum
anderen waren mir einige Konflikte etwas zu schnell gelöst. Sie
spielen im Roman immer wieder eine Rolle und man macht sich als Leser
einige Gedanken dazu und dann ist plötzlich und mit wenigen Worten
alles wieder in Ordnung. Ein paar mehr Worte zu einigen Sachverhalten
wären echt gut gewesen!
Ich
habe das Buch mit einem positiven Gefühl weggelegt, ich habe mich
gut unterhalten gefühlt, habe viele neue Dinge gelernt und
kennengelernt und habe einen Heidenrespekt vor den Bauleuten, die so
wundervolle Gebäude auf der ganzen Welt errichtet haben! Und auch
vor Astrid Fritz, wie geschickt sie die ganzen Ereignisse in einen
nachvollziehbaren und verständlichen Zusammenhang gebracht hat!
Bewertung: 4 von 5 Sternen
MarySophie
Vielen Dank an den Rowohlt Verlag, die Autorin Astrid Fritz, sowie Lovelybooks für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.
Habe ich euer Interesse geweckt? Hier könnt ihr den Roman kaufen!
Diese Romane der Autorin habe ich ebenfalls gelesen:
Henkersmarie
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