Titel: So weit die Störche ziehen
Autorin: Theresia Graw
Verlag: Ullstein Taschenbuch Verlag
Seitenzahl: 640 Seiten
Preis: 12,99 €
Erscheinungsdatum: 03.08.2020
ISBN:
978-3-548-06252-5
Handlung:
Ostpreußen 1939
Als der Zweite Weltkrieg ausbricht, hat
er erst mal keine Auswirkungen auf das Leben von Dora Twardy, Tochter
eines Gutsherrn. Ihr mangelt es an nichts, weder an gutem und
ausreichendem Essen, noch an Kleidung oder Verehrern und der Krieg
ist in weiter Ferne. Erst als nicht nur ihr älterer Bruder, sondern
auch ihr Vater eingezogen werden, muss Dora endgültig aus ihrem
Traum erwachen. Sie übernimmt die Verantwortung und Leitung des
Gutes und kämpft nicht nur für den Erhalt des Familienbesitzes,
sondern auch für die Menschen und Tiere, die ihr anvertraut sind.
Während dieser Zeit treten immer wieder zwei Männer in Doras Leben,
die sie verwirren und die beide auf ihre Art ihr Herz erobert haben:
Wilhelm von Lengendorff, ein Freund ihres Bruders, sowie der
Kriegsfotograf Curt von Thorau. Doch Dora erkennt erst, wen sie
wirklich liebt, als es schon fast zu spät ist...
Meinung:
Das Cover mag ich gerne, es hebt sich durch den wunderbar eingefärbten Himmel stark hervor und wird dadurch zum Hingucker. Der Himmel erstrahlt in verschiedenen Farben und Nuancen und wirkt auf jeden Fall mysteriös, teilweise sogar magisch. Dazu gibt es eine Weite, die vermittelt wird, zum Träumen einlädt und mir richtig gut gefällt.
Außerdem ist eine Dame zu sehen, die
auf einem Feld steht, nachdenklich in die Ferne schaut. Sie hat eine
gerade und stolze Haltung und ist der Mode um 1940 gekleidet und hat
für mich das würdevolle und selbstbewusste Auftreten einer
Gutsherrentochter.
Insgesamt gefällt mir das Bild richtig
gut, vielleicht wäre ein kleiner Bezug zum Titel noch passend
gewesen, indem am Himmel so zwei-drei Störche / Vögel sichtbar
gewesen wären.
Ich hatte den Roman bereits in der
Verlagsvorschau gesehen und er ist direkt auf meine Wunschliste
gewandert. Mich hat die Geschichte, die Inhaltsangabe und die
Handlungszeit direkt angesprochen und ich habe mir davon eine famose
Geschichte erhofft. Als ich den Roman bei Vorablesen entdeckt habe,
stand direkt mein Entschluss fest, mein Glück zu versuchen und somit
habe ich einen Leseeindruck verfasst, der tatsächlich zu einem
Buchgewinn geführt hat. Ich war unglaublich glücklich darüber,
denn mich hatte die Leseprobe einfach nicht losgelassen und ich
wollte das Buch danach unbedingt lesen. Ich möchte auch an dieser
Stelle noch einmal meinen ganz herzlichen Dank an Vorablesen und den
Ullstein Verlag für das Rezensionsexemplar aussprechen!
Ich empfand die Schreibweise als
angenehm und locker, sie ist nicht zu hochtrabend und lässt sich
sehr gut lesen. Ich bin ohne Probleme durch den Roman gekommen und
fand es interessant, wie auch bei dem Schreibstil ein kleines Stück
weit eine Entwicklung zu sehen ist, genau wie bei Dora. Während
diese anfangs noch jugendlich ist und vor allem Spaß haben möchte,
ist auch die Sprache einfach und leicht gehalten. Je mehr die
Schrecken vom Krieg zunehmen, desto mehr lässt sich dies auch
herauslesen und gleichzeitig wird auch Dora ernster und immer
pflichtbewusster. Es gibt also eine tolle sprachliche Entwicklung,
die viel Spaß gemacht hat.
Ich empfand es als ganz besonders, dass
es unglaublich viele und gute Beschreibungen von Gegenden,
Situationen und Personen gibt. Diese nehmen sicherlich gut über die
Hälfte des Romans ein, im Gegensatz dazu gibt es recht selten
wörtliche Rede. Und das hat mir richtig gut gefallen und es hat Spaß
gemacht, den Roman zu lesen und auf diese Weise ganz tief in die
Geschichte eintauchen zu können. Sowohl die Landschaft von
Ostpreußen und der Gutshof der Familie Twardy, als auch die
Kriegsgeschehnisse werden unglaublich lebendig und mit
aussagekräftigen Worten versehen. In dieser Hinsicht ist der Roman
ein wahres Highlight und kann absolut überzeugen!
Ich hatte ja gerade erwähnt, dass die
Geschichte immer ernster wird, je weiter der Krieg fortschreitet. Ich
mochte es sehr, wie man dies mitverfolgen kann und zu lesen, welche
Gedanken sich die Protagonisten, allen voran Dora darum machen. Und
eigentlich müsste die Spannung dadurch auf einem konstant hohen
Niveau bleiben, gerade weil man als Leser ungefähr weiß, wie sich
die politische Lage und das Kriegsgeschehen weiterentwickeln werden,
aber man nicht genau sagen kann, wie sich die Gescchichte um Familie
Twardy entwickeln wird. Doch meiner Meinung nach war dem nicht so.
Ich fand oft, dass die Geschichte etwas vor sich hin geplätschert
ist und nur selten spannende Szenen vorhanden waren. An sich habe ich
kein Problem damit, wenn das normale Leben der Personen dargestellt
wird, ohne großes Drama und ohne unnötig aufregende Momente. Hier
hat mir aber was gefehlt. Selbst als der Krieg in seiner Endphase
war, entstand bei mir kein Eindruck von Spannung. Was ich sehr schade
finde, so habe ich den Roman zwar gerne gelesen, doch manchmal war
mir die Handlung etwas zu einseitig und dröge...
Ganz wunderbar hingegen empfand ich die
Stimmung. Diese war greifbar und hat sich teilweise auch etwas auf
mich übertragen. Egal ob freudige oder traurige Momente, die
Emotionen wirkten realistisch und haben immer perfekt zur jeweiligen
Situation gepasst. Zudem mochte ich es, dass stimmungsvolle Momente
nie zu überzogen dargestellt wurden, sondern immer in einem
angenehmen Maße stattgefunden haben, sodass man den Protagonisten
ihre Laune stets abkaufen konnte!
Ebenfalls richtig gut gefallen hat mir
die gelungene Einbindung von historischen Ereignissen. Je weiter die
Handlung fortschreitet, desto häufiger tauchen immer wieder Aussagen
zur politischen Lage, über den Kriegsverlauf oder sonstiges auf. So
kann man ein wenig die Sorgen der Personen wahrnehmen und besonders
interessant empfand ich die Folgen des Krieges für Ostpreußen. Ich
habe dazu schon viel gehört und gelesen, aber es an einem so
lebendigen und authentischen Beispiel mitzuerleben ist doch noch
einmal etwas anderes.
Mich hat gerade der Aspekt von Flucht
und Vertreibung interessiert und ich war darauf richtig gespannt.
Leider hat dies nicht sehr viele Kapitel eingenommen und ich empfand
auch das Ende als ziemlich fix herbeigeführt. Mir hätte es wirklich
gut gefallen, wenn es mehr Abschnitte zu diesem Thema gegeben hätte.
Gerne hätte ich auch noch mehr Seiten gelesen, um mehr über diese
beiden Punkte zu erfahren. So wurde mir dieser Aspekt leider etwas zu
kurz gehalten.
Ganz besonders toll und gelungen
empfinde ich die Darstellung des Settings! Davon bin ich wirklich hin
und weg und absolut begeistert. Mit wie viel Liebe sich die Autorin
diesem Punkt gewidmet hat und es gibt ganz wunderbare Beschreibungen
von den Landschaften, sondern auch von den Gebäuden. Einfach
traumhaft!
So gut wie jedes Setting hat sehr
lebendige und ansprechende Bilder vor meinen Augen hinterlassen, als
ganz besonders farbenfroh erschien mir immer der Gutshof der Familie
Twardy. Ich mochte die Szenen dort unglaublich gerne und habe ihn mir
in jeder Jahreszeit ausmalen können. Und in jeder der vier Saisons
hätte ich richtig gerne Zeit auf dem Hof verbracht und alles mit
eigenen Augen gesehen. Und dazu noch die Gegend, die Landschaft. Ich
habe den Gutshof sehr gemocht und dort haben sich meine
Lieblingsszenen abgespielt.
Auf dem Klappentext wird ja bereits
eine mögliche Liebesbeziehung von Dora mit zwei Herren angedeutet.
Das war auch der einzige Aspekt in der Inhaltsangabe, der mein
Interesse nicht sofort geweckt hat. Und ich muss am Ende sagen, dass
ich dies nicht unbedingt gebraucht hätte. Vielleicht weil ich die
ständig wechselnden Gefühle von Dora nicht verstanden habe,
vielleicht weil mir einer der Herren nicht sehr sympathisch war. Ich
weiß nicht. Auf jeden Fall fand ich die Abschnitte etwas ermüdend,
in denen Dora immer wieder hin und her überlegt hat, für welchen
Mann sie Gefühle hegt und mit wem sie wirklich ihr Leben verbringen
möchte. Dieser Punkt hätte für meinen Geschmack gerne kürzer
ausfallen können!
Ich mochte es bei den Protagonisten
sehr, wie lebendig und einzigartig alle daherkommen. Jeder hat sich
wirklich von den ganzen anderen abgehoben und eigene Attribute und
Eigenschaften erhalten. Dadurch entsteht eine unglaublich große
Vielfalt an Charakteren, die ein breites Bild der Menschheit
darstellen.
Mir hat es auch gut gefallen, wie die
Autorin es dem Leser überlässt, ob man eine Person als sympathisch
oder unsympathisch einstuft. So kann man vollkommen selbst
entscheiden und für mich gab es tatsächlich Personen, die ich von
ihrem Auftreten und ihrem Wesen nicht mochte. Doch diese sind halt
nicht extra dafür ausgelegt, dass sie Misstrauen beim Leser
erwecken, sondern es kommt jeweils auf die eigene Person an und
darauf, welche Art und welche Charakterzüge man selbst bei jemandem
anderen schätzt.
Ich empfand es als sehr interessant zu
beobachten, wie sich Dora im Roman weiterentwickelt und zu was für
einem Menschen sie am Ende wird. Denn ich muss zugeben, dass ich Dora
anfangs nicht sonderlich mochte, sie als etwas naiv und blauäugig
empfand und viele Aussagen als kritisch betrachtet habe. Sie hat den
Krieg nicht als bedrohlich wahrgenommen, sondern war in ihrer eigenen
Blase gefangen und hat nur selten einen Gedanken daran verschwendet,
wie andere Menschen auf den Krieg reagieren, was für Grausamkeiten
und Ängsten sie tagtäglich ausgesetzt sind. Das hat mich lange Zeit
gestört, dass Dora nur ihre eigenen Problemchen als wichtig
angesehen hat und dabei ein wenig die Augen vor dem Krieg und den
grausigen Folgen verschlossen hat. Oft wollte ich sie schütteln und
habe gehofft, dass sie auch das Leid anderer Menschen anerkennt und
sie in dieser Hinsicht reifer wird.
Glücklicherweise hat Dora eine gute
Entwicklung hingelegt, sie ist erwachsener geworden, hat
Verantwortung übernommen und Entscheidungen fällen müssen, die
Auswirkungen auf das Leben vieler Personen haben. Dadurch ist sie
merklich selbstbewusster und stärker geworden und hat ihr kindliches
Denken fast vollkommen abgelegt. Es war wirklich interessant zu
beobachten, was der Krieg für Folgen für ein jugendliches Mädchen
hat und ich finde, dass Dora sich toll entwickelt hat und sie war mir
am Ende deutlich angenehmer und sympathischer war als am Anfang!
Fazit:
Leider sind mir, noch bevor ich mit dem
Lesen begonnen habe, bereits ein paar Meinungen auf Instagram
aufgefallen, die sehr positiv waren und das Buch nur lobend erwähnt
haben. Und dadurch sind bei mir die Erwartungen unabsichtlich ein
Stück gestiegen und ich war richtig gespannt, was den anderen Lesern
daran so gut gefällt.
Leider ist dieser Funke auf mich nicht
so richtig übergesprungen. Zu weiten Teilen mochte ich die
Geschichte gerne und habe die Entwicklung von Dora, aber auch des
Krieges mit viel Interesse verfolgt. Doch für mich ist das Buch
nicht zu so einem Highlight geworden, wie ich es mir erhofft hatte.
Dafür fand ich Dora nicht immer sonderlich angenehm, zudem fehlte
mir die Spannung und die Liebeleien von Dora hätten für mich auch
nicht unbedingt sein müssen.
Im Gegensatz dazu hat mir das Setting
und auch die Schreibweise unglaublich gut gefallen und auch an der
Stimmung hatte ich viel Freude. Und der Großteil der Protagonisten
hat mir ebenfalls richtig gut gefallen, weshalb ich am Ende gute vier
Sterne für das Buch vergebe!
Bewertung: 4 von 5 Sternen
MarySophie
Vielen Dank an den Vorablesen, sowie den Ullstein Buchverlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.
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