Titel: Oktoberfest 1900 - Träume und Wagnis
Autorin: Petra Grill
Verlag: Fischer Krüger
Seitenzahl: 496 Seiten
Preis: 15,00 €
Erscheinungsdatum: 26.08.2020
ISBN:
978-3-8105-0057-1
Handlung:
München, 1900
Colina
hat es satt, sich als Schankmädchen jeden Tag abzurackern und dafür
kaum etwas zu verdienen. Unter anderem auch deshalb bewirbt sie sich
als Gouvernante für Clara, Tochter des Brauereimagnaten Prank, der
mit Macht und Einfluss dem Oktoberfest eine neue Richtung geben will.
Und dafür sind ihm viele Mittel recht. Auch bei einer Hochzeit
seiner Tochter möchte er Nutzen für sich und seine Ziele ziehen
können, doch diese Rechnung hat Prank ohne seine Tochter gemacht.
Clara möchte eigene Entscheidungen treffen und sieht schließlich
nur noch einen Ausweg: sie will von zu Hause fliehen. Colina rät ihr
davon ab, doch manche Skandale sind bereits ins Rollen gekommen. Und
währenddessen entfacht in Colina eine Idee, die gewagt ist, aber
vielen Frauen eine Chance auf ein besseres Leben
bietet...
Meinung:
Meinung:
Ich mag das Cover gerne. Es passt nicht nur perfekt zur Handlung, sondern hat auch den Charme der früheren Oktoberfeste eingefangen. Es herrschen leichte Farben vor, die locker und einladend wirken, den Betrachter dazu animieren, das Buch in die Hand zu nehmen. Im Vordergrund sind zwei Damen zu sehen, die edel und schick gekleidet sind und sich in einer aufrechten und stolzen Haltung bewegen. Im Hintergrund befindet sich, leicht verblasst, ein Platz, mit dem ich das Oktoberfest assoziiere. So ergibt sich ein stimmiges und schönes Gesamtbild, welches mir gut gefällt und mir in einer Buchhandlung definitiv auffallen würde.
Ich
hatte bereits davon gelesen, dass ab Mitte September eine Serie bei
ARD ausgestrahlt wird, die sich um das Oktoberfest im Jahre 1900
dreht. Im selben Artikel wurde auch erwähnt, dass es einen Roman
dazu geben wird, aber diesen hatte ich gar nicht so recht auf den
Schirm und mich für den Moment nicht weiter damit befasst. Bis ich
bei Lovelybooks eine Leserunde zu dem Buch gesehen habe. Mein
Interesse wurde direkt angefacht und ich wollte unbedingt an der
Runde teilnehmen. Und glücklicherweise gehöre ich tatsächlich zu
den Gewinnern und durfte mich über ein Exemplar des Romans freuen!
An dieser Stelle nicht nur ein herzliches Dankeschön für das Buch,
sondern auch für äußerst informative und unterhaltsame Leserunde
mit allerlei Hintergrundinformationen!
Jedem
Kapitel vorangestellt sind kleine Überschriften, die die folgenden
Ereignisse kurz und prägnant zusammenfassen, aber nichts von der
Handlung preisgeben. Mal bestehen sie aus einem Wort, mal aus einer
Wortgruppe und sie schüren Interesse. Man kann vor dem lesen
teilweise ein wenig spekulieren, was mit der Überschrift gemeint ist
und um was sich die folgenden Geschehnisse drehen könnten!
Ich
fand den Einstieg in den Roman etwas plötzlich, man ist direkt
mitten im Geschehen und erst danach lernt man die Protagonisten
besser kennen. So wird direkt die Spannung und das Interesse geschürt
und man will natürlich wissen, wie sich die Szene auflösen wird.
Ich
mochte den kurzweiligen Charakter, der dem Schreibstil zugrunde
liegt. Es gibt eine lockere Erzählung der Ereignisse und es wird
sich nie zu lange mit einem Sachverhalt aufgehalten. Auf diese Weise,
aber auch durch die Aufspaltung auf verschiedene Erzählperspektiven,
können keine Längen entstehen und man erhält als Leser trotzdem
immer ausreichende Informationen, um der Handlung ohne Probleme
folgen zu können.
Der
Schreibstil ist angenehm lebendig und teilweise bildhaft, was eine
schöne Grundlage bietet. Es gibt wunderbare Beschreibungen von
Gegenden, ich konnte mir besonders die verschiedenen Settings richtig
gut vorstellen und hatte bei den Beschreibungen dessen die meisten
Bilder vor Augen. In viele Dialoge wird ein Hauch des bayrischen
Dialekts eingefügt, sodass die Aussagen noch mehr Authentizität
bekommen und es wird hier natürlich auf den Handlungsort, München,
Bezug genommen. Ich finde das Maß, in dem die Mundart eingefügt
wurde gut, sie kommt nicht zu häufig, aber auch nicht zu selten vor.
Ich hatte absolut keine Probleme, den Sinn der Aussagen zu verstehen,
sondern empfand die Aussagen mit bayrischem Dialekt als leicht
verständlich. Und mein Lesefluss wurde davon natürlich auch nicht
gestört!
Nicht
nur der Dialekt taucht immer mal wieder auf, sondern auch andere
Begriffe, die vor allem im Süden des Landes bekannt sind. Viele
davon waren mir unbekannt, doch der Sinn von ihnen ließ sich
entweder durch weitere Aussagen verstehen oder ich hatte mir
Hilfestellungen im Internet gesucht. Trotzdem stellten sie für mich
kein Problem dar und diese Einbindungen geben dem Roman viel
Lebendigkeit.
Ich
hatte ja erwähnt, dass es mehrere Erzählperspektiven gibt. Allen
voran gibt es die von Colina Kandl, früheres Schankmädchen, später
als Gouvernante bei Prank angestellt. Und dann gibt es noch die
Perspektive von den beiden Gendarmen Eder und Aulehner, die sich mit
polizeilichen und rechtlichen Fragen herumschlagen und mysteriöse
Ereignisse aufklären müssen. Ich mag es, wie sich die beiden
Stränge immer wieder mal treffen und sich irgendwann sogar leicht
miteinander verbinden. So wird die Handlung immer runder und man
merkt, wie gut durchdacht die Geschichte ist.
Anhand
von Colina lernt man sowohl das einfache Leben mit wenigen
finanziellen Mitteln kennen, als auch das feinere Leben als
Gouvernante in einem großen Haus. Man begleitet sie zusammen mit
ihrem Schützling Clara auf einen festlichen Anlass und bekommt so
einen Blick auf die gehobene Gesellschaft mit ihren Eigenarten und
Umgangsformen. Durch ihr vorheriges Dasein, aber auch anhand von
Erinnerungen Colinas, gibt es viele Details über das einfache Leben
als Schankmädchen, die Vorurteile, den Lohn und die allgemeine
Arbeitssituation. Man lernt vieles über Arbeitsregeln und über die
Missstände im Brauerei- und Kneipenwesen. Anhand der Abschnitte der
beiden Gendarme gibt es zahlreiche Informationen über Gesetze, aber
auch über das Künstlerleben in Schwabing und über dubiose Menschen
und Geschäfte.
Durch
all diese Sichtweisen entsteht ein breites und umfangreiches Bild der
Gesellschaft. Man lernt Abgründe und Zusammenhänge kennen und
erhält Einblicke in verschiedene Lebensweisen, was mir sehr gut
gefällt.
Wie
ich vorhin kurz angesprochen habe, konnte ich mir besonders die
verschiedenen Handlungsorte richtig gut vorstellen. Allen voran
Lochners Kneipe, als auch die verschiedenen Bierzelte auf dem
Oktoberfest, Pranks Haus oder Colinas kleine Wohnung. Anhand von
wenigen, dafür umso bildreicheren Worten entstanden sehr lebendige
und farbenreiche Szenen vor meinen Augen. Ganz besonders hat es mir
gefallen, wie sich Colina in jedem möglichen Setting ganz natürlich
bewegt hat, als würde sie schon immer dorthin gehören. Egal ob im
prachtvollen Hause Pranks, in ihrer Wohnung oder in Lochners Kneipe:
Colina wirkt einfach nie fehl am Patze, egal in welchem Milieu oder
an welchem Ort sie sich gerade aufgehalten hat!
Je
weiter der Roman fortgeschritten ist, desto mehr war es mir möglich,
Stimmungen wahrzunehmen. Diese waren eigentlich schon vom Beginn an
vorhanden, sind mir jedoch erst mit fortlaufender Handlung
aufgefallen, weil sie immer stärker wurden. Dabei waren sowohl
Freude, als auch Leid vertreten und häufig kann man mit den
Protagonisten mitfühlen.
Auch
historische Ereignisse wurden in den Roman eingebunden, diese traten
vor allem im Zusammenhang mit drei großen Themen auf:
Homosexualität, Menschenschauen und die Gewalt gegenüber Frauen.
Diese Angelegenheiten werden immer wieder thematisiert und man erhält
unterschiedliche Ansichten darauf. Und dabei lernt man nicht nur, was
es für Auswirkungen beim einzelnen Menschen, sondern auch in der
Gesellschaft gibt.
Und
ein weiteres großes Thema ist natürlich das Bier, verbunden mit dem
Brauen und dem Verkauf. Auch hierzu gibt es zahlreiche Informationen.
Dies steht meist im besonderen Zusammenhang mit dem Oktoberfest. Man
kann im Buch verfolgen, wie sich dieses Volksfest entwickelt hat und
lernt auch ein wenig zu den Ursprüngen dessen.
Ich
finde, dass die Themen geschickt und passend in die Handlung
eingewoben wurden, sie haben den Roman nicht dominiert, wurden aber
auch nie nur kurz angeschnitten. Man kann sich zu vielen
Sachverhalten selbst ein Urteil bilden und man bekommt einen
Eindruck, wie die Gesellschaft zu 1900 getickt hat.
Mir
fehlt tatsächlich ein wenig ein Personenverzeichnis. Gerade am
Anfang habe ich mich ein wenig schwer mit den ganzen Namen getan und
musste alle Gedanken zusammennehmen, um der Handlung folgen zu können
und mir die Personen zu merken. Ein Verzeichnis wäre wirklich
angebracht und hätte mir gerade am Anfang geholfen.
Als
ich dann alle Charaktere auf dem Radar hatte, gab es bei mir in
dieser Hinsicht keine Probleme mehr. Sie hatten teilweise komplett
unterschiedliche Wesen bekommen und ein jeder hat ein Detail
erhalten, was ihn einzigartig macht.
Ich
glaube, dass ich noch nie wirklich einen Roman gelesen habe, in dem
die Personen so häufig mit dem Nachnamen angesprochen wurden. Ich
fand dies sehr unterhaltsam und ich denke, es hat auch gut zu der
Handlungszeit gepasst!
Bei
vielen Protagonisten gibt es eine gute Entwicklung zu sehen, die man
auch direkt mitverfolgen kann. Ich will an dieser Stelle nicht zu
viel verraten, weil ich nichts über den möglichen Fortgang spoilern
möchte, aber ich glaube, dass ich länger keinen Roman mehr gelesen
habe, der so genau verfolgbare Entwicklungen besitzt! Toll!
Bisher
habe ich ja nur positive Aspekte angesprochen (bis auf das fehlende
Personenverzeichnis), aber jetzt kommt auch noch ein kleiner Absatz,
wo ich zwei negative Punkte ansprechen werde. Einmal fände ich ein
Nachwort noch angebracht. Hätte ich nicht allerhand Informationen
aus der Leserunde bei Lovelybooks bekommen, wären manche
Sachverhalte für mich ein wenig im Dunklen geblieben.
Zum
anderen fand ich es schade, dass manche Zusammenhänge nicht genauer
genannt werden. Es gibt einige Andeutungen, bei denen nicht richtig
in die Tiefe gegangen wird. Das hat mir ein wenig gefehlt.
Fazit:
So,
ich habe allerhand geschrieben und ich denke, aus vielen Zeilen lässt
sich herauslesen, dass mir das Buch sehr gut gefallen hat. Es
beherbergt eine interessante Geschichte, gut ausgearbeitete
Charaktere und viel Spannung. Bis auf den letzten kleinen Abschnitt
meiner Rezension ist mir nichts weiter negativ aufgefallen und ich
bin im Grunde zufrieden mit dem Buch. Ich freue mich jetzt nicht nur
auf die Serie, die bald im Fernsehen ausgestrahlt wird, sondern hoffe
ja auch, dass es zu diesem Buch eine Fortsetzung geben wird. Ich
denke, es gibt genügend Punkte, die in einem zweiten Teil
dargestellt werden könnten und ich würde nur zu gerne ein
Wiedersehen mit Colina, Clara und Co. erleben!
Bewertung: 4,5 von 5 Sternen
MarySophie
Vielen Dank an Lovelybooks, den Fischer Verlag sowie an die Autorin für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.
Habe ich euer Interesse geweckt? Hier findet ihr den Roman!
Habe ich euer Interesse geweckt? Hier findet ihr den Roman!
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