Titel: Die Frauen von Gut Falkensee
Autorin: Luisa von Kamecke
Verlag: Lübbe
Seitenzahl: 397 Seiten
Preis: 11,00 €
Erscheinungsdatum: 28.08.2020
ISBN:978-3-404-18058-5
Handlung:
Westpreußen 1904
Eigentlich plant Charlotte von Bargelow
ein ganz anderes Leben. Sie möchte frei sein, weiter in Paris
studieren und einen Mann heiraten, den sie wirklich liebt. Doch um
den verschuldeten Familiensitz zu retten, geht Charlotte eine
Vernunftehe mit dem wohlhabenden Witwer Baldur von Krammbach ein. Und
das, obwohl sie kurz vor der Hochzeit einen Mann kennengelernt hat,
den sie wirklich liebt. Doch eine Zukunft mit dem Polen Karol scheint
vollkommen ausgeschlossen. Kann Charlotte mit Baldur einigermaßen
glücklich werden und den anderen, jüngeren Mann vergessen?
Schließlich muss Charlotte eine Entscheidung treffen, die ihr Leben
verändert und die über die Heimat der Familie von Bargelow
entscheidet...
Meinung:
Ich mag das Cover recht gerne. Es hat einen verblassten Filter, was auf die Handlungszeit zurückführen sein könnte, im Hintergrund gibt es ein schönes Herrenhaus, welches durchaus das Hauptgebäude von Gut Falkensee darstellen könnte. Dazu ist ein Ausschnitt eines wunderschön angelegten Parks zu sehen, bei dem ich mir gut vorstellen kann, dass Charlotte, Alice, Veronika und Co. dort entlang flanieren. Der Himmel ist stellenweise ein wenig dunkler dargestellt, vielleicht deutet dies auf kommende, schwierigere Zeiten hin.
Im Vordergrund sieht man eine Dame, die
dem Betrachter den Rücken zugewandt hat. Dazu hatte ich irgendwo
gelesen, dass es sich um Charlotte von Bargelow handeln soll, was ich
mir gut vorstellen kann. Sie nimmt im Roman eine der Hauptrollen ein,
ist fast immer präsent und ich würde behaupten, dass man sie als
Leser am besten kennenlernt, sie die meisten Facetten zeigt.
Insgesamt kann man also einige Zusammenhänge mit der Handlung finden
und ich mag das Cover gerne. Es würde mich in einer Buchhandlung
definitiv ansprechen!
Mir ist der Roman erstmals in der
Verlagsvorschau aufgefallen und er wanderte direkt auf meine
Wunschliste. Vor einigen Wochen hatte ich mir dann mal die Leseprobe
des Buches angeschaut und mein erster positiver Eindruck hatte sich
nochmals bestätigt. Und damit
hat sich mein Wunsch nochmals verstärkt, den ersten Band der
Westpreußen-Saga zu lesen und in die Welt der von Bargelows
einzutauchen. Freundlicherweise wurde mir der Roman vom Bastei Lübbe
Verlag zur Verfügung gestellt, wofür ich mich wiederholt ganz
herzlich bedanken möchte!
Ich muss sagen,
dass mir durchweg ein Personenverzeichnis gefehlt hat. Es gibt sowohl
Kapitel von den von Bargelows, als auch Einblicke in das Leben von
deren Dienstboten. Und hier ist es mir teilweise etwas schwer
gefallen genau zu benennen, welche Person genau welche Stellung
einnimmt. Dabei hatte ich besonders Probleme bei den Küchen- und
Dienstmädchen, ich konnte mir leider nie genau merken, welche
Position sie im Haushalt genau einnehmen. Daher wäre für mich ein
Verzeichnis der handelnden Personen mit dem Zusatz, welcher Arbeit
sie im Haus nachgehen, ganz angebracht gewesen, zumal die Anzahl der
auftretenden Menschen schon recht hoch war.
Ich hatte
absolut keine Probleme damit, in die Handlung zu starten und mich auf
diese einzulassen. Der Anfang war mir ja eh von der Leseprobe bekannt
und ich habe mich gefreut, dass ich danach endlich weiterlesen konnte
und bin voller Vorfreude und Interesse in die Welt von Gut Falkensee
eingetaucht. Und ich muss sagen, dass mich die Geschichte schnell in
ihren Bann gezogen hat, ich mochte ganz viele Aspekte des Buches,
mochte die vielfältige Art der Erzählung und hatte einfach Spaß
daran, die Charaktere zu begleiten und sie dabei zu beobachten, wie
sie sich entwickeln!
Und auch die
Schreibweise hat ganz viel dazu beigetragen, dass ich den Roman
flüssig lesen konnte und ihn damit leider auch viel zu schnell
ausgelesen hatte. Ich finde, dass die Sprache durchaus etwas der
Handlungszeit angepasst wurde, ab und an kommen Begriffe vor, die
heute nicht mehr so aktuell sind, deren Bedeutung mir aber trotzdem
bekannt war. Dies hat meinem Lesefluss keine Probleme bereitet,
sondern es hat zur Authentizität beigetragen und einen Teil der
Stimmung ausgemacht.
Immer wieder
gibt es stimmungsvolle Momente, die unterschiedlicher Natur waren.
Oft war die Stimmung im Zusammenhang mit Frederick etwas gedrückt
und es war deutlich eine traurige Aura spürbar. Und auch andere
Stimmungen werden durchlebt, dazu zählt sowohl Freude als auch Wut,
Enttäuschung und Hoffnung. Ich mag es, dass so viele
unterschiedliche Gemütszustände vorkommen und in dieser Hinsicht so
viel Variabilität geboten wird. Dadurch wirkte die Handlung auf mich
lebendig und echt und viele Szenen wirkten so, als wären sie direkt
aus dem Leben gegriffen.
Bisher kamen
historische Details vor allem in der Lebensweise der Menschen vor.
Man erhält ja sowohl einen Einblick in die Welt der Herrschaft, als
auch in die der Dienerschaft. Und dabei erkennt man die sozialen
Unterschiede, lernt unterschiedliche Lebensweisen und Tagesabläufe
kennen. So habe ich mir tatsächlich noch nie Gedanken darüber
gemacht, wie früher Eis hergestellt wurde. Es werden u.a. solche
Dinge im Roman geklärt und ich finde, dadurch ergibt sich ein runder
Bild des Lebens am Anfang des 20. Jahrhunderts. Es ist außerdem
spürbar, dass sich im Deutschen Reich schon einige Veränderungen
andeuten, u.a. wird die Arbeit in Fabriken immer reizvoller und die
Dienstboten haben ein wenig mehr Freiheiten. Anhand solcher Details
finde ich, dass sich eine angenehme Fülle an historischen
Informationen im Roman befindet und ich bin damit vollkommen
zufrieden!
Und auch über
die Geschichte Polens, die mir zugegebenermaßen absolut nicht
bekannt ist, werden einige Entwicklungen und Zustände genannt. Hier
konnte ich stark mein Wissen erweitern und ich bin gespannt, wie sich
diese im zweiten Band weiterentwickeln.
Ganze fünf
Jahre vergehen auf den knapp 400 Seiten, wobei nicht jeder Monat und
jedes Jahr ausführlich und mit allerhand Details versehen wird. Im
Gegenteil, immer wieder gibt es Zeitsprünge, die die Handlung
geschickt verkürzen und bei denen ich trotzdem nie das Gefühl
hatte, etwas zu verpassen. Es war sogar angebracht, einige Zeiten
immer mal zu überspringen, um die Handlung stets spannend und
interessant zu halten. Zudem konnten erst gar keine Längen
entstehen, die Geschichte hatte immer Schmackes und es hat Spaß
gemacht, immer weiterzulesen.
Außerdem hat es
mir gefallen, wie durch die Zeitsprünge ein episodenhaftes Erzählen
entsteht. Man ist immer bei besonderen und für die weitere Handlung
wichtigen Momenten als Leser mit dabei und ich habe mich dabei
teilweise wie ein heimlicher Besucher der Szenen gefühlt. Zudem
sticht der Roman durch diese Art der Erzählung stark hervor und
zeichnet sich aus.
Es gibt einen
allwissenden Erzähler, der eindeutig über viele Aspekte der
Handlung informiert ist, diese dem Leser aber nur häppchenweise
präsentiert und preis gibt. Auf diese Weise merkt man, dass die
folgende Handlung weiterhin einen spannenden Charakter haben wird.
Zudem gibt der Erzähler immer wieder ein paar Gedanken der
Protagonisten preis, sodass man sich mit diesen etwas verbundener
fühlt.
Außerdem nimmt
der Erzähler verschiedene Positionen ein und so gibt es immer eine
Person, die am Anfang eines jeden Kapitels genannt wird und aus deren
Sicht die folgenden Ereignisse beschrieben wird. Dabei kann es sich
um Charlotte oder ihren Bruder Frederick handeln, zwei der von
Bargelow Sprösslinge, oder um Personen, die den Dienstboten
angehören. So entsteht nicht nur eine vielfältige und
abwechslungsreiche Sicht auf die Dinge, sondern man lernt
unterschiedliche Stände kennen und kann nachvollziehen, wie die
Menschen am Anfang des 20. Jahrhunderts gelebt haben. Finde ich sehr
gelungen und ich mochte es sehr, wie sich die einzelnen Stränge
immer mal miteinander verbunden haben und am Ende eine runde
Geschichte ergeben haben.
Am Anfang neuer
Kapitel wird also nicht nur erwähnt, welche Person gerade im
Mittelpunkt steht und aus welcher Sicht folgende Ereignisse
beschrieben werden, sondern auch der Handlungsort und die Zeit finden
Erwähnung. Ein sehr wichtiges Detail, gerade durch die Zeitsprünge
wäre man sonst vollkommen verloren und ich hätte nicht genau
benennen können, wie viele Jahre genau vergangen sind. Und auch die
Benennung des Ortes fand ich richtig gut. Ab und an gibt es doch
einen wechselnden Handlungsort, so konnte man immer genau
nachvollziehen, wo sich die Personen gerade aufhalten!
Als
Haupthandlungsort dient das Gut Falkensee, andere Settings tauchen
seltener auf. Eines haben alle gleich: sie wurden mit wenigen,
eindrucksvollen und bildhaften Worten beschrieben und verströmten
gewisse Stimmungen. Ein jeder Ort, egal ob dort viele oder wenige
Szenen stattfinden, wurde gleichwertig behandelt und hat eine gute
Zeichnung erhalten.
Mein liebster Handlungsort war ja durchweg Gut Falkensee. Ich fand das Hauptgebäude und die umliegenden Landschaften einfach traumhaft und konnte mir diese richtig gut vorstellen. Zudem fanden dort die meisten Szenen statt und dementsprechend lernt man diese Örtlichkeit als Leser auch am besten kennen. Dort hatte ich außerdem die detailreichsten Bilder und ich empfand die Dynamik als besonders. Gerade die Familienszenen waren einfach grandios!
Mein liebster Handlungsort war ja durchweg Gut Falkensee. Ich fand das Hauptgebäude und die umliegenden Landschaften einfach traumhaft und konnte mir diese richtig gut vorstellen. Zudem fanden dort die meisten Szenen statt und dementsprechend lernt man diese Örtlichkeit als Leser auch am besten kennen. Dort hatte ich außerdem die detailreichsten Bilder und ich empfand die Dynamik als besonders. Gerade die Familienszenen waren einfach grandios!
Ich mochte die
Vielfalt der Protagonisten sehr! Es gibt solche, die man auf den
ersten Blick als sympathisch einschätzt, sich aber am Ende täuscht
und das Ganze gibt´s auch vice versa. So kann man sich nie genau
sicher sein, in welche Richtung eine Entwicklung gehen wird und auch
dadurch bleibt die Handlung stets spannend.
Ganz besonders
hat mir das Zusammenspiel von Dienerschaft und der Familie von
Bargelow gefallen. Solche Verhältnisse mag ich in Romanen eh immer
sehr gerne und auch hier empfand ich die Dynamik ganz besonders. Man
lernt die Gedanken übereinander kennen und kann als Leser in beide
Welten reinschnuppern.
Ich muss sagen,
dass mir bis auf eine Ausnahme alle Personen gefallen haben. Egal ob
ich sie als sympathisch oder unsympathisch eingeschätzt habe. Sie
hatten etwas an sich, was besonders war und sie ausgezeichnet hat.
Ein jeder Protagonist hat einen durchdachten und einzigartigen
Charakter erhalten. Bei der Vielzahl an Personen ist dies wirklich
bemerkenswert.
Leider empfand
ich Karol durchweg als etwas schwierig. Ich mochte sein Auftreten,
seine Art zu denken einfach nicht. Es hatte oft den Anschein, als
würde er nur an sich denken und die Probleme anderer nicht immer als
wichtig einstufen. Ich hätte mir gewünscht, dass er mitfühlender
ist und versucht, Charlotte, ihre Ängste, Sorgen und Nöte zu
verstehen. Stattdessen hat er einen Tunnelblick aufgesetzt und nur
seine Angelegenheiten hatten Bedeutung. Karol hat nicht einmal
versucht, sich in die Lage von Charlotte hineinzuversetzen und daher
hatte ich nur wenige Sympathien für ihn. Bei ihm hätte ich es gut
gefunden, wenn er sich entwickelt hätte und mehr auf seine
Mitmenschen geachtet hätte.
Fazit:
Mein einziger kleiner, aber nicht zu
verachtender Kritikpunkt ist die Darstellung und das Auftreten von
Karol. Dazu hatte ich ja gerade einiges gesagt und wäre er nicht
gewesen oder hätte er ein verständnisvolleres Wesen erhalten, hätte
ich volle Punktzahl für den Roman gegeben.
Eine Familiengeschichte ganz nach
meinem Geschmack. Es gibt nicht nur Einblicke in die Welt der
Herrschaft, sondern auch in die der Dienstboten. Die Geschehnisse
wurden auf bodenständige und authentische Art beschrieben. Es gibt
nicht zu viel Drama und es hat einfach Spaß gemacht, den Roman zu
lesen.
Ich bin schon sehr gespannt auf die
Fortsetzung und freue mich auf jeden Fall auf ein Wiedersehen mit der
Familie von Bargelow! Dicke Leseempfehlung meinerseits!
Bewertung: 4,5 von 5 Sternen
MarySophie
Vielen Dank an den Bastei Lübbe Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.
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