Titel: Hinter den Spiegeln - Das Wiener Vermächtnis
Autorin: Ulrike Schweikert
Verlag: Mira Taschenbuch Verlag
Seitenzahl: 432 Seiten
Preis: 12,00 €
Erscheinungsdatum: 14.10.2019
ISBN:
978-3-7457-0036-7
Handlung:
Wien 1892
Wochenlang bangten die Bewohner des
Palais um Luise. Die junge Komtess hatte einen Reitunfall und war
lange Zeit bewusstlos. Als Luise schließich erwacht, hat sie
komplett ihr Gedächtnis verloren. Sie kann sich weder an ihre
Familie, ihre Herkunft noch an anderes erinnern. Ihr erscheint alles
fremd und dazu trägt auch die Stimmung im Palais bei. Luise scheint
es, als würde etwas vor ihr verborgen werden. Doch weshalb will
jeder vermeiden, der Komtess darüber etwas zu erzählen?
Luise fühlt sich verloren, bis sie den
Hofzuckerbäcker Stephan Brucker kennenlernt. Bei ihm lernt sie eine
andere Welt kennen, wo sie nicht so viel Druck auf sich spürt und
sich heimisch fühlt. Doch diese Freundschaft ist nicht
standesgerecht und wird von einigen Personen nicht gern gesehen....
Meinung:
Das Cover gefällt mir richtig gut. Es
strahlt Nostalgie und Ruhe aus. Die Farben sind perfekt aufeinander
abgestimmt, sie tauchen nicht nur einmal auf, sondern tauchen in
kleinen Details immer wieder auf. Außerdem finde ich, dass sich das
Cover sofort zu dem historischen Genre zuordnen lässt. In der Mitte
steht eine Dame, in einem für die Handlungszeit äußerst passenden
Kleid. Ich finde, dass sie als Blickfang agiert und sie als erstes
ins Auge fällt. Insgesamt gefällt mir das ganze Bild wirklich gut,
es ist stimmig, aber auch nichts besonderes.
Ich habe schon einige Bücher von
Ulrike Schweikert gelesen und ich glaube, dass mir in so ziemlich
jedem die Schreibweise richtig gut gefallen hat. Auch hier war es
wieder so, die Schreibweise war angenehm zu lesen und gemischt mit
einigen Fachbegriffen. Diese beherbergen eine Mischung aus mir
bekannten und unbekannten Wörtern, zu denen es am Ende des Romans
eine Erklärung gibt.
Die Erzählinstanz lässt sich nicht in
die Karten schauen, behält ihre Geheimnisse für sich und macht
lediglich Andeutungen zu einigen Geschehnissen. So wurde ich dazu
angeregt, mir Gedanken über mögliche Geheimnisse zu machen und
einiges mehr zu hinterfragen.
Die Handlung wurde wirklich stets
spannend gehalten. Ich habe mir auch so meine Gedanken gemacht und
darauf spekuliert, wie sich manche Konflikte und Geheimnisse auflösen
könnten. Tatsächlich lag ich öfter falsch und wurde von vielen
Ereignissen überrascht. So gab es für mich eine hohe Spannungskurve
und die Handlung hat stets mit unerwarteten Wendungen überzeugen
können.
Aufgrund der Inhaltsangabe hatte ich
damit gerechnet, dass der Gedächtnisverlust von Luise wichtig sein
wird, eine größere Rolle spielt. Anfangs war dies auch der Fall,
doch bald gab es nur noch Andeutungen dessen. Klar, erkennt die junge
Komtess irgendwann die Menschen und hat sich Namen gemerkt. Aber
manches wurde mir entweder nicht gut genug oder gar nicht erklärt.
So habe ich mich stets gefragt, ob die Familie Dalbach irgendwann
eine offizielle Information dazu von dem Grafen oder Luise erhalten
haben oder sie sich nur auf das Wort der lauschenden Dienstboten
verlassen. Und ich fand es auch merkwürdig, dass Luise viele
Ereignisse aus ihrem Gedächtnis verloren hat, aber die Stadt noch
kennt. Sie genau weiß, wo etwas liegt oder wohin sie Ausritte machen
kann. Bei diesem Fall fand ich es auch komisch, dass ihr einfach so
erlaubt wird, reiten zu gehen, obwohl das Risiko vorhanden ist, dass
Luise den Weg nicht kennt. Sie war zwar nie allein unterwegs, doch
trotzdem finde ich das Risiko recht groß.
Ulrike Schweikert ist es perfekt
gelungen, die Standesunterschiede, sowie die Ambitionen,
gesellschaftlich aufzusteigen, zu schildern. Es wurden Protagonisten
unterschiedlicher Schichten erschaffen, die vollkommen andere
Lebensweisen hatten. Es gab Streitereien und Konflikte, viele wurden
beneidet und nie kam wirklich Ruhe in die ganze Situation. Genau so
stelle ich mir auch die Gesellschaft der damaligen Zeit vor und ich
denke, der Autorin ist es wirklich perfekt gelungen, ein lebendiges
Abbild dessen zu schaffen.
Der Prolog ließ sich nicht sofort der
Handlung zuordnen. Er spielt ein paar Jahre vor der eigentlichen
Handlung und man lernt Luise als erwachsene Person kennen. Danach
beginnt die Handlung, welche auch im Klappentext angesprochen wird.
Ich war am Ende etwas enttäuscht, dass der Epilog zwar an den Prolog
anschließt, aber für mich nicht recht zusammenpasst. Die Szene
finden zwar zeitlich passend statt, aber gerade der Epilog hat für
mich nicht eine so starke Botschaft.
Zudem habe ich noch einige offene
Fragen, die leider nicht geklärt wurden. Irgendwie fällt es mir
schwer zu begreifen, dass das Buch jetzt vorbei ist und nicht noch
ein paar erklärende Seiten gibt. Leider wirkt so die Handlung nicht
wirklich rund. Tatsächlich hätte es mir fast besser gefallen, wenn
es gar keinen Prolog und Epilog gegeben hätte, dann wäre ich mit
dem Verlauf zufriedener und die Handlung wäre in sich geschlossen
gewesen.
Als Setting dient bis auf kleine,
wenige Ausnahmen ausschließlich Wien. Dort teilt sich die Handlung
vor allem auf das Palais der Familie Waldenberg und die Backstube der
Familie Bruckner auf. Dazu gibt es noch diverse Salons und den
Prater, wo sich Louise gerne mal aufhält.
Für mich war der beste und lebendigste
Handlungsorte das Palais der Familie. Dort traten unglaublich
interessante und verschiedene Charaktere auf, es treffen Menschen
unterschiedlichen gesellschaftlichen Standes aufeinander und allein
dort gibt es genug Potential, um eine interessante Geschichte zu
erschaffen.
Auch wenn von gesellschaftlichen
Treffen die Rede war, fand ich die Darstellung des Settings äußerst
gelungen. Dort herrschte eine angenehme royale und herrschaftlichen
Atmosphäre, man merkt richtig, dass man sich gerade in gehobener
Gesellschaft befindet.
Im Gegensatz fand ich die Stadt Wien an
sich leider etwas schwach beschrieben. Sie kam nicht lebendig oder
belebt herüber, sondern sehr blass, steif und trist. Hier sehe ich
eindeutig Verbesserungsbedarf! Zudem passte dies nicht recht mit dem
restlichen, gelungenen Setting zusammen!
Es gibt wenige historische
Anhaltspunkte. Einiges wurde eingebunden, doch dabei handelt es sich
nicht wirklich um politische Ereignisse. Stattdessen gibt es einen
starken historischen Bezug anhand der Protagonisten, die historisch
verbürgt sind. Außerdem werden viele Standesunterschiede zwischen
der Fürstenfamilie, sowie den Bediensteten aufgezeigt. Das hat mir
hier vollkommen ausgereicht. Es gibt für mich genügend historische
Details und man merkt deutlich, dass die Autorin sich vorher gut über
verschiedene Themen informiert hat, die im Buch angesprochen werden.
Wenn man denn mag, kann man sich anhand
des Personenverzeichnisses schon ein erstes Bild über die handelnden
Personen machen. An sich treten recht wenige, wichtige Personen auf,
ich hatte nur manchmal einige Probleme, einige Bedienstete des Hauses
auseinanderzuhalten. In dieser Gruppierung gibt es die meisten
Charaktere und sie treten nicht oft oder gar durchgängig auf.
Es waren Bemühungen, die Charaktere
vielschichtig und interessant zu gestalten, vorhanden. Bei einigen,
vor allem der Familie Dahlbach ist dies auch richtig gut gelungen.
Sie haben sich nicht so leicht durchschauen lassen und teilweise
spannende Gedanken und Entwicklungen an ihrem Wesen gehabt. Hier fand
ich besonders Baroness Gabriella interessant. Lange Zeit habe ich sie
komplett falsch eingeschätzt und sie hat, meiner Meinung nach, die
größte Wandlung mitgemacht.
Auch die Großtante von Luise hatte
eine besondere Ausstrahlung. Sie besitzt eine unglaubliche Würde und
einen Stolz, der sie zu etwas besonderem macht. Gleichzeitig wirkt
sie aber nicht überheblich oder unsympathisch, sondern recht
freundlich und besitzt den Wunsch, für jeden nur das Beste zu
wollen. Ein toller Charakter!
Nun habe ich zwei Beispiele an
Protagonisten genannt, die mir richtig gut gefallen haben. Leider
konnte Luise da nicht ganz mithalten. Klar muss berücksichtigt
werden, dass sie ihr Gedächtnis verloren hat und lange Zeit nicht
sie selbst ist. Aber trotzdem empfand ich Luise erstmal als zu
scheuen Charakter, sie huschte nur umher und hat nicht wirklich viel
Charakter gezeigt. Später wurde Luise zwar selbstbewusster und
stärker, doch mich konnte sie leider nicht überzeugen.
Fazit:
Ulrike Schweikert hat hier einen
soliden, historischen Roman geschrieben, der nicht perfekt ist, aber
eine nette Lektüre bildet. Ich bin beim Lesen auf einige kleine
Stolpersteine gestoßen, die das Buch für mich nicht perfekt machen.
Besonders gut gefallen hat mir die
angenehme Schreibweise, sowie die wirklich spannende Handlung. Viele
Wendungen waren nicht vorhersehbar und bis zum Ende habe ich das Buch
mit viel Spannung gelesen. Dazu fand ich auch die bildhafte
Darstellung von Standesunterschieden und dem Verhältnis von
Bediensteten und der Herrschaft äußerst interessant.
Etwas gestört hat mir der schwächliche
Charakter von Luise, die als Hauptprotagonistin stärker und
einnehmender auftreten müsste. Dazu habe ich noch einige Fragen, die
nicht beantwortet wurden und mich stört es immer noch ziemlich, dass
Prolog und Epilog kein rundes Ende bilden...
Für zwischendurch fand ich das Buch
richtig angenehm zu lesen, es vereinte viel Spannung mit einer
angenehmen Fülle an historischen Details. Ich würde mir irgendwie
eine Fortsetzung wünschen....
Bewertung: 4 von 5 Sterne
MarySophie
Vielen Dank an den HarperCollins Verlag, sowie das Bloggerportal für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.
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