Freitag, 29. Oktober 2021

Rezension: Der Zug der Nonnengänse von Franka Michels

Titel: Der Zug der Nonnengänse
 Autorin: Franke Michels
 Verlag: Knaur Taschenbuch
Seitenzahl: 336 Seiten
 Preis: 10,99 €
 Erscheinungsdatum: 01.09.2021
ISBN: 978-3-426-52729-0
 
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Handlung

In der Natur kann die 60-jährige Amelie durchatmen. Hier fühlt sie sich wohl, sie findet Trost und Kraft. Sie kann nicht nur das Wattenmeer, sondern auch die Tiere beobachten und voller Vorfreude wartet sie darauf, dass ihre geliebten Nonnengänse wieder den Weg nach Langeoog finden. Jeden Tag aufs Neue saugt sie diese Eindrücke ein, weiß sie doch, dass ihr aufgrund ihrer Krebs-Erkrankung nur noch wenig Zeit bleibt. Allerdings hat sie noch eine Sache auf dem Herzen...

Bente braucht derweil eine Auszeit. Diese will sie auf Langeoog machen und trifft zufällig auf Amelie. Trotz des Altersunterschiedes von 20 Jahren entwickelt sich zwischen den beiden Damen eine Freundschaft. Sie helfen sich nicht nur in der schweren Zeit, sondern vertrauen sich auch ihre Geschichten, Wünsche und Geheimnisse an...

Meinung

Das Cover ist hübsch, es besitzt teilweise wunderbar leuchtende Farben und passt gut zu der Geschichte. Im oberen Drittel des Buches sieht man nicht nur die Weite des Himmels, sondern auch ein Gewässer, die Szenerie könnte Langeoog darstellen. Außerdem sind noch einige Vögel erkennbar, wahrscheinlich handelt es sich hierbei um die titelgebenden Nonnengänse. Die restlichen zwei Drittel des Buches werden von Schilf, sowie dem Titel des Buches dominiert.

Trotzdem bin ich nicht komplett überzeugt davon, mir fehlt noch Etwas, was den Anblick besonders macht und die Blicke auf sich zieht. Keine Ahnung, was das sein soll. So liegt ein hübsches und schönes Cover vor, welches meiner meiner Meinung nach aber nicht perfekt ist.

Ich hatte den Roman absolut nicht auf dem Schirm, deshalb war natürlich die Überraschung sehr groß, das Buch plötzlich mit der Post zu erhalten. Allein deswegen hatte ich mich sehr auf die Geschichte gefreut, aber auch die Inhaltsangabe klang direkt überzeugend. Und schnell gab es einige positive Meinungen zu dem Buch, die auf eine emotionale Erzählung hingedeutet haben, weshalb ich frohen Mutes und mit vielen Erwartungen an die Geschichte herangegangen bin. Für das schöne kleine Paket, sowie die sehr gelungene Überraschung möchte ich dem Droemer Knaur Verlag ganz herzlich danken!

Anfangs brauchte ich ein wenig Zeit, um mich vor allem an die Figuren zu gewöhnen. Diese profitieren von der ersten Seite an von einer ganz eigenen Darstellung, die mich zwar ein wenig auf Distanz hält, die aber sehr interessant und lebendig ausgefallen ist. Darauf musste ich mich erst einmal einlassen, danach fiel es mir recht leicht, der Geschichte ohne Probleme zu folgen!

Mir hat die Sprache gut gefallen. Ich empfand sie teils zwar als etwas kühl, aber sie befand sich auf einem sehr schönen Niveau. Viele Szenen sind überraschend tiefgreifend gestaltet, was viel von dem Charakter des Buches ausmacht. Mit dem Lesen bin ich gut und flüssig vorangekommen und mit zunehmender Handlung hat mich der Roman immer mehr gefangen genommen.
Gespickt ist die Sprache mit allerlei Hintergrundinformationen zu Vögeln und deren Aussehen, sowie Lebensweisen. Hier merkt man, dass die Autorin sich über dieses Thema bestens informiert hat und ich mag es, wie die Vögel ein wiederkehrendes Thema des Buches sind.

Mich hat es überrascht, wie viele Erzählperspektiven genutzt werden. Diese fallen vielfältiger aus, als ich anfangs gedacht hatte und sie führen dazu, dass man auf die Situationen verschiedene Blickweisen erhält und man manche Aussagen der Charaktere besser verstehen kann. Es gibt Einblicke in die Gedanken vollkommen unterschiedlicher Figuren, die dabei helfen, dass man die einzelnen Sichtweisen erkennt und sich dadurch ein ganz eigenes Bild der Lage machen kann. Zudem ist es sehr passend und gut, dass vonseiten des Erzählers keine Wertung ausgeht und es dem Leser komplett frei überlassen wird, wie er die Situation und Figuren einschätzt.

Vorab hatte ich bereits ein paar Meinungen gelesen, die von einer sehr emotionalen Geschichte sprechen. Lange Zeit empfand ich die Ausgangssituation zwar traurig, wurde von der Stimmung aber nicht so mitgerissen, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich denke, dass das daran lag, dass ich nie so recht eine Bindung zu den Protagonisten aufbauen konnte, sondern sie mich mit ihrer Art, mit ihrem Charakter immer ein wenig auf Distanz gehalten haben. Und dann trat irgendwann im letzten Viertel des Buches doch noch die von mir erhoffte Stimmung ein und hat auch mich endlich abgeholt. Ich habe daraufhin sehr emotional an den Geschehnissen teilgenommen und schließlich kam auch der Punkt, an dem ich so sehr in der Geschichte angekommen war, dass ich mit den Figuren mitgefühlt habe und ich irgendwann auch ein paar Tränen unterdrückt habe. Abschließend kann ich daher sagen, dass ich die Stimmung irgendwann als sehr mitreißend und emotional empfand, diese hätte sich gern genauso durch den ganzen Roman ziehen können.

Fast durchweg spielt die Geschichte auf Langeoog. Wenige Kapitel gibt es noch in Hannover, allerdings halten sich diese in Grenzen. Vor allem das Häuschen von Amelie, sowie die landschaftlichen Beschreibungen konnte ich mir sehr lebendig und bildreich vorstellen, es war ein absolutes Vergnügen, diese Orte gedanklich zu besuchen und deren Charakter kennenzulernen. Ich hätte mir gern gewünscht, dass auch die restlichen Settings eine so gelungene Beschreibung erhalten und ich sie mir so lebendig vorstellen kann. Das war nämlich bei den restlichen Orten nur sehr selten der Fall, meist kamen sie sehr nüchtern und neutral, fast auch ein wenig kühl und leblos daher. Das passt zwar insofern zum Roman, dass Amelie vor allem ihr Haus, als auch die Natur mit der Vegetation und den Tieren am Herzen liegt und man dies besonders stark nachvollziehen kann. Aber ich finde, dass die anderen Orte ein bisschen zu schwach daherkommen.

Auf den ersten Seiten habe ich noch gedacht, dass es mir irgendwann gelingen wird, zu den Personen eine Bindung aufzubauen. Zwar konnte ich sie irgendwann auf emotionaler Ebene verstehen, ansonsten hat es sich durchgesetzt, dass ich zu ihnen Distanz wahrte. Mir waren ihre Charaktere teils einen Hauch zu verschroben beschrieben, jeder hatte seine Macken, die mir aber zu stark ausgefallen sind. Daher war es mir nicht möglich, Vertrauen zu ihnen zu fassen und sie so anzunehmen, wie sie sind.

Zudem hat es mich irgendwie gestört, dass Bente und ihr Mann öfter aneinander vorbeireden und Ewigkeiten brauchen, um ansatzweise auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Hier wurde ich mit der Zeit ein bisschen ungeduldig und ich finde, dass diese Episode gar nicht so weit hätte ausgeweitet werden müssen. Dafür hätte es mir besser gefallen, wenn der Fokus noch mehr auf Amelie gewesen wäre.

Fazit

Es handelt sich um ein schönes, teilweise berührendes und vor allem nachdenklich machendes Buch. Die Geschichte rund um die Freundschaft der beiden Damen und das Anvertrauen von Geheimnissen und der Lebensgeschichte hat mir gut gefallen und sie ist etwas, was ich so noch nie gelesen habe. Im Grunde ist der Roman ziemlich stimmig, lediglich die Figuren hinterlassen mich zwiegespalten und ich kann sie selbst nach dem Beenden des Buches nicht so richtig einschätzen. Nichtsdestotrotz ist es eine tolle Geschichte, die mir weitgehend richtig gut gefallen hat!

Bewertung: 4 von 5 Sterne

 
MarySophie
 
Vielen Dank an den Droemer Knaur Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.
 
 

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