Freitag, 12. März 2021

Rezension: Die Sterne über Falkensee von Luisa von Kamecke

Titel: Die Sterne über Falkensee
 Autorin: Luisa von Kamecke
 Verlag: Lübbe
Seitenzahl: 400 Seiten
 Preis: 11,00 €
 Erscheinungsdatum: 26.02.2021
ISBN:  978-3-404-18371-5
 
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Handlung

Westpreußen 1925

Schon bei ihrem ersten Zusammentreffen sind Isabella von Bargelow und der Kaufmann Julius Kirchner voneinander fasziniert. Deshalb fackeln sie auch nicht lange, sondern geben nach kurzer Zeit ihre Verlobung bekannt, auch die Hochzeit folgt bald. Und anfangs scheint das Glück vollkommen zu sein. Bis Isabella ihren Mann immer besser kennenlernt, sie nicht mehr so viele Freiheiten wie zuvor besitzt und sich Julius der NSDAP anschließt. Vor allem dies betrachtet die junge Frau, aber auch ein Teil ihrer Familie, kritisch. Trotzdem hofft Isabella auf die Einsicht ihres Mannes und hält ihm die Treue. Bis sie im Gutshaus der von Bargelows eine Fremde entdeckt. Isabella ist schockiert, scheint die Fremde doch die Geliebte ihres Mannes zu sein. Sie möchte die Wahrheit erfahren, die allerdings einige Folgen für sie und ihre Familie hat. Und bald muss Isabella genau schauen, was sie sich für ihr weiteres Leben wünscht, um sich, aber auch ihre Lieben und die Heimat zu schützen...

Meinung

Ich finde das Cover sehr ansprechend, es ist farblich stimmig und beherbergt wunderschöne kleine Details wie die Vögel am Himmel oder ein strahlendes Blumenbett. Es besitzt einen ähnlichen Aufbau wie das des ersten Bandes, ebenfalls ist eine Dame zu sehen, die ein Gutshaus anblickt, welches diesmal durch den Nebel nicht so scharf heraussticht. Der Himmel hat eine sehr interessante Farbgebung, was für mich zusammen mit dem Titel das Highlight des Covers darstellt. Insgesamt ein sehr gelungenes und schönes Bild!

Im September letzten Jahres hatte ich den ersten Band der Reihe gelesen, welcher einfach nur toll war. Es war für mich ein absolutes Wohlfühlbuch und ich habe es sehr geliebt, das Buch in die Hand zu nehmen und gedanklich zu den von Bargelows nach Westpreußen zu reisen. Und weil mich die Geschichte so begeistert hat, stand Band zwei ganz weit oben auf meiner Wunschliste und ich habe mich unglaublich gefreut, weiteres von der Familie zu erfahren und zu schauen, wie sich Gut Falkensee entwickelt. Daher war ich natürlich sehr dankbar, das Buch als Rezensionsexemplar vom Verlag zu erhalten, wofür ich mich ganz herzlich bedanken möchte!

Am Anfang der Kapitel gibt es kleine, aber sehr hilfreiche Details. Hier wurde stets vermerkt, aus welcher Sichtweise die folgenden Seiten beschrieben wurden, außerdem gibt es die Information, an welchem Ort sich die Handlung befindet und es gibt eine grobe Zeitangabe, meist bestehend aus dem Monat und dem Jahr. Zudem wird auch vermerkt, wie viel Zeit seit dem letzten Kapitel vergangen ist, wodurch sich Zeitsprünge gut erkennen lassen. So ist es auch möglich, zu schauen, wie alt die Personen mittlerweile sind und welche historischen und politischen Ereignisse im Folgenden kommen könnten. Ich mochte es sehr, dass diese Informationen eingebunden und genannt wurden, mir hat es das Lesen erleichtert und es hat zu einer runden Geschichte beigetragen!

Ich hatte einen überraschend leichten Start in die Geschichte. Mir waren zwar nicht mehr alle Details aus dem ersten Teil im Gedächtnis, einiges ist mir allerdings während des Lesens wieder eingefallen. Zudem muss ich sagen, dass der Roman ziemlich frei nach dem Auftakt einsetzt und es nicht so ganz schlimm ist, wenn einem nicht jede Handlung präsent war. Trotzdem empfinde ich es als hilfreich, den ersten Band bereits gelesen zu haben, erst so machen viele Aussagen Sinn.

Auf jeden Fall hatte ich keinerlei Probleme damit, mich in der Geschichte zurechtzufinden. Das Setting, aber auch die Personen und die allgemeine Situation waren mir nach wenigen Seiten vertraut, es gibt einen recht ruhigen, keineswegs aber langweiligen Start und man kann sich auf den ersten Seiten ein solides Bild von verschiedenen Punkten machen. Und obwohl das Buch recht gemächlich beginnt, nehmen die Ereignisse schnell an Fahrt auf, es tauchen überraschende Wendungen auf, wovon die Spannung stark profitiert.Ich wurde von dem Inhalt schnell in seinen Bann gezogen, wollte das Buch nicht mehr aus der Hand legen und dringend mehr über das Leben auf Gut Falkensee erfahren. Daran hatte die Sprache viel Anteil, sie ist bildhaft und ausschweifend, gibt gute Eindrücke von den Situationen, dem Setting und allen voran von den Protagonisten. Sie wurde nicht zu hochtrabend, aber auch nicht zu einfach gehalten, ließ sich durchweg sehr flüssig und fein lesen und gibt lebendige Einblicke in die Gedanken der Personen, teils werden Gefühle näher benannt, aber auch in die Lebensweisen und Ziele der Figuren. Das allein trägt dazu bei, dass ich das Buch sehr gern in die Hand genommen habe und mit dem Lesen nicht aufhören wollte.

Vor allem im Bezug auf den aufkeimenden und immer mehr an Macht gewinnenden Nationalsozialismus habe ich starke Stimmungen wahrgenommen, aber auch die Figur des Justus hat bestimmte Emotionen hervorgerufen. Bei ihm variiert die Stimmung sehr, je mehr er sich wandelt, desto negativer wird seine Aura und desto weniger sympathischer finde ich seinen Charakter. Das ist eine sehr interessante Entwicklung, da ich Julius anfangs doch ziemlich freundlich und angenehm empfand.

Im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus tauchen nur negative Stimmungen auf, es lässt sich hautnah miterleben, wie sich viele Anhänger der NSDAP in die Politik reingehangen haben und keine anderen Meinungen zugelassen haben. Oft tauchten hier beklemmende Züge auf, die sehr lebendig zeigen, mit was für Ängsten Teile der Bevölkerung damals leben mussten. Freudige Stimmungen tauchen eher selten auf, was ich aber absolut in Ordnung finde. Meiner Meinung nach hat die Geschichte einen recht ernsten Unterton und Hintergrund, weshalb ich die Stimmung als sehr gelungen empfinde.

Nicht nur im Zusammenhang mit der Politik und den Parteien, sondern auch mit den Rechten der Frauen, der Dienerschaft und der Führung eines Gutes wurden allerhand historische Informationen wohldosiert in die Geschichte eingebunden. Diese wurden geschickt in die Handlung eingebunden, sie tauchen nicht zu häufig, aber auch nicht zu selten auf und vermitteln ein solides Bild der Gesellschaft. Hier gibt es vielfältige Details über verschiedenste Dinge, wodurch man letztendlich ein rundes und interessantes Bild der Zeit erhält, man kann die Sorgen und Hoffnungen, aber auch Ängste der Bevölkerung nachvollziehen und bekommt Einblicke in verschiedene Lebensweisen. Sowohl die Herrschaft von Gut Falkensee, als auch eine Person der Dienstbotenabteilung kommen zu Wort und geben allerhand Einblicke in ihre täglichen Aufgaben und ihr Denken über Entwicklungen jeglicher Art. Es gibt also eine angenehme und die eigentlichen Ereignisse nicht übertrumpfende Anzahl an historischen Informationen, die ich sehr angenehm empfand und die der Handlung viel Bodenständigkeit und Authentizität verliehen hat.

Insgesamt erstreckt sich die Handlung auf elf Jahre, die teilweise wie im Fluge vergehen. Nicht jedes einzelne Ereignis wird genaustens beschrieben, immer wieder gibt es zeitliche Sprünge, die die Handlung kürzen, knackig machen und Längen verhindern. Und obwohl teils Monate und Jahre übersprungen werden, hatte ich doch nie das Gefühl, etwas zu verpassen oder Informationen nicht zu erhalten. Stets erfährt man kurz, was in der Zeit für die weitere Handlung wichtiges passiert ist, weshalb man letztendlich immer gut informiert ist.

Als Erzählinstanz wurde ein allwissender Erzähler genutzt, der dem Leser allerhand Informationen gibt, aber auch eindeutig welche verschweigt und damit erst nach einiger Zeit rausrückt. Auf diese Weise hält er die Spannung oben und regt außerdem dazu an, immer weiterlesen zu wollen. Zudem kann man sich viele Einblicke in die Gedanken- und Gefühlswelten der Protagonisten machen, gerade bei Isabelle fällt dies stark auf, was zu lebendigen und authentischen Charakteren führt.

Der Großteil der Handlung wird aus Isabellas Sichtweise beschrieben, von ihr kommen die meisten Kapitel und man lernt sie am besten kennen. Man folgt der jungen Frau über ganze elf Jahre, kann dabei beobachten, wie sie sich entwickelt, welche Wandlungen sie durchmacht und wie sie verschiedenste Situationen ernster und reifer als noch am Anfang angeht und betrachtet.Dazu gibt es noch einige Kapitel aus der Sicht von anderen Protagonisten. Anhand derer kann man sich von ihnen ein besseres Bild machen, manche Motivationen und folgende Handlungen besser verstehen. Außerdem kann man die Charaktere aus unterschiedlichen Blickwinkeln sehen und die Gesellschaft besser betrachten und einschätzen. Hier nimmt der Erzähler unter anderem auch die Position einer Dame an, die auf Gut Falkensee arbeitet und man erhält kleine Einblicke in ihre täglichen Aufgaben, als auch ihre privaten Sorgen und einen Blick auf ihre Arbeitgeber. Diese Sichtweisen, vermischt mit denen der Familie von Bargelow, erlauben es sich einen guten Eindruck von der Gesellschaft zu machen. Letztendlich sind alle Erzählstränge miteinander verbunden und verstärken den Eindruck einer durch und durch stimmigen Geschichte.

Das Setting, an welchem man als Leser die meiste Zeit verbringt ist eindeutig das Gut Falkensee. Hier findet ein Großteil der Handlung statt, man lernt unterschiedliche Orte des Gutes kennen und kann sich einen soliden Eindruck darüber verschaffen, wie dieses aufgebaut ist. Dabei finde ich es sehr bemerkenswert, wie ein jeder Handlungsort mit mal mehr, mal weniger detailreichen Beschreibungen versehen wurde, letztlich aber alle sehr bildhaft sind und bei vielen hatte ich deutliche und mal mehr, mal weniger farbenfrohe Bilder vor Augen. Dies hing meist ein wenig mit der Stimmung zusammen, die jeweils mit einigen Protagonisten verbunden war. Auf jeden Fall hat jedes Setting, egal, wie viele Szenen dort stattfinden, eine gute und ordentliche Zeichnung erhalten, was zusammengefasst ganz viele feine Handlungsorte ergibt.

Es treten allerhand Personen auf und trotzdem hatte ich absolut keine Probleme damit, sie wiederzuerkennen und mir ihre Namen, als auch Berufe oder gesellschaftliche Stellungen zu merken. Einem jeden wurden vielfältige Merkmale zugeordnet, die sie einzigartig machen und die dabei helfen, dass sie so eingängige Charaktere erhalten haben.

Zudem mochte ich es sehr, dass viele Protagonisten mehrere Facetten ihrer Person gezeigt, sie sich entwickelt und gewandelt haben und erwachsener, teils auch weiser und souveräner geworden sind. Das ist in Anbetracht der langen Handlungszeit sehr wichtig und bei jedem Protagonisten zeigt sich ein reiferes Bild als am Anfang. Das wirkte sich auf eine lebendige und authentische Darstellung der Personen aus, die sehr gut durchdacht ist und mich, bis auf eine Person, überzeugen konnte. Ich mochte die Vielfalt und Abwechslung, die aufgetreten ist, man konnte sich von der Gesellschaft einen Eindruck verschaffen und außerdem beobachten, wie das Leben auf einem Gut ist, welche Pflichten anfallen und wie das Verhältnis der Gutsleute mit den Angestellten ist. Es entsteht ein rundes Bild, was mir sehr gut gefallen hat!

Ganz lange Zeit war mein Eindruck vom Buch sehr positiv und ich habe mich schon darauf gefreut, ihm eine Fünf-Sterne-Bewertung geben zu können. Bis ich bei den letzten ungefähr 70 Seiten angekommen bin. Da war für mich ein wenig die Luft raus, die Spannung war nicht mehr so stark vorhanden und zudem kommt hier eine Person deutlicher ins Spiel, die zwar sympathisch scheint, aber auch ein wenig zu positiv. Ich will über diesen Charakter nicht zu viel verraten, um niemanden zu spoilern, allerdings konnte ich mich mit ihr nicht recht anfreunden. Der Protagonist war freundlich, an ihm gibt’s nichts negatives zu benennen, allerdings zeigt er nur ein Gesicht von sich, ihm fehlt es ein wenig an Vielfalt und ich hätte mir gewünscht, dass er mehr Facetten von sich zeigt. Die Person, aber auch die verpuffte Spannung hat meinen eigentlich grandiosen Eindruck ein wenig geändert. Ich hatte zwar immer noch viel Freude beim Lesen und war daran interessiert, wie die Geschichte ausgehen wird, allerdings hatte sich meine bisherige Begeisterung etwas gelegt.

Fazit

Ach, was war es schön, wieder Gut Falkensee zu besuchen und einige Zeit in diesem wundervollen Setting zu verbringen. Und lange Zeit hat wirklich alles gepasst, angefangen von der Sprache, über die Personendarstellung, die Handlungsorte, die historischen Hintergründe. Ich hatte ganz viel Spaß beim Lesen, bin flüssig und problemlos durch die Geschichte gekommen und wurde oft von den Wendungen überrascht.

Bis dann die letzten ungefähr 70 Seiten angebrochen sind und ich leider von den Ereignissen nicht mehr so gefesselt wurde wie es bisher der Fall war. Das hat mich wirklich traurig gemacht, schließlich war ich bis dahin stark vollkommen begeistert und hatte gedanklich schon reinste Lobeshymnen formuliert. So ist das Buch für meinen Geschmack nicht ganz perfekt, aber trotzdem sehr empfehlenswert und spannend. Und deshalb freue ich mich bereits jetzt sehr auf den dritten Band der Reihe und werde die Augen offen halten, um keine Information darüber zu verpassen!

Bewertung: 4,5 von 5 Sterne

 
MarySophie
 
Vielen Dank an den Bastei Lübbe Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.
 
 
Meine Meinung zu dem ersten Band der Westpreußen-Saga:
 
 
Und auch dieses Buch der Autorin habe ich gelesen ( geschrieben unter einem anderen Pseudonym)
 
 

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