Handlung
Vicki Baum. Eine fortschrittliche Frau ihrer Zeit. Sie gilt als emanzipiert und talentiert. Sie schafft es anhand von wenigen Worten, die Leser in ihren Bann zu ziehen. Ihr Roman „Menschen im Hotel“ war ein Bestseller und ist noch heute ein weltbekanntes Werk. Mit ihrem Können schaffte es die Autorin, der Unterhaltungsliteratur eine neue Bedeutung zu geben. Vicki Baum gilt als Karrierefrau, sie wird von den Leserinnen verehrt und dafür bewundert, wie sie die Familie und ihren Beruf unter einen Hut bekommt. Doch wie tickte diese bekannte Dame eigentlich?
Meinung
Das Cover empfinde ich als absolutes Highlight. Nicht nur aufgrund der goldenen Details, sondern auch wegen der gesamten Szenerie. Es passt einfach alles zusammen und ich bin verzaubert von dem Anblick!
Im Hintergrund befindet sich eine Stadtszene in schwarz-weiß. Man sieht nicht nur die Straße mit den umliegenden Gebäuden, sondern auch einige Autos und Menschen, die die Gegend bevölkern. Am Rand befindet sich eine Dame, die dem Aussehen nach ein Stück weit an Vicki Baum erinnert. Sie ist in der Mode der 20er Jahren abgebildet und auch ihre Frisur und das Make-Up erinnern an diese Zeit. Dazu gibt es vor allem im oberen Drittel allerlei goldene Akzente, die das Gesamtbild einzigartig und besonders machen. Zudem bringt diese Farbe viel Eleganz und Klasse mit, sodass letztendlich ein rundes und stimmiges Cover entsteht.Von Vicki Baum habe ich leider noch kein Buch gelesen, allerdings ist mir die Theatervariante von Menschen im Hotel ein wenig bekannt, dieses Stück habe ich mal hinter den Kulissen miterlebt. Und obwohl ich damals von dem Inhalt nur wenig mitbekommen habe, steht der Roman seitdem auf meiner Wunschliste.
Als ich nun in der Verlagsvorschau das neue Werk von Heidi Rehn entdeckt habe, war mein Interesse sofort geweckt. Nicht nur das wunderschöne Cover hat meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen, sondern auch der Titel klingt vielversprechend. Die Inhaltsangabe hat ebenfalls verlockend geklungen und daher musste das Buch einfach auf meine Wunschliste und ich hatte richtig Lust darauf, es zu lesen. Natürlich war es daher eine riesengroße Freude für mich, den Roman als Rezensionsexemplar vom Verlag zu erhalten, wofür ich mich nochmals herzlich bedanken möchte!Ganz so leicht fiel mir der Start in die Geschichte leider nicht. Ich musste mich nicht nur an die Schreibweise und die neue Situation gewöhnen, sondern es brauchte auch ein bisschen, bis ich mich auf die Handlung einlassen konnte. Daher habe ich recht lange gebraucht, ehe ich mit dem Lesen so richtig vorangekommen bin, als dann einmal der Knoten geplatzt war, lief es immer besser und ich konnte der Geschichte irgendwann problemlos folgen.
Ich empfinde die Sprache als überraschend anspruchsvoll. Vor allem anhand von Wortgefechten, die Vicki sich immer wieder mit verschiedenen Personen liefert, wird die Schreibweise qualitativ angehoben. Ich fand diese Szenen sehr spannend, sie liefern starke Botschaften, bei denen ich besonders Vicki häufig zustimmen musste. Ich finde es einfach famos, wie sie manche Dinge äußert und sich dadurch ihren Rang in der Gesellschaft und in der Ullsteinschen Hierarchie erarbeitet hat. Aufgrund der einzigartigen Ausdrucksweise, die allgemein im Roman vorherrschend ist, lässt sich das Buch zwar gut lesen, jedoch bin ich mit dem Lesen nicht so schnell vorangekommen, wie ich es ursprünglich gedacht hatte. Immer wieder habe ich kleine Pausen gemacht. Entweder um über das Gelesene nachzudenken oder um mir manche Aspekte nochmals genauer vorzustellen. Das ergibt letztendlich ein schönes Gesamtbild und allein dadurch werde ich das Buch lange in Erinnerung behalten.Ich hätte mir gewünscht, dass es vor den Kapiteln eine kleine Anmerkung zu der Handlungszeit gibt. Mir hätte es schon ausgereicht, wenn es eine Monatsangabe gegeben hätte. Einfach um zu schauen, wo sich die Geschichte gerade befindet, wie lange Vicki Baum mittlerweile in Berlin lebt und bei Ullstein tätig ist und um eine historische Einordnung vornehmen zu können. Häufig lässt sich nur anhand der Jahreszeit ableiten, wie lange die Dame nun schon in Berlin lebt, ansonsten fällt mir das schwer. Mir hätte es daher gut gefallen, wenn man zur zeitlichen Einordnung eine kleine Hilfestellung erhält.
Ich finde, dass vor allem in jenen Szenen, wo Vicki der Führungsriege von Ullstein gegenübersitzt, viele Stimmungen ins Spiel kommen. Diese Abschnitte gehören auch zu jenen, die ich mir am besten vorstellen kann und ich finde, dass sie besonders gut gelungen sind. Ich kann häufig richtig gut nachvollziehen, wie sich die Autorin gerade fühlt und ihre Gedankengänge währenddessen sind sehr authentisch und lebhaft niedergeschrieben. Dies zusammen mit der Stimmung ergibt ein unglaubliches Bild, welches ich gern mag.
Ansonsten finde ich, dass Emotionen recht rar gesät sind. Sowohl solche, die von den Protagonisten ausgehen, als auch solche, die die Stimmung der Stadt einfangen. Ich habe abgesehen von genannten Szenen nie wirklich den Eindruck gehabt, dass ich mit Vicki mitfühle. Vielleicht liegt das auch daran, dass sie für meinen Geschmack zu wenige Emotionen zeigt und in dieser Hinsicht nicht viel Abwechslung zeigt...Die Geschichte wird aus der Sicht eines auktorialen Erzähler beschrieben. Dieser folgt durchweg Vicki und man kann als Leser gut erkennen, wie die Dame getickt hat, welche Interessen sie besitzt und wie ihr Tagesablauf aussieht. Ganz besonders gut hat es mir gefallen, dass man dabei auch allerhand über ihre Gedanken mitbekommt. Teilweise sind dies die einzigen Stellen, wo man merkt, dass Vicki zwar ihre Fassade einer taffen Frau aufrechterhält, es in ihrem Inneren allerdings ganz anders aussieht. Daher bin ich wirklich froh darüber, dass die Gedanken in so einer hohen Anzahl eingefügt wurden und man Vicki dadurch besser verstehen kann.
Vor allem anhand der Figur von Vicki Baum, sowie ihren Freunden und ihrer Familie werden historische Hintergründe in den Roman eingebunden. Man lernt, welchen Weg sie bisher gegangen ist und wie ihre Karriere gefördert wurde. Man kann schauen, wie ihre Bücher beim Publikum angekommen sind und welche Werbemaßnahmen Ullstein für die Romane genutzt hat. Dadurch, aber auch anhand einiger kleiner Details wie der Mode wird ein lebendiges Bild der Zeit gemalt, welches vielseitig ist und den Leser gut informiert. Ich finde es vor allem sehr interessant, wie viele im Buch geschilderte Situationen tatsächlich so geschehen sein könnten und finde, dass hinter dem Roman eine feine und ausführliche Recherchearbeit steckt.
Beim Setting steht Berlin eindeutig im Vordergrund. Das ist der Haupthandlungsort und man lernt verschiedene Ecken der Stadt gut kennen. Jeder Ort wurde gut und ausführlich beschrieben, sodass man sich ein solides Bild von fast jedem Setting machen konnte.
Besonders angetan hat es mir die kleine Wohnung von Vicki Baum, ich konnte mir diese unheimlich gut und bildreich vorstellen und ich habe es sehr gemocht, wie Vicki, aber auch ihre Familie und die Freunde das Zuhause mit Leben gefüllt haben. Leider hat mir die Darstellung des Verlagshauses von Ullstein nicht so gut gefallen. Allein deswegen, weil ich die Dimensionen nicht richtig herausarbeiten konnte und das gesamte Gebäude allgemein eine recht kühle Aura mit sich brachte.Ich finde die Anzahl der Figuren tatsächlich als recht überschaubar und gut zu merken. Viele Personen tauchen wiederholt auf, sie haben gute Wiedererkennungszeichen und wurden mit lebhaften Worten umschrieben. Mir sind alle auf Anhieb im Gedächtnis geblieben und ich mag es, wie man viele Figuren mit fortschreitender Handlung immer besser kennenlernt. Dabei werden verschiedene Charaktere in die Geschichte eingefügt, sodass eine hohe Vielfalt vorhanden ist, die ein authentisches Abbild der Gesellschaft darstellt.
Bei der Darstellung von Vicki Baum hätte ich mir lediglich gewünscht, dass sie noch mehr Facetten von sich zeigt, auch mal ihre wütenden oder traurigen Momente offen zeigt und sich nicht immer hinter ihrer Maske versteckt. Sie tritt durchweg als taffe und selbstsichere Frau auf, anhand ihrer Gedanken erkennt man allerdings, dass es teilweise ganz anders in ihrem Inneren aussieht. Und daher hätte es mir gut gefallen, wenn sie die Emotionen auch mal offener zulässt und sie nicht immer verbirgt.Fazit
Ich muss ehrlich sagen, dass ich mit hohen Erwartungen in den Roman gestartet bin. Ich weiß selbst nicht wieso. Vielleicht weil ich das Cover so schön finde und ich daher unbedingt wollte, dass die Handlung ebenso gelungen ist. Vielleicht aber auch, weil mir das Buch gefühlt überall begegnet ist und ich viel Werbung dafür gesehen habe. Daher war ich unglaublich gespannt auf die Handlung, die mir im Gesamten betrachtet auch wirklich gut gefallen hat. Ich hatte vergnügliche und interessante Stunden mit dem Buch. An zahlreichen Stellen konnte ich manche Zitate so unterschreiben und ich finde es stark, was teilweise für Botschaften vermittelt werden.
Allerdings fehlt bei mir noch was, um das Buch zu einem Highlight werden zu lassen. Ich denke, dass mehrere offen gezeigte Emotionen, allen voran von Vicki Baum, vielleicht der mir fehlende Punkt sein könnten. Nichtsdestotrotz wurde mein Interesse an der Autorin und ihren Werken geweckt und ich finde, dass der Roman einen guten und spannenden Eindruck ihrer Person hinterlässt.Bewertung: 4
von 5 Sterne
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