Montag, 31. August 2020

Rezension: This is (Not) a Love Song von Christina Pishiris

Titel: This is (Not) a Love Song
 Originaltitel: Love Songs For Sceptics (aus dem Englischen von Annette Hahn)
Autorin: Christina Pishiris
 Verlag: Aufbau TB
Seitenzahl: 416 Seiten
Preis: 12,99 €
Erscheinungsdatum: 18.08.2020
 ISBN: 978-3-7466-3699-3

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Handlung:

Zwei Faktoren haben Zoë´s bisheriges Leben bestimmt: die Musik und ihr bester Freund Simon, für den sie schon immer heimlich geschwärmt hat. Mittlerweile sind beide erwachsen und der Kontakt ist etwas eingeschlafen. Bis Simon eines Tages in London auftaucht. Er ist frisch geschieden, wird beruflich in die Hauptstadt Englands versetzt und schafft es noch immer, dass Zoë´s Herz schneller schlägt. Doch auch diesmal hat die Chefredakteurin wieder nicht den Mut, ihm ihre tiefe Zuneigung zu gestehen, denn allerhand andere Aspekte bestimmen gerade das Leben von Zoë. Sei es die Angst um ihre berufliche Zukunft, ein nerviger PR-Manager, den sie einfach nicht verstehen kann oder die Big Fat Greek Wedding ihres Bruders...

Meinung:

Ich finde das Cover unglaublich goldig. Ich empfinde das satte Grün als sehr auffällig, aber angenehm zu betrachten. Allein dadurch wird schon ein Teil der Aufmerksamkeit auf das Buch gelenkt. Dazu ergänzen sich die goldenen Details natürlich perfekt und ich finde den Vogelkäfig wunderbar altmodisch und niedlich. Darauf sind zwei Vögel zu sehen, die besondere Farbschattierungen haben und mir sehr gut gefallen. Zudem sind an der linken Seite noch ein paar Noten zu sehen, was auf den musikalischen Hintergrund des Buches hinweist und die gut zum Gesamtbild passen. Insgesamt kann mich das Cover vollkommen überzeugen und ich finde es einfach wundervoll. Mein Geschmack wurde auf jeden Fall getroffen und mir würde der Roman in einer Buchhandlung definitiv ins Auge fallen.

Mir ist das Buch in der Verlagsvorschau gar nicht aufgefallen, obwohl ich das Cover ganz toll finde. Dementsprechend war ich äußerst überrascht, als ich eines Tages ganz unerwartet ein Paket vom Aufbau Verlag erhalten habe und darin diesen Roman vorgefunden habe. Es war eine wunderbare Überraschung, über die ich mich sehr gefreut habe und auch der Klappentext klang interessant und ich hatte mich daraufhin auf eine abwechslungsreiche Geschichte gefreut. Ich möchte mich beim Aufbau Verlag für die unerwartete Zusendung des Romans ganz herzlich bedanken, es war eine gelungene Überraschung!

Vor ein paar Tagen war es dann so weit und ich habe mit dem Buch begonnen. Ich empfand die Schreibweise von der ersten Seite an als sehr locker, oft verständigten sich die Protagonisten umgangssprachlich. Daher hatte die Sprache recht wenig Anspruch, ließ sich flott lesen und hat mir größtenteils gut gefallen. Ich hatte den Roman innerhalb von vielleicht zweieinhalb Tagen ausgelesen, wenn ich mehr Zeit gehabt hätte, wäre dies auch schneller passiert.
Mir waren manchmal zu zügellose Anmerkungen dabei, die alle einen sexuellen Hintergrund hatten. Dies stört mich immer in Romanen, ich mag es einfach nicht und auch hier kamen solche Stellen leider mal vor. Auf diese hätte ich gut und gerne verzichten können, das hätte das Buch meiner Meinung nach auch aufgewertet.
Was mich häufig bei Liebesromanen, leider auch bei diesem stört, ist es, wenn die Protagonisten oft um den heißen Brei herumreden. So entstehen leicht Missverständnisse und ich habe dann immer das Bedürfnis, die Charaktere zu schütteln, damit sie aus dem Quark kommen. Ich finde, in dem Roman sind die Personen Meister darin, umeinander herumzureden und dabei alles Wichtige für sich zu behalten. Ganz häufig musste ich mit dem Kopf schütteln und habe mir gewünscht, dass einmal alle Personen ihre Gedanken frei aussprechen und somit gar nicht erst Konfliktpotenzial entstehen kann. Aus diesem Grund entstanden für mich auch ein paar Längen und manche Szenen hätte man durchaus kürzen können, um nicht ständig das gleiche Schema von Zankereien und Missverständnissen zu nutzen.

Als sehr schönes Detail empfand ich die Kapitelüberschriften, die aus Songtiteln bestehen. Es passt perfekt zu der Handlung, die sich häufig um die Musikbranche und ihre Vor- aber auch Nachteile dreht und für mich fast alle unbekannt waren. Teils hatte ich mir nach dem Lesen des jeweiligen Kapitels den Song im Internet gesucht, um einen Eindruck von dem Lied zu erhalten.

Es gibt einen groben und leicht oberflächlichen Einblick in die Musikbranche, was ich positiv fand. So lernt man als Leser Teile dieser Welt kennen, um die sich einige Seiten im Roman drehen. Und ich fand es auch vollkommen in Ordnung, dass dies sich nicht seitenweise erstreckt, sondern immer mal kleine Informationen zur Musikwelt vorhanden sind. Damit konnte das Buch bei mir Pluspunkte sammeln.

Als sonderlich stimmungsvoll fand ich den Roman nicht. An keiner Textstelle hat sich bei mir irgendeine Stimmung übertragen, ich habe nie mit den Protagonisten mitfiebern können.
Auch die romantischen Szenen hauen mich nicht vom Hocker, sie kommen emotionslos und langweilig daher. Beziehungen oder solche, die es werden könnten, wirken nicht authentisch, sondern sehr konstruiert und ich verstehe nicht so recht, was die Protagonisten aneinander finden.

Die Anzahl der Protagonisten empfand ich als ganz angenehm. Damit hatte ich überhaupt keine Probleme, zumal die Namen sich nicht wirklich ähneln und die Personen recht deutlich gezeichnet wurden. Einem jeden wurden Attribute und Eigenschaften verpasst, die sie auszeichnen und einmalig machen. Daher gibt es einen hohen Wiedererkennungswert und die Charaktere bleiben sich treu.
Und obwohl es deutliche Zeichnungen gibt und jeder Protagonist sich abhebt, bin ich mit niemandem warm geworden. Alle sind mir egal geblieben und ich muss auch ehrlich sagen, dass ich sie schnell vergessen werde. Gerade an den Hauptprotagonisten hatte ich einiges auszusetzen und anhand von vielen Aussagen und Aktionen haben sie sich bei mir unbeliebt gemacht. Ganz viel damit zu tun hatte natürlich das ständige Missverstehen voneinander, was mir irgendwann sehr auf den Keks ging und weshalb ich mir das Ende des Buches herbeigesehnt habe.
Mir haben tatsächlich einige Nebencharaktere besser gefallen. Allen voran Zoë´s Familie empfand ich als sympathisch und bodenständig, sie haben zueinandergehalten und sich immer unterstützt. Mir hätte es gefallen, wenn es mehr Szenen mit ihnen gegeben hätte, es herrschte eine wunderbare Dynamik und diese Textstellen haben mir durchweg am besten gefallen.
Leider hat Zoë nur wenig von der sympathischen Art ihrer Familie erhalten. Sie ist mir zu verbissen und obwohl sie Chefredakteurin ist finde ich, dass sie nur selten mal im Büro anzutreffen ist sondern sich gerne trieben lässt. Man merkt, dass Musik ihre Passion ist, aber ich bin mir nicht sicher, ob es beruflich auch das Richtige für sie ist. Und auch charakteristisch finde ich Zoë nicht sonderlich sympathisch. Sie versucht immer gewitzt und selbstbewusst aufzutreten, doch ich finde, dass sie das genaue Gegenteil dessen ist. Ich habe durchweg mit ihrer Person gehadert und finde sie als Hauptprotagonistin etwas schwach und langweilig, teilweise unreif und kindisch.
Meine Lieblingsfigur war Alice, die künftige Schwägerin von Zoë. Sie ist ein bodenständiger und gefühlvoller Mensch, der eindeutig das Herz am rechten Fleck trägt. Sie hat vernünftige Hinweise gegeben und kommt grundehrlich und liebreizend daher. Für mich war Alice eindeutig ein Lichtblick mit ihrem normalen und freundlichen Charakter!

Fazit:

Ich glaube, dass es mir lange Zeit nicht mehr so schwer gefallen ist, eine Rezension zu schreiben. Irgendwie ist mir nicht viel zu dem Roman eingefallen, was ich sagen möchte und davon waren leider viele Aspekte negativ. Und dabei habe ich wirklich geschaut, dass ich auch die positiven Punkte erwähne, die durchaus, wenn auch in geringer Anzahl vorhanden waren.
Zusammenfassend konnte mich das Buch leider nicht überzeugen, ich mochte weder die Hauptprotagonisten, noch die Stimmung und auf Dauer haben mich die ständigen Missverständnisse und die daraus resultierenden Streitereien gestört. Ich hatte nach dem Betrachten des wunderschönen Covers und dem ansprechenden Klappentext mehr erwartet und bin leider enttäuscht von dem Roman.

Bewertung: 2 von 5 Sternen

MarySophie 

Vielen Dank an den Aufbau Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars! 
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.


Freitag, 28. August 2020

Rezension: Das Juliusspital - Ärztin in stürmischen Zeiten von Claudia und Nadja Beinert

Titel: Das Juliusspital - Ärztin in stürmischen Zeiten
Autorinnen: Claudia und Nadja Beinert
Verlag: Knaur Taschenbuch
Seitenzahl: 512 Seiten
Preis: 10,99 €
 Erscheinungsdatum: 03.08.2020
 ISBN: 978-3-426-52377-3 

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Handlung:

Würzburg, Ende des 19. Jahrhunderts
Henrike fühlt sich nach einem Besuch des Juliusspitals wie magisch angezogen von dem Gebäude. Und das, obwohl ein Großteil der Bevölkerung das Spital immer noch mit Misstrauen betrachtet.
In Henrike reift ein Plan: sie möchte Medizin studieren. Doch schon wie ihre Großmutter Vivianna muss die junge Frau für diesen Wunsch kämpfen, noch immer gibt es ein Immatrikulationsverbot für Frauen. Um erste Erfahrungen des Klinik-Alltags zu sammeln, nimmt Henrike eine Stellung als Reserve-Wärterin in der Psychiatrie an, ganz ohne das Wissen der Eltern, die dies niemals erlauben würden. Und während ihrer Zeit im Spital wird sie Zeugin von Entdeckungen, die großes medizinisches Potenzial haben. Allen voran entdeckt Professor Röntgen die „Zauberstrahlen“...
Im Juliusspital lernt Henrike einen französischen Medizinstudenten kennen und schon bald träumt sie von einer gemeinsamen Zukunft. Doch Henrike muss vorsichtig sein und einen geschickten Zeitpunkt abwarten, um die Eltern in ihre Wünsche und Geheimnisse einzuweihen. Und auch vor der Tuberkulose, die in Würzburg Einzug hält, sollte sich die junge Frau in Acht nehmen...

Meinung:

Das Cover orientiert sich stark an dem des ersten Teils. Es gibt einen gleichen Aufbau, auch wenn diesmal kleine Details geändert wurden. Als besonderes Highlight dient für mich noch immer die goldene Schrift des Untertitels und der Abbildung des Spitals oben rechts. Ich mag das Glitzernde sehr und finde, dass es Glanz und Klasse in das Bild hineinbringt. Unten rechts ist wieder ein Gebäude zu sehen, welches das Juliusspital darstellt. Es passt thematisch natürlich perfekt zu der Geschichte und man kann sich auf diese Weise ein erstes Bild von dem Spital machen.
Am unteren linken Rand wendet sich eine Frau halb dem Leser zu. Anhand einiger äußerlicher Details bringe ich sie mit Henrike in Verbindung, gerade die rötlichen Haare stimmen mit ihrer Figur perfekt überein. Sie ist modisch und ausgewählt gekleidet, man merkt, dass sie einer feineren Schicht angehört.
Es gibt auf dem Cover also allerhand zu entdecken und häufig lässt sich eine Verbindung zu der Geschichte ziehen, was mir gut gefällt. Es ist ein harmonisches und stimmiges Cover, welches rund ist und sich aus der Menge abhebt.

Erst im Juni hatte ich Band eins der Reihe gelesen, welchen ich ganz hervorragend fand. Ich emfand die Charaktere als angenehm, dem Roman liegt wieder eine wunderbare Recherche zugrunde und ich mochte das Buch irgendwann gar nicht mehr aus der Hand legen. Daher stand es für mich außer frage, dass ich auch unbedingt die Fortsetzung lesen und noch mehr über das Juliusspital erfahren möchte. Jetzt war es endlich so weit und ich habe mich sehr auf das Wiedersehen mit Vivianna gefreut. Auch an dieser Stelle möchte ich mich nochmals herzliche beim Droemer Knaur Verlag für das Rezensionsexemplar bedanken!
Noch vor dem Beginn des Romans erwartet den Leser ein ausführliches und in Kategorien eingeteiltes Personenverzeichnis. Zu jedem wird kurz etwas gesagt, es werden Verwandtschaftsverhältnisse aufgezeigt oder der Beruf wird genannt. So kann man sich bereits ein erstes Bild machen, kann sehen, welche Protagonisten noch aus dem ersten Band bekannt sind und welche neu hinzukommen. Zur Vorbereitung auf die eigentliche Lektüre ist es perfekt und ich mag die Auflistung der handelnden Personen ja eh immer sehr gern.

Der Roman wird in drei Teile gegliedert, die insgesamt acht Jahre umfassen. Ein jeder Teil hat eine Überschrift, die perfekt zu den kommenden Seiten passt und kurz und prägnant das Folgende zusammenfasst. Erst während des Lesens machen die Überschriften Sinn und ich finde es faszinierend, wie man für so viele Seiten so kurze und prägnante Titel findet!
Am Anfang neuer Kapitel ist stets vermerkt worden, in welchem Monat und Jahr die folgende Handlung spielen wird. Über diese Information bin ich sehr glücklich gewesen, wie ich erwähnt hatte gibt es einen größeren Handlungszeitraum. Starten tut die Geschichte 1895 und sie endet 1903, was gesamt acht Jahre umfasst. In diesen Jahren geschieht viel, nicht nur politisch, sondern auch in den Leben von Vivianna und ihren Nachkommen. Daher fand ich es schon ansprechend, dass Jahreszahlen genutzt wurden, man sich auf diese Weise zeitlich orientieren kann und dieses Detail macht die Geschichte auf jeden Fall rund.

Auch diesmal gibt es wieder einen Erzähler, der unparteiisch bleibt und auf eine neutrale Weise die Ereignisse anschaulich beschreibt. Man kann vollkommen frei entscheiden, welche Protagonisten man als sympathisch einstuft und gegenüber welchen man Unbehagen empfindet, was ich immer gerne mag. Zudem gibt es keine Figur, der man ausschließlich durch den Roman folgt, sondern hier wechseln sich die Personen immer wieder ab. Im besonderen Mittelpunkt stehen zwar Vivianna, Ella und Henrike, aber auch Ärzte des Juliusspitals erhalten ein paar Abschnitte und werden dem Leser auf diese Weise nähergebracht. Die Handlung gestaltet sich als abwechslungsreich und ich fand es interessant, dass so viele Personen zu Wort kommen und man Einblicke in die Welt von ganz unterschiedlichen Personen bekommt. Zudem wird so ein Bild der Gesellschaft gezeichnet, was eindringlich ist und authentisch wirkt.

Für mich gestaltete es sich als unproblematisch, mich auf die Handlung zu konzentrieren und darauf einzulassen. Ich glaube das liegt auch daran, dass die Handlung einige Jahre nach Band eins einsetzt und diesmal Henrike etwas mehr im Fokus steht. Viviana taucht zwar immer noch häufig auf, aber ihre Erlebnisse werden im ersten Teil erzählt und jetzt macht sie ein Stück weit der jüngeren Generation Platz.
Ich mochte die Schreibweise sehr gerne, sie war flüssig zu lesen und half mir dabei, mir die Protagonisten, aber auch das Setting vorzustellen. Die Ereignisse werden also auf eine lebendige Art erzählt und ließen so verschiedenste Bilder vor Augen entstehen.
Wobei ich in diesem Punkt sagen muss, dass die Medizin meiner Meinung nach diesmal einen kleineren Teil des Romans einnimmt. Sie wird noch häufig genannt und es gibt auch immer wieder Kapitel, die sich rund um Forschungsergebnisse und Untersuchungsmethoden drehen, aber sie haben abgenommen. Stattdessen werden sie eher nebenbei in den Roman eingestreut und waren deshalb für mich leichter zu verstehen und besser nachvollziehbar. Fand ich sehr angenehm und anhand der Nennung von medizinischen Zusammenhängen erhält die Schreibweise einen angenehmen Anspruch, zudem merkt man an ihnen die ausführliche Recherchearbeit der Autorinnen.

Vor allem mit ihrem Wissen rund um die Medizin und von neuen Forschungsergebnissen können die Schwestern punkten und noch dazu ist es ihnen gelungen, die erworbenen Kenntnisse auf eine einfache und anschauliche Art an den Leser zu übermitteln. In diesem zweiten Band ist es mir viel leichter gefallen, die Zusammenhänge zu erfassen und zu verarbeiten. Ich stelle mir dies schwierig vor und finde, dass die medizinischen Aspekte diesmal noch besser dargestellt wurden und auch für Laien einfacher zu verstehen waren.
Im besonderen Fokus stehen diesmal die bekannten Röntgenstrahlen. Ich denke mal, dass jeder davon schon gehört hat, doch ich habe mich noch nie damit beschäftigt, wie diese entdeckt wurden und wie sie überhaupt funktionieren. Gerade die Zwistigkeiten, die um die Beobachtung neuer Strahlen entstanden sind waren mir vollkommen neu und ich fand diesen Aspekt sehr spannend und bin froh, dass solche Anekdoten eingebunden wurden.
Dazu gibt es noch viele Informationen rund um das Frauenwahlrecht und das Immatrikulationsverbot der weiblichen Bevölkerung, was auch schon im ersten Band eine bedeutende Rolle gespielt hat. So wird der Fokus noch ein wenig weg von der Medizin gelenkt und man erhält einen Einblick in ein Thema, welches allerhand Frauen beschäftigt hat, die sich mehr Rechte und Freiheiten gewünscht haben.

Mir hat leider durchweg die Spannung gefehlt. Klar handelt es sich hier nicht um einen Krimi, aber ich ich wurde nie so richtig überrascht und teilweise entstanden leider auch kleine Längen. Ich habe gerne in dem Buch gelesen, doch manchmal hatte ich das Gefühl, als würde die Handlung etwas vor sich hin plätschern und nur selten geschieht mal etwas vollkommen überraschendes. Und selbst wenn dies geschah, hatten die Ereignisse nie so eine Wucht, dass es mir den Boden unter den Füßen weggezogen hätte. Mit einigen Folgen hatte ich nicht gerechnet, doch sie gaben der Handlung nur selten mal eine komplett neue Wendung. In diesem Punkt ist für mich noch Platz nach oben.

Ich mochte es sehr, dass es auch diesmal wieder eine Einheit des Settings gibt. Jede einzelne Szene spielt in Würzburg und man lernt als Leser verschiedene Ecken kennen. Wobei diesmal die Stadt nicht in so einer ausführlichen Art wie im ersten Band dargestellt wird, was ich gar nicht schlimm fand. Diesmal lag der Fokus noch mehr auf anderen Themen, zudem wurden einige Stadtteile bereits im Vorgängerroman ausführlich beschrieben und diese sind mir noch vage in Erinnerung geblieben.
Auch diesmal kann man mit den Protagonisten sowohl die feineren Gegenden als auch die Armenviertel kennenlernen und auf diese Weise entsteht ein breites Bild der Stadt mit ihren Unterschieden. Dadurch empfand ich die Darstellung Würzburgs sehr natürlich und bodenständig und ich mochte die Vielfalt, die dadurch vermittelt wird.
Am besten vorstellen konnte ich mir die Abteilungen der Psychiatrie im Juliusspital. Ich weiß selbst nicht, weshalb, aber sie ließen die lebendigsten Bilder vor meinen Augen erscheinen und infolge dessen mochte ich diese Kapitel auch am meisten. Vielleicht konnte ich mir diesen Ort am besten vorstellen, weil die Welt eine andere ist und viele Dinge außerhalb der Mauern nicht zählten. Vielleicht weil Henrike jeden Freitag mit einer Inbrunst ihren Dienst angetreten hat und mich ihr Verhalten in der Abteilung berührt hat.
Ich mochte es, wie an manchen Orten ganz bestimmte Stimmungen zu spüren waren, die sich auch auf mich übertragen haben. Wenn ich die Kapitel in der Psychiatrie gelesen habe wurde ich ruhiger und besonnener, währenddessen verströmte das Elternhaus von Henrike eine Kälte und Steifheit, die einfach unangenehm war. Dadurch war es mir noch besser möglich, mir das Setting vorzustellen und es hat sich noch mehr hervorheben können.

Wie ich schon erwähnt hatte mochte ich es sehr, dass man selbst bestimmten kann, welche Protagonisten man als sympathisch oder unsympathisch einstuft. Und ich mochte auch die Vielfalt, die auftritt. Von hochrangigen Professoren über angesehene Personen der Gesellschaft bis hin zu einfachen Wärterinnen im Spital. Gesellschaftlich sind viele Menschen vertreten, die für unterschiedliche Lebensweisen, aber auch für kulturelle Vielfalt stehen.
Henrike empfand ich als ganz angenehm, sie ist eine sympathische junge Frau, deren Weg ich gerne verfolgt habe. Es hat mir gefallen, mit wie viel Herzblut sie bei der Sache ist und für ihre Wünsche kämpft. Das zeugt von einem starken Wesen, was sie viele Male unter Beweis gestellt hat. Und trotz allem ist Henrike immer sehr bodenständig und normal geblieben. Sie hat sich weiterentwickelt, ist nicht nur älter geworden, sondern auch deutlich erwachsener und hat auf manche Dinge einen neuen Blickwinkel erhalten. Lediglich in Liebesangelegenheiten habe ich Henrikes Entscheidungen nicht immer unterstützt...
Ich fand es schön, dass Vivianna wieder auftritt und man sie nochmal anders erleben kann. Mittlerweile ist sie eine Rentnerin, die sich aber noch nicht dem Müßiggang widmen möchte, sondern noch immer Menschen heilen will. Zudem erfährt man ein wenig, was bei ihr in den Jahren geschehen ist, die zwischen den beiden Romanen liegen. Diesmal habe ich es kritisch angesehen, dass Vivianna für mich immer etwas schwach und nicht mehr so durchsetzungsfähig aufgetreten ist. Oft hat sie trotzdem das letzte Wort behalten, aber ihr fehlte für viele Dinge die Leidenschaft. Das fand ich schade, denn leider kann ich die junge Vivianna mit der gealterten kaum in Verbindung bringen.

Fazit:

Ich hatte wieder viel Vergnügen dabei, ins die Welt der Winkelmann-Frauen zu reisen und mir hat die Fortsetzung gut gefallen, auch wenn ich sagen muss, dass sie nicht an den ersten Band heranreicht. Dafür fehlte mir Spannung und ich war von der Darstellung Viviannas etwas enttäuscht. Nach langem Überlegen werde ich für diese zwei Aspekte einen Stern abziehen, trotzdem bin ich sehr froh, diesen Teil ebenfalls gelesen zu haben. Denn es war unglaublich spannend zu verfolgen, wie immer mehr Frauen für ihre Rechte gekämpft haben und auch die Einblicke in das Leben im Juliusspital waren einzigartig!
Ich bin froh, die neue Reihe der Beinert-Schwestern gelesen zu haben, ich wurde gut unterhalten und konnte mein Wissen deutlich erweitern, was immer viel wert ist. Eine tolle Reihe, die ein würdiges Ende gefunden hat und allein durch die Fülle an Informationen ein Leseerlebnis darstellt!

Bewertung: 4 von 5 Sternen

MarySophie 

Vielen Dank an den Droemer Knaur Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars! 
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Ein weiterer Roman der Autorinnen, welchen ich empfehlen möchte:

Dienstag, 25. August 2020

Rezension: Wunder - Julian, Christopher und Charlotte erzählen von Raquel J. Palacio

Titel: Wunder - Julian, Christopher und Charlotte erzählen
Originaltitel: Auggie & me: Three Wonder Stories ( aus dem Englischen von André Mumot)
Autorin: Raquel J. Palacio
Verlag: dtv Verlag Reihe Hanser
Seitenzahl: 416 Seiten
Preis: 9,95 €
Erscheinungsdatum: 30.11.2018
 ISBN:  978-3-423-62688-0

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Handlung:

Julian mochte Auggie von der ersten Sekunde an nicht, den wahren Grund kennen nur er und seine Eltern. Den seit er Auggie kennt, sind seine nächtlichen Albträume zurückgekehrt. Und deshalb mobbt Julian den Jungen.
Christopher und Auggie hingegen kennen sich schon seit ihrer Kindheit und haben immer ähnliche Interessen miteinander geteilt. Doch dann ist Christopher mit seiner Familie weggezogen und die ehemals besten Freunde sehen sich immer seltener. Und so gerne Christopher manchmal an alte Zeiten zurückdenkt, ist er auch froh, dass Auggie nicht mehr im Mittelpunkt des Geschehens steht.
Charlotte findet Auggie in Ordnung. Vor allem aber wünscht sie sich, dass er eines Tages von allen Schülern so akzeptiert wird, wie er es verdient. Und dabei lernt Charlotte auch, welche Freunde ihr wirklich wichtig sind und was sie sich wünscht...

Meinung:

Auch dieses Cover haut mich nicht um. Ich mag immer noch die Idee, die Buchstaben des Titels in so kleinen Kreisen anzuordnen, es wirkt frisch und grenzt sich von den anderen Büchern ab. Doch ich mag die auffallend grüne Hauptfarbe nicht und ich finde es auch nicht so gut, dass sich wieder ein Junge auf dem Bild befindet, der sein Gesicht unter einem Karton versteckt. Das alles ist mir etwas zu unruhig und ich finde es wirklich schade, dass ich nichts positiveres zum Cover sagen kann, gerade weil mir die Geschichte so gut gefällt.

Im Juni hatte ich die Verfilmung des Buches „Wunder“ gesehen, im Juli dann die Jugendbuchvorlage dessen, welche mir richtig gut gefallen hat. Und weil mich das Buch so begeistert hat, musste ich auch unbedingt dieses zusätzliche Werk lesen, in dem andere Blickwinkel beschrieben werden. Kurzerhand habe ich es mir also bei Arvelle bestellt und es auch direkt begonnen. Ich wollte einfach nicht noch warten, sondern die Wunder-Reihe für mich abschließen.

Allein das Vorwort hat mir schon richtig gut gefallen und ich befürworte die Entscheidung der Autorin, dass sie keine direkte Fortsetzung schreiben wird. Ich finde, dass die Geschichte um Auggie ein fantastisches und runde Ende bekommen hat und sie aussagekräftig genug ist. Von daher war ich sehr gespannt darauf, wie die Geschichten von Charlotte, Christopher und Julian aufgezogen werden, welche Rolle Auggie darin spielen wird und wie Zusammenhänge und Verbindungen zum anderen Buch gezogen werden.
Ich finde, dass man für dieses Buch zwingend auch „Wunder – Sieh mich nicht an“ gelesen haben muss. Ansonsten kann man der Geschichte zwar gut folgen, aber man erhält nicht sonderlich viele und wichtige Informationen, um alle Hintergründe zu verstehen und nachzuvollziehen. Dafür ist dann das Wissen aus der Hauptgeschichte wichtig. Daher würde ich auch ans Herz legen, zuerst Wunder zu lesen und danach erst diese Storys.

Ich bin ohne Probleme in die Geschichte gestartet und habe direkt wieder gemerkt, wie das Buch mich in seinen Bann zieht. Ich habe Seite um Seite gelesen und die drei Geschichten viel schneller ausgelesen gehabt, als ich eigentlich wollte. Wozu auch die Schreibweise beigetragen hat. Diese war eingängig und einfach gehalten, oft driftete sie etwas ins umgangssprachliche ab. Sie ist durchaus auch an eine jüngere Zielgruppe angepasst worden, doch auch als Erwachsene macht es viel Freude, sich fallen zu lassen und auf Julian, Christopher und Charlotte einzulassen.
Jedes der drei Kinder erhält eigene Kapitel, wobei auch zwischen den Kapiteln immer wieder die Sprache wechselt. So wurde eine jede Person nochmals lebendiger und man merkt, dass sich die Autorin intensiv mit ihren Protagonisten beschäftigt hat.

Ich finde, dass es auch diesmal wieder eine wunderbare Stimmung gibt, vor allem in den Geschichten von Christopher und Charlotte kamen diese besonders stark heraus. Bei diesen beiden konnte ich richtig mitfühlen und war begeistert davon, wie viel Emotionalität gezeigt wurde und wie viele Facetten die Protagonisten von sich gezeigt haben. Jedes Gefühl und jede Stimmung, die gezeigt wurde, wirkte natürlich und in keiner Weise aufgesetzt. Ich habe den Charakteren alles abgenommen und fand sie in ihrem natürlichen Auftreten wunderbar erfrischend und sympathisch.

Obwohl um das Setting nicht viele Worte verloren werden, waren für mich viele Orte trotzdem gut vorstellbar. Sei es die Schule, das Haus von Julians Großmutter oder die Wohnhäuser der drei Kinder, eines haben alle gemeinsam: sie ließen Bilder vor meinen Augen entstehen. Ich mochte es, wie man seiner Fantasie freien Lauf lassen kann und man in dieser Hinsicht nicht alles auf dem Silbertablett präsentiert bekommt. Zudem hätte es auch schnell dazu kommen können, dass der Rahmen gesprengt wird und das Setting einen zu großen Platz einnimmt, den der Fokus liegt eindeutig auf den drei Kindern und ihren Wünschen und Ängsten. Und dabei wird wirklich in die Tiefe gegangen. Jeder der drei Protagonisten hat eigene Probleme, die alle unterschiedlicher Natur sind. Man lernt ihre Hoffnungen kennen und erfährt die Gründe, weshalb sie sich auf ihre Weise mit Auggie anfreunden oder ihn meiden, gar mobben. Man lernt die Geschichte des kleinen Jungen auf eine andere Weise kennen und erfährt nun den Blickwinkel von drei Personen. Wie sie mit Auggies Gesichtsdeformation umgehen, was sie über ihn, aber auch über das Verhalten von Klassenkameraden denken und wie sie Situationen einschätzen. Es wird ein nochmal breiteres Bild gegeben, was die Hauptgeschichte von August Pullman ergänzt und noch runder macht.

Im besonderen Mittelpunkt stehen die drei Kinder Julian, Christopher und Charlotte. Sie unterscheiden sich in ihren Wesen komplett, haben unterschiedliche Ziele und Freundeskreise und treten überraschend unabhängig auf. Klar, in entscheidenden Angelegenheiten haben immer noch die Eltern das letzte Worte, doch auch so finde ich die Drei sehr selbstständig.
Obwohl eigentlich nicht sehr viel Platz für eine ausgeprägte Charakterzeichnung bleibt, ist es der Autorin trotzdem gelungen, einem jeden Protagonisten Leben einzuhauchen. Egal ob sie nur einen kurzen Auftritt haben oder wiederholt auftauchen: jeder hat Eigenarten bekommen und war dadurch einzigartig. Man konnte deshalb auch die Eltern der Drei ganz gut kennenlernen und mir war es möglich, sie ein wenig einzuschätzen und zu bewerten. Aufgrund der recht kurzen Seitenanzahl von 416 Seiten finde ich dies mehr als bemerkenswert.
Es war interessant zu sehen, dass bei den Kindern eine Entwicklung zu sehen war, sie Fehler eingesehen haben oder bemerkt haben, welche Personen die wahren Freunde sind. Diese Wandlung haben alle drei vollzogen und ich finde es bemerkenswert, was ein Treffen mit einem Menschen mit Deformation mit einer Person machen kann. Ich würde behaupten, Julian, Christopher und Charlotte haben sich zum positiven entwickelt, sind reifer geworden und haben durch die Begegnung mit Auggie einen anderen Blickwinkel auf das Thema Schönheit und Aussehen bekommen. Denn egal wie schlecht der Junge manchmal behandelt wurde, immer wieder hat er mit seiner freundlichen und liebenswerten Art gezeigt, was wirklich wichtig ist und man sich durch seinen Charakter definieren soll.
Ich mochte es sehr, dass diesmal auch noch mehr andere Klassenkameraden und Schüler der Beecher Prep erwähnt werden und sie mehr im Mittelpunkt stehen. Man lernt noch andere Charaktere kennen, erfährt ihre Eigenarten und wie sie sich in ihrem Freundeskreis verhalten, mit was für Problemen sie gerade zu kämpfen haben. Dadurch entsteht ein breites Bild der Schule und ich fand die Vielfalt an Personen sehr angenehm.
Auggie selbst hat in dem Jugendbuch nur wenige Auftritte. Meist wird er nur erwähnt, selten mal kommt er zu Wort. Wenn dies der Fall ist, dann sehe ich direkt wieder den kleinen Jungen vor mir, höre seine Stimme (also die des Schauspielers) und kann mir den jeweiligen Gesichtsausdruck bestens vorstellen. Einerseits mochte ich es, dass Auggie nur selten auftaucht, so liegt der Fokus eindeutig auf den anderen drei Kindern. Gleichzeitig habe ich ihn so ins Herz geschlossen, dass ich auch gerne noch mehr Szenen mit ihm gehabt hätte.

Fazit:

Ich bin tatsächlich traurig, dass ich das Jugendbuch ausgelesen habe und mich auf keine andere Geschichte freuen kann, bei der Auggie in irgendeiner Weise auftritt. Klar, gibt es noch die Maximen, denen ein Buch gewidmet wurde, doch diese stehen aktuell nicht sehr weit oben auf meiner Wunschliste. Vielleicht mal in der Zukunft.
Ich weiß gerade gar nicht recht, was ich sagen soll. Ich bin auch von den drei Geschichten von Julian, Christopher und Charlotte begeistert und bin sehr, sehr froh, sie gelesen zu haben. Ich konnte mich beim Lesen fallenlassen, hatte viel Freude und Interesse an der Handlung und bin nicht nur von der Personenzeichnung hin und weg, sondern auch von den drei Schicksalen. Es hat mir einfach unglaublich gut gefallen, wie natürlich die Kapitel beschrieben wurden, es gab Einblicke in ganz normale Lebensläufe, in denen nicht ständiges Drama eingestreut wird. Es sind ganz bodenständige Beschreibungen, die mich mitgerissen haben und das Buch zu etwas Besonderem machen. Eine ganz große Leseempfehlung meinerseits, die zwei Wunder-Bücher sind absolute Highlights und reine Herzensbücher!

Bewertung: 5 von 5 Sterne

MarySophie 

Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.

Samstag, 22. August 2020

Rezension: Grandhotel Schwarzenberg - Der Weg des Schicksals von Sophie Oliver

Titel: Grandhotel Schwarzenberg - Der Weg des Schicksals
 Autorin: Sophie Oliver
 Verlag: Lübbe
Seitenzahl: 320 Seiten
Preis: 10,00 €
Erscheinungsdatum: 28.07.2020
 ISBN: 978-3-404-18062-2

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Handlung:

Bad Reichenhall 1905
Bad Reichenhall ist ein luxuriöser und exklusiver Kurort in den bayerischen Alpen, aber auch hier treffen Personen unterschiedlicher Stände aufeinander. Der Salzsieder Michael verliebt sich in die Tochter eines einfachen Häuslers und Trifters und zuerst hat Anna ihre Bedenken. Doch die Liebe ist zu stark und das Paar wünscht sich eine gemeinsame Zukunft. In der Hoffnung auf ein besseres Leben möchte Michael in der Ferne nach seinem Glück suchen und gelobt Anna, dass er sie nachholen wird.
Zuerst hält Anna an dem Plan fest, doch irgendwann muss sie eine Entscheidung treffen und um ihr Überleben zu sichern, heiratet sie einen anderen Mann. Und dabei ist sie immer auf der Suche nach ihrem Platz in dem mondänen Kurort...

Meinung:

Ich finde das Cover in Ordnung, ich mag die vielen rötlichen Akzente, die ein rundes Bild ergeben. Natürlich ist der Hintergrund sowohl mit der beeindruckenden Berglandschaft, als auch mit dem würdevollen Haus sehr eindrucksvoll und die Szenerie ist einfach wundervoll. Im Vordergrund fällt der Blick direkt auf eine Frau, die sich halb dem Leser zuwendet, ihn aber nicht direkt betrachtet. Finde ich in Ordnung und sie gliedert sich sehr gut in das Gesamtbild ein. Ich hätte es vielleicht noch etwas schöner gefunden, wenn der Name der Autorin, als auch der Untertitel des Romans etwas stärker hervortreten würden und mehr Präsenz hätten. Insgesamt aber ein sehr schönes und stimmiges Bild!

Schon seitdem das E-Book erschienen ist, hatte ich großes Interesse an dem Roman. Mich hat die Geschichte um Anna und Michael direkt angesprochen und mein Interesse war definitiv geweckt. Da ich kein Freund von Büchern in diversen elektrischen Formaten bin, habe ich geduldig bis zum Erscheinungstermin des Taschenbuchs gewartet und mich jetzt riesig darauf gefreut, endlich selbst den Roman lesen zu können. Dies wurde mir vom Bastei Lübbe Verlag ermöglicht, welcher mir das Buch freundlicherweise als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat. Nachdem ich also gefühlte Ewigkeiten von dem Buch gelesen habe, konnte ich es endlich selbst lesen:)a

Am Anfang gibt es eine kleine Auflistung mit den handelnden Personen und bereits daraus wird ersichtlich, dass sich diese auf ein angenehmes Maß beschränken. Zudem waren sie vollkommen ausreichend für den 320 Seiten starken Roman, alles andere wäre zu überfüllt gewesen.
Ich bin ohne Probleme in die Handlung gestartet, bin sowohl mit der Schreibweise, als auch mit den Protagonisten gut ausgekommen. Es herrscht ein recht einfacher Schreibstil vor, der ein schnelles Lesen ermöglicht und immer genau so viel Informationen preis gibt, wie man für die derzeitige Situation benötigt. Immer wieder zeigt sich, dass es kleine Geheimnisse gibt, die nach und nach gelüftet werden und dadurch die Spannung leicht oben halten.
Anhand vieler kleiner Details wird eine ausführliche Recherche vonseiten der Autorin sichtbar, immer wieder gibt es viele Erwähnungen der Mode, aber auch des Lebensstils und man kann sich ebenfalls von den alltäglichen Arbeiten vieler Bürger ein genaues Bild machen. Und dabei spielen auch mal heimliche Geschäfte oder der Ansatz von Korruption eine Rolle. Auf diese Weise entsteht eine anregende Geschichte mit allerhand Details, die innerhalb von kurzer Zeit ausgelesen werden möchte.

Im Grunde teilt sich der Roman auf die Erlebnisse zweier vollkommen unterschiedlicher Damen auf. Einmal verfolgt man Anna, die Tochter eines armen Häuslers, die schon früh häusliche Arbeiten übernommen hat und immer gut haushalten musste, um ausreichend Lebensmittel zur Verfügung zu haben. Ihr ist harte Arbeit gut bekannt und für Anna ist Luxus ein Fremdwort. Auf der anderen Seite sieht man Katharina, die einzige Tochter der bekannten Familie von Feil, deren Vater der hiesige Salinenmeister ist. Sie ist einen hohen Lebensstandard gewöhnt und kennt es nicht anders, als das ihre Wünsche direkt erfüllt werden. Und obwohl solch ein Leben für viele Bürger damaliger Zeit als Traum angesehen wurde, hat auch Katharina mit Sorgen zu kämpfen. Sie darf den Mann ihrer Träume nicht heiratet, weil dieser von den Eltern als nicht standesgemäß angesehen wird. Stattdessen wird eine Ehe mit einem Geschäftsmann arrangiert, der auf den ersten Blick einen hervorragenden Eindruck macht, kurz nach der Hochzeit seine wahre Fassade zeigt...
Auf diese Weise enthält man einen Einblick in vollkommen verschiedene Lebensweisen und kann sich ein ungefähres Bild der Gesellschaft machen. Es zeigt, dass selbst die reichsten und schönsten Orte auch arme Bürger haben, die mit all dem Luxus nichts anfangen können und jeden Tag für ein Weiterleben ackern müssen. So entstehen krasse Unterschiede, die einen guten Einblick in die damalige Situation geben und man kann sich einen ungefähren Einblick von der damaligen Gesellschaft erarbeiten.

Ja, es war Spannung vorhanden, doch diese befand sich durchweg auf einem recht niedrigen Level und war mir nicht ausreichend. Nur sehr selten hat mich ein Ereignis mal umgehauen und erschüttert, meist konnte mich in dieser Hinsicht nichts wirklich überraschen. Was ich sehr schade fand, denn ein wenig mehr Spannung und damit einhergehende überraschende Wendungen hätten mir richtig gut gefallen und der Handlung noch einen besonderen Touch verliehen. In dieser Hinsicht konnte mich die Geschichte nicht vom Hocker reißen und daher war es mir leider auch nur ein- bis zweimal im ganzen Roman möglich, dass ich mit den Protagonisten mitgefiebert, mitgehofft oder mich mitgefreut habe...

Den fiktiven Ereignissen wurden allerhand historische Details zugefügt, die ein lebendiges Bild entstehen lassen und allerhand Informationen unterschiedlicher Natur preisgeben. Sei es die Mode, die Lebensweisen oder der Salzhandel, anhand solcher Erwähnungen werden viele Szenen für mich greifbar. Außerdem war der Wandel von einer Stadt, die anhand des Salzhandes viel Aufmerksamkeit auf sich zog zu einer Kurstadt, die den wohlhabenden Besuchern Entspannung bieten soll, interessant und auch durch diesen Sachverhalt zeigten sich die Schluchten zwischen Arm und Reich. Während die reiche Bevölkerung davon nur profitiert und für die Zukunft nützliche Kontakte knüpft, müssen die einfachen Leute buckeln, um diesen Standard aufrechtzuerhalten.
Es wird also ein authentisches Bild der Zeit Anfang 1900 vermittelt, welches lebendig beschrieben wurde. Und anhand zahlreicher historischer Details konnte mich die Autorin in diesem Bereich absolut überzeugen, sowohl der Salzhandel, als auch der Wandel von Bad Reichenhall zu einem noch bedeutenderen Kurort haben mich sehr interessiert und ich konnte mein Wissen definitiv erweitern.

Das Setting empfand ich als eingängig und ich konnte mir die meisten erwähnten Orte ganz gut vorstellen. Viele Orte haben meine Fantasie angeregt und auch durch die Beschreibungen entstanden Bilder, die lebendig wirkten und ein authentisches Bild ergaben. Zudem mochte ich es auch, wie natürlich sich alle Personen in den verschiedenen Settings bewegt haben.
Als bester Handlungsort gilt für mich das Elternhaus von Anna. Dort fand ich nicht nur die Stimmung am stärksten und aussagekräftigsten, sondern ich konnte mir diesen Ort auch am besten vorstellen. Sowohl das Wohnhaus, als auch den Stall und die Umgebung, es hat einfach alles gepasst und war für mich in dieser Weise perfekt!

Wie ich bereits erwähnt hatte, gibt es eine angenehme Anzahl an Protagonisten, die alle eine gute Beschreibung ihres Charakters erhalten haben und weshalb man sie ganz gut einschätzen konnte. Ich mochte es, wie viele verschiedene Wesen aufeinandertreffen und wie stark die beiden Frauenfiguren Anna und Katharina gezeichnet wurden. Anna besitzt bereits von Anfang an viel Stärke, auch durch verschiedene Schicksalsschläge, mit denen sie umgehen muss. Sie ist ein sehr bodenständiger Charakter und besticht gerade dadurch. Anna ist wie ein freundliches Mädchen von nebenan, ich empfand sie direkt als sympathisch und habe ihr durchweg nur das Beste gewünscht.
Katharina hingegen war mir anfangs noch merkwürdig und sie strahlte für mich die Energie eines verwöhnten Kindes aus, dass Hoffnungen hat, aber am Ende immer auf die Eltern hört. Daher kam es sehr überraschend, welche Wandlung sie durchläuft und wie selbstbewusst und selbstbestimmt sie mit der Zeit auftritt. Katharina war eindeutig die Person mit der stärksten und besten Wandlung und für viele Entscheidungen hat sie sich meinen Respekt verdient.
Etwas schade fand ich es, dass man sich nicht vollkommen unabhängig eine Meinung bilden konnte, sondern die Sympathien schon ein wenig gelenkt werden. Und wenn eine Person einmal negativ konnotiert wurde, hat sie sich auch nicht mehr geändert. Es gab dann keine Entwicklung zu sehen, sie blieben sich durchweg treu und der negative erste Eindruck hat sich nur noch verstärkt. Hier wäre Potenzial dafür dagewesen, dass man als Leser überrascht wird und so die Karten neu gemischt werden.

Fazit:

Wie sich aus meiner Meinung herauslesen lassen hat, konnten mich nicht alle Aspekte des Romans überzeugen. Mir hat es ein wenig an Spannung gefehlt und ich fand es schade, dass es eine Einteilung der Protagonisten in Gut und Böse gibt. Doch das sind auch meine einzigen Kritikpunkte, ansonsten habe ich nur positives zu dem Roman zu sagen und finde, dass es ein gelungener Auftakt einer Reihe ist, der viel Historisches zugrunde liegt und bei dem man immer wieder etwas Neues lernen kann. Band zwei möchte ich unbedingt lesen, am Ende gibt es doch einige unbeantwortete Fragen, die die Spannung weit oben halten und mich auf den Erscheinungstermin der Fortsetzung warten lassen:)

Bewertung: 4 von 5 Sternen

MarySophie 

Vielen Dank an den Bastei Lübbe Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars! 

Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.




Mittwoch, 19. August 2020

Rezension: Das Lichtenstein - Modehaus der Träume von Marlene Averbeck

Titel: Das Lichtenstein - Modehaus der Träume
Autorin: Marlene Averbeck
Verlag: dtv
 Seitenzahl: 480 Seiten
 Preis: 15,90 €
 Erscheinungsdatum: 21.08.2020
ISBN: 978-3-423-26269-9

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Handlung:

Berlin 1913
Das Modehaus Lichtenstein hat einen fantastischen Ruf und steht vor allem für schicke Damenmode, elegante Herrenkleidung und eine hervorragende Beratung. Und im Sortiment lassen sich auch andere Dinge finden, wie z.B.: Haushaltswaren und es bleibt am Ende kein Wunsch der Kunden offen.
Dabei gibt es tagtäglich ein Kommen und Gehen, Menschen mit verschiedenen Schicksalen und Zielen treffen aufeinander und wollen ein erstklassiges Einkaufserlebnis erfahren. Um dies zu ermöglichen gibt es allerhand Mitarbeiter, die in unterschiedlichen Abteilungen arbeiten und für die Qualität des Modehauses stehen. Die Näherin Thea hat ihr Auge auf einen der Lichtenstein-Brüder geworfen und weiß insgeheim, dass diese Liebe fast aussichtslos ist. Hedi nimmt eine Anstellung als Ladenmädchen an und taucht in die Welt der Mode ein, eine große Leidenschaft ihrerseits. Jacob, der ältere der Brüder Lichtenstein möchte das Modehaus zu noch mehr Erfolg führen, was aber verlangen würde, dass es ein paar moderne Änderungen gibt. Doch sein Bruder hat in dieser Angelegenheit vollkommen andere Ziele. Trotzdem gibt Jacob nicht auf, er möchte seine Wünsche umsetzen, weil er weiß, dass sie der richtige Weg zu einer großen Zukunft sind. Alle Pläne werden durch einen Brand umgeworfen, das Lichtenstein geht in Flammen auf und davon betroffen ist nicht nur die Existenz der Inhaber, sondern auch die von zahlreichen Mitarbeitern...

Meinung:

Komplett kann mich das Cover immer noch nicht überzeugen. Ich mag die Farbgebung und das leicht körnige Gesamtbild gerne, auch das staatliche Haus im Hintergrund hat eine große Ausstrahlung und lenkt den Blick auf sich. Diese Aspekte überzeugen mich komplett und gefallen mir sehr gut.
Leider mag ich es nie so, wenn Personen auf dem Cover den Betrachter so eindeutig anschauen. Dagegen habe ich eine kleine Abneigung und auch hier stört es mich. Schade, wenn die junge Frau dem Betrachter ihr Profil zuwenden würde, fände ich die gesamte Szene deutlich angenehmer. Hier muss ich aber noch anmerken, dass ich es gut finde, wie sie der damaligen Mode entsprechend gekleidet ist. Grob weiß ich zwar, was zu welcher Zeit bevorzugt getragen, doch so hatte ich einen besseren Eindruck davon, was gerade modern war. Zumal dies ein wichtiger Aspekt des Buches ist, immerhin ist das Modehaus titelgebend.

Ich hatte das Buch erstmals bei Vorablesen gesehen und fand es allein vom Titel ansprechend. Daraufhin habe ich mir den Klappentext durchgelesen, der ebenfalls mein Interesse geweckt hat und mich schließlich auch noch der Leseprobe gewidmet, die ebenfalls zu überzeugen wusste. Mein Entschluss, mich dafür zu bewerben war somit gefasst und ich hatte tatsächlich das große Glück, ein Exemplar zu erhalten, was mich riesig gefreut hat. Denn irgendwie hatte mich der Roman nach der Leseprobe nicht losgelassen und ist mir immer im Hinterkopf herumgespukt. Auf jeden Fall möchte ich auch hier nochmal meinen Dank an Vorablesen und den DTV Verlag aussprechen, ich hatte wirklich viel Freude mit dem Roman, was ich auch im Folgenden noch erläutern werde.

Zuallererst erwartet den Leser eine Figurenübersicht, die die Charaktere mit wenigen Worten vorstellt. Auf diese Weise kann man sich bereits ein erstes Bild machen, erste Schlüsse ziehen und man wird nicht so ins kalte Wasser gestoßen. Zudem mochte ich, wie viel Lebendigkeit ihnen anhand der Fakten zugeschrieben wurde und es zeigt, wie viel Mühe sich die Autorin gegeben hat. Ich finde die Übersicht sehr passend und war froh, die Protagonisten erst einmal auf diese Weise kennenzulernen.
Weiterhin gibt es am Anfang die Bemerkung, dass es im Folgenden noch zusätzliches Material wie ein Glossar oder ein Personenverzeichnis mit historisch verbürgten Charakteren gibt. Gerade die Erwähnung des Glossars fand ich hilfreich, es gab doch ab und an mal ein Wort, welches mir nicht geläufig war und so wurde schnell Abhilfe geschaffen.

Ich hatte den Roman freitags begonnen und am Sonntag bereits ausgelesen gehabt. Ich war selbst davon ein wenig überrascht, ich wollte das Buch nie wirklich aus der Hand legen, sondern immer gab es einige dringende Fragen, die ich beantwortet haben wollte. Zu der hohen Spannung kommt noch eine hervorragend lesbare Schreibweise hinzu, die viele Szenen lebendig wirken lässt und ich konnte mir sowohl das Kaufhaus, als auch die Wohnungen der Charaktere hervorragend vorstellen. Jeder Charakter erhält eine gute Zeichnung, zudem wird es dem Leser komplett selbst überlassen, welche Personen er als sympathisch oder unsympathisch einschätzt.
Die Sprache war recht einfach, immer wieder mit Begriffen aus der Modewelt gespickt, die mir teils bekannt, teils vollkommen unbekannt waren, welche sich aber anhand des Glossars fix aufgelöst haben. Ab und an wurde außerdem ein berlinerischer Dialekt eingefügt, der bodenständig und passend gewirkt hat, zudem tauchte er nicht zu häufig auf und war daher in keinster Weise störend.
Ich kam zügig mit dem Lesen voran und bin mit diesem Aspekt vollkommen zufrieden.

Zu meinen Lieblingsszenen gehören die, in denen der alltägliche Kaufhausalltag bildhaft beschrieben wurde. Nicht nur die Abläufe fand ich interessant, sondern auch immer die Tatsache, wie viele verschiedene Menschen, die alle anderen sozialen Ständen angehören, mit unterschiedlichen Wünschen aufeinandertreffen und sich in einem Gebäude aufhalten. Eine faszinierende Vorstellung, auch was die Mitarbeiter tagtäglich für Geschichten miterleben. Sowohl für freudige, als auch für traurige Anlässe gibt es Kunden, die sich begegnen, ohne von dem Schicksal des anderen zu wissen. Spannend!

Im Buch tauchen vier Erzählperspektiven auf, die sich immer wieder abwechseln und verschiedene Sichtweisen auf die Protagonisten, aber auch auf die Geschehnisse und die allgemeine Situation in Berlin geben. Dabei werden verschiedene Schichten angesprochen, sowohl eine einfache Näherin aus Wedding kommt zu Wort, als auch eine angehende Schauspielerin, die ein prunkvolles Leben erwartet.
Drei der Perspektiven sind aus weiblicher Sicht, eine wird von einem Herren beschrieben, bei dem es sich um einen der beiden Lichtenstein-Brüder handelt. So bekommt man auch nochmal einen anderen Standpunkt auf die Dinge und erfährt von den Sorgen, die Jacob Lichtenstein um das Kaufhaus, aber auch um die Familie hat.
Anhand der vier Erzählperspektiven entsteht ein breitgefächertes Bild, man lernt unterschiedliche Lebensweisen kennen und kann sich von verschiedenen Ereignissen selbst einen Eindruck verschaffen. Zudem mag ich es, wie sich die Milieus unterscheiden und was für Einblicke in die Lebensarten gibt.
Anhand dieser Erzählweise kann man zudem immer wieder Einblicke in die Gedanken und Gefühle der Protagonisten erhaschen. Irgendwann bröckelt bei einem jeden die Fassade und ein anderes Bild der Person zeigt sich, welches nochmals bodenständiger ist und andere Facetten zeigt.
Längen konnten für mich auf diese Weise gar nicht erst entstehen, im Gegenteil: die Handlung blieb stets spannend, weil es immer wieder Fragen meinerseits gab, die durch eine weitere Lektüre beantwortet wurden. Außerdem kam immer wieder Abwechslung in die Geschichte, was immer gut ist.

Wie ich anfangs schon erwähnt hatte, hinterließen sowohl das Lichtenstein, als auch de Privatwohnungen der Mitarbeiter bei mir lebendige Bilder. Ich konnte mir sowohl das prachtvolle Modehaus, als auch die Büroräume, die Schneiderei oder den Hof des Gebäudes vorstellen. Sie waren nicht mit besonders vielen Worten beschrieben, sondern man konnte auch ein Stück weit seiner eigenen Fantasie Platz lassen. Ich empfand auch die Stimmung besonders, die von dem Modehaus ausgeht. Man konnte deutlich eine fröhliche und kauflustige Stimmung spüren, aber auch den Druck der Angestellten, die Kunden vollkommen zufriedenzustellen. Ich mochte es sehr, was für verschiedene Welten hier zusammentrafen und habe jetzt selbst Lust dazu, in einem solch würdevollen und ästhetischen Kaufhaus der 1910er einzukaufen.
Und auch die Wohnungen von Mitarbeitern waren mit einigen Worten bildhaft umrissen. Bei jedem kam eine bestimmte Stimmung durch, die sich auch ein Stück weit auf mich übertragen hat. Gerade Thea´s Wohnsituation hat mich in dieser Hinsicht sehr mitgenommen und ich würde fast sagen, dass mich dieses Setting am meisten überzeugt hat, obwohl nur wenige Szenen dort stattgefunden haben.

Die Handlung des Romans setzt kurz vor dem Ersten Weltkrieg ein und erstreckt sich auch über diesen. Daher gibt es insgesamt einen Handlungszeitraum von fünf Jahren. Dabei werden die Kriegsjahre fast komplett übersprungen, der Fokus liegt eindeutig auf dem Lichtenstein, was ich auch vollkommen in Ordnung finde. Zwar wäre es auch interessant gewesen, wie die Arbeit im Modehaus während des Krieges vonstatten geht, wie viele Mitarbeiter noch beschäftigt werden und wie die Kundschaft in dieser Zeit auftritt, gleichzeitig hätte dies wahrscheinlich auch den Rahmen gesprengt.
Anfangs gab es ab und an noch ein paar Hinweise auf die politische Situation, gerade der sich anbahnende Krieg ist immer mal ein Gesprächsthema. Doch ansonsten wird eigentlich gar nicht auf historische Fakten Bezug genommen, was ich schade fand. Einige Details hätte man gut in die Handlung verbauen können und so nicht nur ein breites Bild der Bevölkerung, sondern auch der allgemeinen Situation in Deutschland und Europa gegeben.

Es gibt eine Vielzahl an Protagonisten, die teils mehrfach, teils nur für wenige Seiten auftreten. Ein jeder hat dabei gemein, dass sie eine gut vorstellbare Zeichnung mit Eigenarten erhalten haben, was sie einzigartig macht und Wiedererkennungswert bietet. So entsteht außerdem ein breites Bild der Gesellschaft, man lernt Menschen unterschiedlicher Stände kennen und es gibt ein interessantes Zusammenspiel von mehr oder weniger privilegierten Personen.
Im besonderen Fokus stehen Jacob, Ella, Thea und Hedi. Ihnen, aber auch ihnen nahestehenden Personen, wurde viel Platz im Buch gewidmet und sie wurden mit eindringlichen Worten dargestellt. Sie stehen dem Leser am nächsten und zu ihnen kann man die beste Bindung aufbauen. Ich empfand alle vier als sympathisch, habe viele getroffene Entscheidungen unterstützt und mochte die abwechslungsreichen Lebensstadien, die alle vier durchlaufen.

Fazit:
Ich war sehr gespannt auf den Roman und hatte doch ein paar Erwartungen. Viele wurden erfüllt, aber leider nicht alle. Von der Schreibweise, aber auch von der Personenzeichnung und dem Setting bin ich vollkommen überzeugt worden und hatte daher viel Spaß beim Lesen und habe das Buch gerne in die Hand genommen um weiterzulesen. Auch von den vier Erzählperspektive und der Abwechslung, die dadurch entsteht, war ich sehr begeistert und fand die Einblicke in verschiedene Lebensweisen sehr interessant.
Leider hatte ich mehr hinsichtlich der Einbindung historischer Ereignisse erwartet, die sich nicht nur auf den Krieg beziehen. Ich finde, dass es hier gerne etwas mehr hätte sein können, um das Buch rund zu machen und um allgemein einen besseren Blick auf das Deutschland in den 1910ern zu geben. Und auch die Stimmung fehlt mir ein wenig, diese hat sich leider nur in den Gebäuden gefunden, von den Protagonisten kam in dieser Sache nichts herüber. Weder schöne Momente, noch tragische Ereignisse haben bei mir einen Eindruck hinterlassen.
Ansonsten freue ich mich jetzt schon auf die beiden Fortsetzungen, ich bin sehr gespannt, wie es weitergehen wird und welche Protagonisten im nächsten Band wieder auftreten. Zudem habe ich noch ein paar Fragen und es gab bereits ein paar Anspielungen auf mögliche Probleme, die vielleicht im zweiten Teil beantwortet werden. Bis dahin dauert es leider noch gut ein Jahr, aber schon jetzt steht die Fortsetzung ganz weit oben auf meiner Wunschliste. Ein spannungsreicher erster Band, der Lust auf die weiteren Bücher macht und mir sehr gut gefallen hat!

Bewertung: 4 von 5 Sternen

MarySophie 

Vielen Dank an Vorablesen, sowie den DTV Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars! 

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