Sonntag, 5. September 2021

Rezension: Die Heimkehr der Störche von Theresia Graw

Titel: Die Heimkehr der Störche
 Autorin: Theresia Graw
 Verlag: Ullstein Paperback
Seitenzahl: 656 Seiten
 Preis: 13,99 €
 Erscheinungsdatum: 02.08.2021
ISBN: 978-3-86493-170-3
 
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Handlung

1925

Nach der Vertreibung von dem prachtvollen Gutshof in Ostpreußen wurden Dora und ihre Familie auf einem Hof in der Lüneburger Heide einquartiert. Anfangs konnte sich Dora damit abfinden, doch langsam gehen ihr die kleinen Streitereien mit der Bäuerin, sowie die Enge, in der sie mit ihrer Familie lebt, aufs Gemüt. Daher beschließt sie, ihrem Traum nachzugehen und in Ostberlin Tiermedizin zu studieren. Außerdem hat Dora herausgefunden, dass ihre große Liebe Curt von Thorau in einem Stasigefängnis in Berlin inhaftiert ist und fortan setzt es sich die junge Frau als Ziel, um die Freilassung ihres Liebsten zu kämpfen....

Meinung

Das Cover empfinde ich als unglaublich stimmungsvoll und sehr sehr hübsch. Kleine Ähnlichkeiten zum ersten Band sind vorhanden, jedoch finde ich dieses sowohl vom Motiv, als auch von den Farben noch stärker und ansprechender. Zu sehen ist eine Dame, die mit einem Kind an der Hand in einem Feld steht. Sie ist in ein wunderschönes blaues Kleid mit weißen Tupfen gekleidet, das Blau findet sich nochmal im Titel wieder, weshalb es sehr passend wirkt.

Besonders der Himmel mit den Wolken und den unterschiedlichen Farbschattierungen hat es mir angetan. Ich finde diesen sehr stimmungsvoll gestaltet und er bildet für mich das Highlight der Szenerie. Er verströmt die Atmosphäre eines schönen Sommertages und ich habe das Gefühl, allein vom Betrachten kann ich die Sonne auf der Haut spüren und den Sommer riechen. Ich glaube, dass ein Cover noch nie diesen Eindruck bei mir geweckt hat und allein deswegen bin ich absolut begeistert!

Letztes Jahr hatte ich via Vorablesen den ersten Band der Gutsherrin-Saga entdeckt und gelesen. Diesen fand ich wirklich gut und ein Interesse meinerseits an einer Fortsetzung war auf jeden Fall vorhanden. Als ich diese dann in der Verlagsvorschau gesehen habe, war ich vom Cover komplett begeistert und die Inhaltsangabe klang vielversprechend. Zudem sind mir auf Anhieb direkt wieder einige Details aus dem ersten Band eingefallen und dadurch wurde meine Neugierde auf die Fortsetzung gleich nochmals gesteigert. Die Leseprobe war ebenfalls sehr gelungen, daher habe ich kurzerhand mein Glück versucht und bei Vorablesen einen Leseeindruck verfasst. Tatsächlich durfte ich mich über ein Rezensionsexemplar freuen, wofür ich mich bei der Buchcommunity und dem Verlag ganz herzlich bedanken möchte!

Ich war anfangs ein wenig kritisch, was die Nennung der Handlungszeit angeht. Dies findet lediglich vor dem ersten Kapitel statt, sonst gibt es keine Erwähnung dessen. Ein wenig hatte ich die Befürchtung, dass ich zeitlich schnell verloren sein könnte. Meine Bedenken hierzu waren allerdings allesamt hinfällig, ich konnte mich problemlos zurechtfinden und ich war am Ende davon überrascht, über was für eine recht kurze Zeit sich die Geschichte eigentlich erstreckt. Anhand der Seitenzahl von 656 Seiten dachte ich, dass die Handlungszeit viel länger ist, letztendlich erweist sich die Geschichte als viel kompakter als ursprünglich gedacht. Und anhand von Äußerungen, wie lange Dora mittlerweile studiert, anhand von historischen Ereignissen oder auch dem Verlauf der Jahreszeiten kann man stets gut schauen, wie viel Zeit seit dem Beginn der Geschichte vergangen ist. Und ich bin sehr positiv überrascht, wie geschickt dies nur anhand von solchen kleinen Erwähnungen vonstatten gegangen ist.

Zwar sind mir vorab bereits ein paar Details darüber eingefallen, was im ersten Band geschehen ist, trotzdem muss ich zugeben, dass ich auch vieles vergessen habe. Daher war es mir wichtig, dass ich am Anfang langsam und genau lese, dazu hatte ich die Hoffnung, dass mir mit dem Verlauf der Geschichte einiges wieder in den Sinn kommt. Und genauso war es letztendlich auch. Anhand von kleinen Bemerkungen, Gesten oder gedanklichen Rückblicken der Figuren werden Ereignisse aus dem ersten Band erwähnt und langsam verfestigte sich mein Bild wieder. Mit fortlaufender Handlung ist mir immer mehr wieder eingefallen und ich konnte der Geschichte immer flüssiger folgen und langsam aber sicher war es mir möglich, mich beim Lesen vollkommen zu entspannen!

Mit dem Lesen bin ich gut vorangekommen. Die Handlung gestaltet sich als interessant, ich konnte mir viele Szenen bildhaft vorstellen und ich hatte daher keine Probleme, mich auf die Erzählung einzulassen. Daran hat auch die Sprache einen wichtigen Anteil, diese lässt sich sehr fein lesen und sie sorgt dafür, dass man sowohl von den Figuren, als auch den Orten und den Ereignissen einen soliden Überblick erhält. Ich finde, dass der Schreibstil im Grunde recht locker gehalten wurde. Er ist nicht zu leicht, aber auch nicht zu kompliziert gehalten und er sorgt dafür, dass man der Geschichte problemlos folgen kann.

Und obwohl sich die Handlung als interessant gestaltet hat, habe ich mich zwischenzeitlich doch ein wenig schwer getan, um weiterzulesen. Ich weiß selbst nicht so recht, woran dies lag aber irgendwann kam ein Punkt, an dem mich die Ereignisse nicht fesseln wollten und ich habe mich dazu motivieren müssen, um weiterzulesen und nicht dem inneren Drang nachzugeben, etwas anderes tun zu wollen. Zum Glück hat sich das nach vielleicht 150 Seiten wieder gegeben und ich finde, dass das Buch vor allem ab der zweiten Hälfte so richtig an Fahrt aufnimmt und ab da gestaltete sich die Handlung auch für mich als so mitreißend, dass ich den Roman schließlich kaum noch aus der Hand gelegt habe.

Ich mag es sehr, dass die Geschichte meistens einen ruhigen Unterton hat. Man begleitet Dora dabei, wie sie ihr Leben gestaltet, sich in der DDR zurechtfindet und welche Sorgen und Probleme ihren Alltag begleiten. Anhand dessen wirkt die Geschichte angenehm ruhig und nicht zu übertrieben. An keiner Stelle im Text ist unnötiges Drama dabei und ich finde, dass sich dadurch die Authentizität erhöht. Und trotzdem finde ich die Ereignisse an keiner Stelle zu langweilig oder zu langatmig. Im Gegenteil: Ich mag die detaillierten und genauen Beschreibungen jeglicher Sachverhalte sehr gern, sie geben von den Figuren, den Handlungsorten, aber auch den Situationen allgemein einen guten Eindruck, sodass ich mir viele Szenen bildhaft vorstellen konnte.

Ich bin sehr begeistert davon, wie viele historische Hintergründe in den Roman eingebunden wurden: angefangen vom Studium in der DDR, über die Stasi, ihren Gefängnissen bis hin zum Aufstand vom 17. Juni 1953. Allerlei Themen werden in die Geschichte eingebunden und ich mag es, wie detailliert und gut erklärt jeglicher Sachverhalt beschrieben wurde. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mir gerade der Volksaufstand vom besagten Datum zwar grob geläufig ist, ich mich jedoch nie wirklich damit befasst habe und sich mein Wissen auf sehr, sehr wenig beschränkt hat. Ich glaube, ich habe darüber auch noch nie in einem Roman gelesen und ich finde es unglaublich spannend, wie die Autorin diesen Tag schildert. Dieser Abschnitt hat mich sehr gefangengenommen und ich finde es grandios, wie die Schilderungen ausfallen. Zudem ist es sehr hilfreich, wie genau dieser Tag dokumentiert wurde und das sich für die Beschreibungen dessen wirklich Zeit genommen wurde, um das historische Ereignis dem Leser näherzubringen.

Aufgrund des sehr stimmungsvollen Covers hatte ich gedacht, dass sich dies auch auf die Aura des Buches überträgt. Dem war leider nicht immer so. Oft ließ sich ein Hauch von Stimmung wahrnehmen, besonders im Zusammenhang mit einigen Gebäuden habe ich dies gespürt. Auch bei größeren Menschenansammlungen finde ich, dass man gut merkt, was die Personen gerade fühlen und die Stimmung, die in der Gruppe herrschte, war ebenfalls gut bemerkbar. Allerdings war es mir nicht möglich, die Gemütsverfassung einzelner Personen wahrzunehmen. Weder mit Dora, noch mit ihrer Familie oder ihren Freunden konnte ich mitfühlen, was ich ziemlich schade finde. Schließlich verbringt man viel Zeit mit ihnen und dies wäre ein Weg gewesen, um einen noch besseren Zugang zu den Figuren zu finden.

Mir hat die Darstellung des Settings gut gefallen. Ich finde, dass der Charakter eines jeden Ortes / einer jeden Stadt gut zur Geltung kommt und das hat mir geholfen, mir die Handlungsorte noch besser vorstellen zu können. Vor allem jene Szenen, die in der Natur spielen, finde ich als besonders attraktiv. Diese habe ich mir besonders farbenfroh vorstellen können, zudem haben sie eine gewisse Stimmung mitbekommen, die jene Orte als einzigartig erscheinen lässt.

Obwohl es eigentlich eine Vielzahl an Figuren gibt, hatte ich bei keinem einzigen Wiedererkennungsschwierigkeiten. Jede Person ist mir durch ihre Zeichnung und ihr Auftreten im Gedächtnis geblieben und ich bin selbst ein wenig davon überrascht, dass ich jeden auf Anhieb wiedererkannt habe. Ich denke, anhand dessen lässt sich ableiten, dass es unglaublich gute Beschreibungen aller Charakters gibt, die sehr vielfältig ausfallen und sich daher als abwechslungsreich gestalten. Auf diese Weise wird ein großes und umfassendes Bild der Gesellschaft gemalt und man kann sich einen kleinen Eindruck davon verschaffen, was die Menschen zur Handlungszeit der frühen 1950er Jahre beschäftigt hat und wie der Alltag ungefähr ausgesehen haben könnte.

Als Hauptfigur steht Dora eindeutig im Vordergrund. Ihre Zeichnung ist deutlich stärker ausgefallen als die der anderen Figuren und man lernt ihren Charakter am besten kennen. Ich finde, dass sie auch die einzige Person ist, zu der ich so richtig eine Bindung aufbauen konnte. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass man stets gut über ihre Gefühle und Gedanken informiert ist und man immer weiß, was Dora gerade bewegt. Ich bin sehr froh, dass ihre Gemütsverfassung so eine große Rolle im Roman spielt und man darüber stets auf dem Laufenden gehalten wird. Es verleiht dem Buch definitiv viel Lebendigkeit und das Schicksal der jungen Frau wirkt dadurch nochmals eindrücklicher und authentischer.Bei vielen Figuren erlebt man hautnah mit, wie sie sich entwickeln, in welche Richtung sich ihr Charakter entfaltet und welche Prioritäten sie in ihrem Leben setzen. Ich finde dies sehr gelungen, zwar vergeht im Verlauf der Handlung nicht massig an Zeit, aber es gibt vor allem im Leben von Dora einige Erlebnisse, die einschneidend sind und viele Ansichten verändern könnten. Und genau deshalb mag ich es, wie sich Dora entwickelt, vieles hinterfragt und sich dadurch weiterentwickelt.

Fazit

Wenn ich jetzt so auf die Geschichte zurückblicke, dann bin ich allgemein betrachtet zufrieden damit. Ich habe die Erzählung gern gelesen, ich konnte einige neue Eindrücke über die DDR und ihr Regime sammeln und vor allem die Sprache mit ihren herausragenden Umschreibungen jeglicher Figur und Situation ist einfach besonders! Ich bin wirklich froh, dass ich den zweiten Band lesen konnte und kann ihn euch genauso wie den Auftakt vorbehaltlos empfehlen!

Ich muss ja ehrlich sagen, dass ich mir insgeheim noch einen dritten Band der Gutsherrin-Saga wünsche. Ich finde zwar einerseits, dass die Geschichte derzeit ein recht schönes Ende besitzt, aber ich kann mir auch gut vorstellen, dass noch so einiges im weiteren Leben von Dora passieren wird. Zumal ich finde, dass noch nicht alle Fragen geklärt sind und ich mir nicht vorstellen kann, dass Dora sich nicht irgendwann doch noch bemüht, ihren alten Gutshof wiederzusehen...

Bewertung: 4,5 von 5 Sterne

 
MarySophie
 
Vielen Dank an Vorablesen, sowie den Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.
 
 
 Meine Meinung zum ersten Band der Gutsherrin-Saga:

 

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