Freitag, 22. Mai 2020

Rezension: Die Lilienbraut von Teresa Simon

Titel: Die Lilienbraut
Autorin: Teresa Simon
 Verlag: Heyne Taschenbuch
Seitenzahl: 496 Seiten
Preis: 9,99 €
Erscheinungsdatum: 11.05.2002
 ISBN: 978-3-453-42244-5

https://assets.thalia.media/img/artikel/0b7a70334aeb7a41bf899bf64cd062b574aaf50c-00-00.jpeg

 
Handlung:

Köln in den 1940er Jahren
Zufällig lernt Nellie Voss einen Mann kennen, den ersten, zu dem sie sich jemals hingezogen fühlt und mit dem sie sich eine Zukunft vorstellen könnte. Doch beide wissen, dass ihre Liebe aussichtslos ist und sie diese niemals frei ausleben dürfen. Trotzdem träumt Nellie heimlich davon und nur wenige Dinge können sie ablenken. Dazu zählt zum einen natürlich der Krieg, zum anderen ihre Arbeit bei 4711, wo sie immer mehr ihr feine Nase zu verstehen lernt und ihr Interesse für verschiedene Düfte kennenlernt.

Köln in der Gegenwart
Liv zieht zusammen mit ihrem Sohn aus Maastricht nach Köln, um dort ein Erbe anzutreten. Denn dieses sieht vor, dass sie dort wohnen muss, um das Geld für einen eigenen Laden zu erben. Liv ist Biologin und beschäftigt sich am liebsten mit der Herstellung und dem Verkauf von Seifen und Düften. Und genau dies möchte Liv in ihrem eigenen Geschäft tun.
Eigentlich fühlt sie sich in der Großstadt auch wohl, bis sie auf eine merkwürdige ältere Dame trifft. Diese hält sie für eine andere und ist erschüttert von Liv's Auftauchen. Wen meint die Dame wirklich und was hat diese Person mit ihr zu tun?

Meinung:

Das Cover finde ich in Ordnung. Es gibt viele Ähnlichkeiten zu den vorherigen Bänden, ich war bereits kurz verwirrt und dachte, dass ich das Buch aufgrund des ähnlichen Aufbaus mit Blumen, sowie einer Dame bereits besitze. Bei den Lilien wird auf den Titel des Buches Bezug genommen, sie sind geschmackvoll am Rand angeordnet und nehmen nicht zu viel Platz weg. Im Hintergrund ist ein Haus mit Garten zu sehen, ein schönes Bild, welches sehr idyllisch und somit auch einladend erscheint. Dazu ist auf dem Bild noch eine Dame zu sehen, die auf das Haus zurückblickt und so dem Leser abgewandt ist. Im Grunde ein sehr stimmiges Gesamtbild und ich finde es auch schön, aber langsam habe ich das Gefühl, diese Komposition schon zu oft gesehen zu haben, als das es mich noch vom Hocker reißen könnte.
Ich habe ausnahmslos jeden Roman von Teresa Simon gelesen und mochte sie immer recht gerne. Mir gefallen Erzählungen auf zwei Zeitebenen, dazu noch gut recherchierte historische Details und ein großes Familiengeheimnis, voilà ein perfekter Roman ist geschaffen. Sie haben nicht den allergrößten Anspruch, sind aber auch nicht zu locker und einfach geschrieben und bilden für mich immer eine angenehme und abwechslungsreiche Lektüre. Und als ich letztes Jahr bereits den Titel gehört hatte, wurde ich allein davon angesprochen. Irgendwie hat mich das Wort Braut angesprochen, ich habe sehr wenige oder sogar gar keine Bücher, wo das Wort schon im Titel auftaucht. Und als ich dann noch von dem Inhalt gelesen habe, wanderte das Buch direkt auf meine Wunschliste. Das Buch dann tatsächlich vom Bloggerportal gestellt zu bekommen war einfach traumhaft und ich möchte mich dafür noch mal ganz herzlich bedanken!

Es gibt wieder einen spannenden und viele Fragen aufgebenden Prolog, der natürlich dazu dient, dass man das Buch erst mal gar nicht aus der Hand legen möchte und dem großen Geheimnis der Schreiberin auf den Grund gehen möchte. Genau das kennt man schon von anderen Büchern der Autorin und auch hier war es wieder passend. Es regt die Spannung an, gibt Platz zum nachdenken und erste Details werden genannt.
Danach beginnt eine sich abwechselnde Handlung der jetzigen Zeit, sowie der Zeit während des Zweiten Weltkrieges. Beide Handlungsebenen spielen in Köln, einer wunderschönen Stadt, von dem der Charme und das Lebensgefühl gut eingefangen wurde.
Auch bei diesem Roman hat mich die Schreibweise wieder voll überzeugen können. Es gibt viele detaillierte Beschreibungen von Orten, aber auch von Gefühlen. Sie war locker und einfach gehalten und ist somit leicht verständlich und fix lesbar. Durch den Schreibstil konnte ich mir viele Situationen, aber auch das Setting recht gut vorstellen und die Handlung wirkte so direkt lebendiger.
Ich fand es hier besonders, dass gerade in der Vergangenheit die wörtliche Rede stark im Hintergrund steht und sich Nellie fast ausschließlich anhand von Tagebucheinträgen ausdrückt. Hat mir sehr gut gefallen, so wirkt ihr Charakter sehr stark, man kommt ihrem Wesen nahe und ich konnte sie von allen Protagonisten am besten einschätzen.

Es gibt eine gute und solide Recherche, sowohl über das Parfüm, seine Entstehung und Zusammensetzung, als auch über historische Ereignisse. Ich nutze zwar selber gerne Parfüm, habe mich aber nie groß mit den Zutaten oder Duftnoten beschäftigt. Und als ich dann immer wieder davon gelesen hatte, dass man verschiedene Zutaten herausriechen kann, habe ich mich mehr mit meinen Parfüms beschäftigt. Zwar konnte ich dabei nicht viel erkennen, doch es war interessant, darüber nachfolgend ein wenig zu recherchieren und manches selbst auszuprobieren. Man konnte deutlich herauslesen, dass sich die Autorin hierüber informiert hat und ihr Wissen auch an ihre Leser weitergeben kann.
Und auch über die Politik und den Zweiten Weltkrieg, gerade im Zusammenhang mit einer nicht so gut bekannten Widerstandsgruppe gab es allerhand Informationen. Von manchem habe ich selbst noch nichts gehört und war überrascht über einige Entwicklungen.

Bei beiden Handlungssträngen hat mir die Darstellung des Settings gut gefallen. Es gibt zahlreiche, detailreiche Bilder, die ein lebendige Handlungsorte erschaffen. In der Kriegszeit bekommt die Geschichte anhand der zahlreichen Details über zerbombte Häuser einen sehr authentischen Charakter und man konnte die Angst der Protagonisten, dass sie plötzlich wohnungslos und ohne Besitz dastehen könnten, sehr gut spüren. Das waren für mich fast die einzigen Textstellen, in denen ich mitgelitten habe und wo ich eine gewisse Verbindung zu den handelnden Personen gespürt habe. Ich muss aber sagen, dass ich gerade am Anfang oft den Eindruck hatte, dass das Köln der Vergangenheit für mich schon fast einen dörflichen Charakter verströmt. Es erscheint mir nicht wie eine Großstadt, sondern aufgrund mancher Aussagen hatte ich ein Bild mit viel grüner Landschaft und Feldwegen vor Augen. Im Grunde habe ich mir anfangs genau das Gegenteil von Köln vorstellen können, bis sich die Bilder zu einem ganzen, realistischeren Bild zusammengefügt haben.
In der Gegenwart merkt man deutlich einen lebensfrohen, moderneren und aufgeschlosseneren Charakter. Köln ist aufgeblüht, es haben sich allerhand Geschäfte in den Straßen niedergelassen und es herrscht eine große kulturelle Vielfalt. Obwohl ich bisher erst einmal in dieser Stadt war, habe ich sie sehr ähnlich wahrgenommen und würde, anhand der Zeichnung der Stadt, verschiedene Orte am liebsten mit eigenen Augen sehen und entdecken.

Beginnen wir mit der Vergangenheit. Normalerweise finde ich diese zeitliche Ebene immer spannender und interessanter. Sie erweist sich abwechslungsreicher und ich tauche gerne in das Leben früherer Generationen ein. Und auch hier hat mich diese Geschichte mehr gepackt. Sie war nicht so umfangreich wie sonst und drückt sich meist über Tagebucheinträge von Nellie aus. Nur selten gibt es dann noch einige Seiten, die direkt eine Szene der Protagonisten zeigen. Einerseits mochte ich es, dass man Nellie und ihre Familie, aber auch andere Charaktere fast nur anhand dessen kennenlernen konnte. Viele Abschnitte von ihr wirkten dadurch sehr authentisch und wahrheitsgetreu, zudem habe ich so auch ab und an Mitleid oder Freude für die Protagonisten verspürt. Gleichzeitig hätte ich mir gewünscht, dass Nellies Kapitel umfangreicher ausfallen und deutlicher im Mittelpunkt stehen. Immerhin dreht sich um ihre Person das große Geheimnis und in diesem Sinne ist ihre Geschichte wichtiger als die in der Gegenwart.
Mich konnte der Gegenwartsstrang nur schwer überzeugen. Ich mochte nur ein – zwei Protagonisten davon ganz gerne, doch gerade Liv fand ich merkwürdig. Sie ist für mich kein sympathischer Hauptcharakter und bei ihr habe ich einiges hinterfragt. Diese Geschichte hätte für mich gut und gerne kompakter sein können. Mir wäre es lieber, wenn sie weniger Raum eingenommen hätte und stattdessen mehr Kapitel von Nellie vorhanden gewesen wären.

Und wie auch schon bei der Handlung, verhält es sich bei den Protagonisten ähnlich. Ich mochte die in der Vergangenheit mehr, sie wirkten bodenständiger und natürlicher. Zudem konnte man an ihnen mehr Emotionen ablesen und sie waren von ihrem gesamten Wesen für mich interessanter. Sie hatten mehr Tiefe und zeigten auch mal einige Züge, die sie ansonsten tief in ihrem Inneren verborgen haben. Sie handelten nicht immer so wie erwartet und treffen auch mal Fehlentscheidungen. Es gibt keinen, den ich von seiner Darstellung furchtbar finde, in vielen Protagonisten wurde der Zahn der Zeit getroffen.
Leider haben mir die Charaktere in der Gegenwart nicht so gut gefallen. Allen voran fand ich Liv nicht sehr sympathisch. Sie war mir nicht ernsthaft genug, wirkte in ihrer Zeichnung blass und zu blauäugig. Geheimnisse und Probleme wurden immer direkt verraten, Liv stellt wenige Tage nach der Eröffnung eine Mitarbeiterin ein, klagt aber im selben Zug immer wieder über das Geld, welches auch bei ihr mal knapp ausgeht. Und trotzdem gönnt sich Liv immer wieder kleine Vergnügen, die nicht zu dem Bild passen, dass Liv sparen muss. Es gibt einige weitere Beispiele, warum ich ihren Charakter nicht mag, die ich aber nicht alle aufzählen möchte.
Auch Liv's Freundin Nouria ist mir suspekt. So sehr ich es mochte, dass sie immer wieder neuen Wind in den Roman bringt, fand ich einige Aussagen zu wiederholend. Immer wieder tauchte die Redewendung auf, was man in ihrer Heimat oder bei ihr zu Hause sagt. Weiterhin hat sie zu viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, indem sie dachte, dass mögliche Aussagen oder Taten nur wegen ihr geschehen sind. Anfangs empfand ich Nouria noch als erfrischend, nach einiger Zeit ging sie mir immer mehr auf die Nerven.

Fazit:

Irgendwie ist die Geschichte für mich nicht ganz rund. Mir wurde das Ende zu schnell herbeigeführt, viele Fragen wurden nicht richtig beantwortet, sondern es wurde eine einfache, aber nicht vielsagende Lösung angeboten. Mich hat das nicht zufrieden gestellt und irgendwie kann ich mich dadurch nur schwer damit abfinden, dass die Geschichte wirklich zu ende ist.
Mit der Vergangenheit bin ich recht zufrieden, sie war für mich deutlich interessanter und ich mochte auch die Charaktere mehr. Hier will ich lediglich noch mal anmerken, dass diese Abschnitte gerne größer und ausführlicher hätten stattfinden können.
Die Gegenwart hat mir nur in wenigen Aspekten gefallen. Lediglich die Recherche über Parfüms und verschiedene Düfte, als auch die Schreibweise und das Setting hat mir gefallen. Die Protagonisten fand ich eher schwierig und für mich war die Handlung nicht sonderlich überzeugend.
Alles in allem hatte ich mehr erwartet und bin daher leider ein wenig enttäuscht. Das Buch ist trotzdem gut und hat seine Reize, war für mich aber nicht so durchdacht, wie andere Werke aus der Feder der Autorin. Und auch weil ich bereits gesehen habe, dass es bereits allerhand positive Meinungen gibt, bin ich wirklich traurig, dass ich nicht auch so empfinde.

Bewertung: 3,5 von 5 Sterne

MarySophie 

Vielen Dank an den Heyne Verlag, sowie das Bloggerportal für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars! 
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.

Habe ich euer Interesse geweckt? Hier findet ihr den Roman!


Diese Bücher der Autorin habe ich ebenfalls gelesen:

Die Oleanderfrauen

Die Frauen der Rosenvilla

Die Fliedertochter

1 Kommentar:

Martina hat gesagt…

Über Insat habe ich gerade deinen Blog gefunden =) Ich habe gestern "Die Fliedertochter" beendet. Mir hat das Buch besser gfeallen, als ihr letzter Roman..bin aber noch am überlegen wegen der Bewertung.
Liebe Grüße
Martina
https://martinasbuchwelten.blogspot.com/

Kommentar veröffentlichen