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Donnerstag, 30. April 2020

Rezension: Die Tochter des Arztes von Kathryn Hughes

Titel: Die Tochter des Arztes
Originaltitel: The Key ( aus dem Englischen von Leena Flegler )
Autorin: Kathryn Hughes
Verlag: Blanvalet
 Seitenzahl: 448 Seiten
 Preis: 9,99 €
Erscheinungsdatum: 16.12.2019
ISBN: 978-3-7341-0774-0

Die Tochter des Arztes als Taschenbuch

Handlung:

Manchester 1956
In einem Sanatorium beginnt die junge Ellen Crosby ihre neue Arbeit. Für sie geht damit ein langer Wunsch in Erfüllung, die junge Frau wollte schon lange eine Ausbildung zur Krankenschwester machen.
Ungefähr zur selben Zeit wird eine junge Frau von ihrem Vater eingewiesen, gegen ihren Willen. Sie behauptet stets fest, dass sie kerngesund ist und gar nicht in dem Sanatorium sein sollte. Doch nicht jeder glaubt ihr, manche verachten die junge Frau, manche bemitleiden sie und manche mögen sie...

Manchester 2006
Mittlerweile ist Ambergate ein verfallenes, verlassenes Haus, ohne den Grauen der vergangenen Tage. Sarah interessiert sich sehr für das Gebäude, ganz zum Missfallen ihres Vaters, ein Arzt im Ruhestand, der in Ambergate gearbeitet hat.
Trotzdem schleicht sich Sarah immer wieder heimlich dorthin und erkundet das Anwesen. Und findet schließlich auf einem Dachboden alte Koffer, von denen einer eine besondere Geschichte erzählt. Sarah geht dem Geheimnis auf den Grund und entdeckt eine Geschichte voller Unrecht, Grauen und Liebe...

Meinung:

Zum einen Teil gefällt mir das Cover gut, zum anderen Teil auch wieder nicht. Ich mag sowohl die Farben, als auch den Hintergrund mit der weiten Parkanlage und dem Gebäude. Hier stelle ich mir vor, dass es sich um Ambergate handeln könnte, irgendwie strahlt das Haus sowohl etwas herrlich altmodisches aus, gleichzeitig wirkt es kalt und bedrohlich. Eine gute Mischung!
Die Schriftfarbe mag ich auch, sie wirkt auffällig, gleichzeitig aber auch bedeckt und bringt noch eine andere Farbe hinein. Was mir leider nicht gefällt ist die Dame in Krankenschwesteruniform. Ich würde es besser finden, wenn sie sich nicht dem Betrachter zuwenden würde. Vielleicht würde ich mich eher mit ihr anfreunden, wenn sie nach vorn schaut und man ihr Gesicht nicht erkennt.
So bin ich etwas zwiegespalten und finde das Bild nicht richtig gelungen.

Schon als ich das Buch das erste Mal gesehen hatte, klang es für mich interessant, doch ich hatte nicht das dringende Bedürfnis, es unbedingt lesen zu müssen. Irgendwie bin ich immer wieder darüber gestolpert, sei es in Buchhandlungen oder bei Instagram, ich habe das Buch öfter gesehen und irgendwann ging es mir nicht mehr aus dem Kopf. Schließlich kam der Moment, indem ich es doch unbedingt lesen wollte, gerade weil ich keine richtig schlechte Meinung dazu gehört habe. Und ich war sehr glücklich, es vom Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen zu haben, wofür ich mich auch hier nochmal bedanken möchte!

Ich habe mit dem Lesen begonnen, als ich ziemlich unglücklich und traurig war und einfach nur nach einer Ablenkung gesucht habe. Und dafür war der Roman mehr als passend. Die Geschichte ließ sich unglaublich gut und flüssig lesen, sie war spannend und abwechslungsreich. Ich konnte mich ganz leicht darauf konzentrieren und mochte es, mich in die Geschichte fallen zu lassen und an nichts anderes mehr zu denken. Letztendlich hat dies dazu geführt, dass ich das Buch innerhalb von drei Tagen ausgelesen habe und am Ende enttäuscht war, dass es schon vorbei ist. Ich würde mich freuen, wenn weitere Werke der Autorin ins Deutsche übersetzt werden würden!

Von der ersten Seite an hat mir die Schreibweise richtig gut gefallen. Ich bin nur so durch die Handlung geflogen, oft war ich selbst überrascht, wie viele Seiten ich innerhalb von kurzer Zeit gelesen habe. Es gibt wunderbar lebendige Beschreibungen des Gebäudes, die ein Bild entstehen lassen, welches gleichzeitig interessant, aber auch abstoßend ist. Zudem wurde die Handlung auf eine lockere Art beschrieben, die Charaktere erschienen sehr lebendig und glaubwürdig, gerade Ellen hat mir durchweg richtig gut gefallen. Sie war mein Lieblingscharakter, ich fand es toll zu merken, dass sie eine wunderbare Krankenschwester ist und vieles hinterfragt
An der Schreibweise hat mir außerdem der realistische Charakter gefallen. Die Handlung wirkte nur selten wie ausgedacht und konstruiert, viele Geschehnisse waren natürlich und oft erschien es mir, als könnte die Geschichte genauso stattgefunden haben.

Die Erzählung findet auf zwei zeitlichen Ebenen statt. Zum einen gibt es mit Sarah einen Erzählstrang im Jahr 2006, das Sanatorium wurde geschlossen und es wird darüber kaum noch gesprochen. Das Gebäude verfällt und wird nicht mehr genutzt, Sarah bezweifelt, dass es noch lange stehen wird. Zudem wundert sich die junge Frau, weshalb ihr Vater nie über seine Vergangenheit in Ambergate spricht.
Zum anderen gibt es eine kleine Reise in die Vergangenheit. Im Jahr 1956 begleiten wir Ellen Crosby auf ihrem Weg in den neuen Job, bei neuen Herausforderungen und dem Alltag in dem Sanatorium. Hier gibt es meiner Meinung nach viel mehr Einblicke in das normale Leben der Charaktere, sie sind besser durchdacht und haben mehr Charme. Weiterhin war die Handlung für mich spannender, ich habe diese Abschnitte viel lieber gelesen, es ist mehr geschehen und ich konnte mir diese Kapitel viel besser vorstellen.
Mir hat dieser Erzählstrang in der Vergangenheit deutlich mehr gefallen, wie es meist der Fall ist. Oft kann ich mich damit besser anfreunden und finde die Handlung lebendiger.
Auf jeden Fall hatte die Geschichte in der Vergangenheit mehr Charme, mehr Handlung und mehr Spannung. Ich mochte die Charaktere mehr und insgesamt hatte er das gewisse Etwas. Ich fand ihn durchdachter, im Gegensatz zu ihm kommt die Handlung in der Gegenwart etwas fad daher. Es passiert nicht sehr viel, lediglich bei der großen Auflösung kommt mal etwas Spannung herein.

Als Setting dient vor allem Ambergate, alle anderen Örtlichkeiten haben eindeutig eine untergeordnete Rolle und tauchen nur sehr vereinzelt auf. Deshalb werde ich im Folgenden nur auf das Sanatorium eingehen.
Wir lernen das Haus zu zwei unterschiedlichen Zeiten kennen. In der Gegenwart ist es verlassen und erscheint absolut abstoßend und gruslig. So stelle ich mir ein Haus vor, welches verwunschen ist oder von dem Gruselgeschichten erzählt werden.
In der Vergangenheit jedoch mochte ich das Gebäude ganz gerne. Es klingt makaber anhand des Wissens, was in dem Haus alles passiert ist und welche Schicksale sich dort abgespielt haben. Klar wirkte es oft gruslig und kalt, aber immer wieder tauchten Szenen auf, in denen eine ungewohnte Wärme spürbar ist, die die Räume in einem anderen Licht erscheinen lässt. So entsteht eine Mischung, die man wahrscheinlich nur als äußerer Betrachter wahrnimmt. Besucher sehen vielleicht nur den einladenderen Aspekt, zudem werden sie nicht unbedingt in die Schlafsäle Einlass bekommen haben. Die Krankenschwestern, aber auch die Patienten werden genau den anderen Charakter des Hauses wahrgenommen haben.
Ich fand es interessant, dass man auch als Leser diese beiden Gesichter des Gebäudes wahrnehmen konnte. So kenne ich das gar nicht, meist nimmt man entweder nur die einladende oder die kalte Seite eines Hauses war. Davon war ich wirklich positiv überrascht und ich mochte diesen Aspekt sehr.

Stets war die Geschichte mit viel Spannung verbunden, natürlich habe ich immer auf das große Geheimnis und die Auflösung dessen gewartet. Und muss leider sagen, dass ich mit mehr Drama gerechnet hätte. Irgendwie war mir das Rätsel am Ende nicht groß genug, ich hatte in diesem Bezug mehr erwartet. Immerhin wird darauf hingearbeitet, es wird oft von geheimnisvollen Vorgängen gesprochen und Sarahs Vater will nicht über die Vergangenheit in Ambergate sprechen. Das ließ mich darauf schließen, dass einiges im Argen liegt und etwas ganz großes passieren wird, welches mir den Atem raubt und einfach krass ist. Leider war dem nicht ganz so, das Geheimnis war durchaus überraschend und besonders, doch nicht so riesig wie gedacht.

Es gibt ganz viele wunderbar durchdachte Charaktere, die ganz viel Charme haben. Für mich gibt es diese vor allem in der Vergangenheit, diese habe ich mir lebendig vorstellen können, sie sind abwechslungsreich und zeigen viele Facetten. Selbst einige Figuren, die anfangs etwas schwieriger erscheinen, haben doch das Herz am rechten Fleck und lassen mal eine andere Seite sichtbar werde. So wirken auch die strengsten Krankenschwestern plötzlich weicher und sanfter, sie zeigen, was der Alltag in dem Sanatorium mit ihnen gemacht hat.
Leider fand ich es etwas schade, dass man bei vielen Patienten und Mitarbeitern des Sanatoriums nicht erfahren hat, was mir ihnen geschehen ist. Ob und wie lange sie noch dort bleiben mussten, haben einige vielleicht geheiratet oder Kinder bekommen? Einige Informationen dazu hätten mir gut gefallen. Außerdem wäre es auch möglich gewesen, dies in die Gegenwart einzuflechten, vielleicht hätte Sarah in Ambergate noch irgendwelche Aufzeichnungen finden können, wo es Details über andere Personen gibt, die im Roman auftauchen und Patienten des Sanatoriums waren. Das hätte für mich das Ende nochmal runder gemacht, denn einige davon gingen mir mit ihrer Art schon ans Herz.
In dem Erzählstrang in der Gegenwart bin ich von den Protagonisten nicht ganz so begeistert. Sie sind nicht sehr authentisch, wirken etwas steif und emotionslos. Hier konnte mich niemand so recht überzeugen, einem jeden hat das gewisse Etwas gefehlt, was sie einzigartig macht. Es gibt immer wieder Ansätze, die die Figuren mögenswert machen, doch sie sind nicht ganz ausgereift und facettenreich, ihre Schicksale gehen nicht so sehr zu Herzen.

Fazit:

Ich bin richtig froh, das Buch gelesen zu haben. Es hat mich überzeugt, wartet mit einer spannenden und abwechslungsreichen Geschichte auf und besticht durch viele verschiedene Aspekte. Sei es die Schreibweise, das Setting oder ein großer Teil der Charaktere. Sie konnten überzeugen und haben das Buch zu etwas besonderem gemacht, was wirklich lesenswert ist.
Ich habe lange überlegt, ob ich dem Buch eine Bewertung mit 4 oder 4,5 Sternen gebe. Ich war mir unschlüssig und habe immer wieder über meine Meinung gelesen. Manche Aspekte mögen negativ wirken, sind aber gar nicht so gedacht, sondern schneiden aufgrund der geteilten Erzählsituation etwas negativer ab, was nicht gleichbedeutend mit schlecht ist.
Insgesamt hat der Roman nämlich einen sehr positiven Eindruck bei mit hinterlassen und konnte mich auf verschiedenen Ebenen überzeugen, weshalb ich gute 4,5 Stern vergebe. Ich bin sehr froh, dem Buch eine Chance gegeben zu haben und es auch so oft gesehen zu haben, sodass es mir irgendwann nicht mehr aus dem Kopf ging. Ich kann nur eine Lesempfehlung aussprechen!

Bewertung: 4,5 von 5 Sterne

MarySophie 

Vielen Dank an den Blanvalet Verlag, sowie das Bloggerportal für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars! 
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.

Interesse? Hier findet ihr den Roman!

Montag, 27. April 2020

Rezension: Gezeitenstürme von Marlies Folkens

Titel: Gezeitenstürme
 Autorin: Marlies Folkens
 Verlag: Lübbe
 Seitenzahl: 623 Seiten
 Preis: 10,00 €
Erscheinungsdatum: 27.03.2020
 ISBN: 978-3-404-18086-8

Gezeitenstürme als Taschenbuch

Handlung:

Herbst 1944
Eigentlich hat die 15-jährige Elli keine Geheimnisse. Bis sie einen Soldaten, der kaum älter ist als sie selbst, auf dem Heuboden des elterlichen Hofs findet und ihm verspricht, ihn nicht zu verraten. Georg ist desertiert und möchte nicht wieder zurück an die Front.
Doch trotz ihrer Bemühungen gelingt es Elli nicht, das Geheimnis für sich zu behalten und ihr Vater willigt ein, den Jungen bei sich auf dem Hof zu lassen. Aus einer Verbundenheit zwischen Elli und Georg entsteht erst eine starke Freundschaft, die sich schließlich zu einer zarten Liebe entwickelt. Trotzdem behält Georg viele Details aus seinem Leben für sich und gibt nur wenig über seine Vergangenheit preis. Nur mit einer Leidenschaft geht er offen um: mit seiner Liebe zur Musik. Und genau diese steht nach dem Kriegsende zwischen den jungen Paar...

Meinung:

Das Cover ist idyllisch und zeigt eine schöne Landschaft, die gleichzeitig stark an das Cover des anderen Bandes der Nordsee-Saga erinnert. Wieder sind Dünen, sowie das Meer und ein niedliches Häuschen zu sehen, diesmal befinden sich aber zwei Damen auf dem Cover. Hier sehe ich nicht ganz durch, wer soll die zweite Frau sein? Ich könnte mir vorstellen, dass es sich auf jeden Fall um Elli handeln könnte, doch keine zweite weibliche Person steht so stark im Mittelpunkt wie sie und würde ein Auftauchen auf dem Titelbild rechtfertigen.

Erst vor kurzem hatte ich den zweiten Teil der Nordsee-Saga gelesen, ich war tatsächlich fest davon überzeugt, dass es sich dabei um den ersten Teil handelt. Doch es war gar ein Problem, es wurde nichts gespoilert und die Bücher lassen sich prima unabhängig voneinander lesen. Es gibt ab und an ein paar kleine Details, die man in einen Zusammenhang stellen könnte, doch sie sind für die Geschichte nicht entscheidend und geben nichts vorweg.

Mir ist der Einstieg in diesen Teil viel leichter gefallen. Ich weiß selbst nicht woran es lag, vielleicht weil ich den Protagonisten vom Alter näher bin oder weil die Geschichte direkter gestartet ist. Es gibt nicht erst lange Abschnitte, sondern Georg taucht recht schnell in der Geschichte auf und wird ein fester Bestandteil dessen. Zudem fand ich Elli anfangs sehr interessant, ich mochte ihren Charakter und war besonders von ihrem Fleiß und ihrer Arbeitskraft beeindruckt. Sie schien unermüdliche Energie zu haben und war mir direkt sympathisch.

Auch die Schreibweise hat mir gut gefallen. Sie war einfach und leicht verständlich, ich habe das Buch leicht lesen können und hatte besonders an diversen Landschaftsbeschreibungen großes Vergnügen. Auch konnte ich mir die Gebäude richtig gut vorstellen und mochte die Darstellung von Elli und ihrer Familie.
Immer mal wieder werden norddeutsche Kosenamen und Bezeichnungen eingebunden, die einen angenehmen Effekt auf die Handlung haben und sehr natürlich wirken. So entsteht eine sehr ansprechende Schreibweise, die sich gut lesen lassen hat und zu der meist lockeren Handlung gepasst haben.

Ich war überrascht davon, dass es diesmal eine zweite Zeitebene gibt. Diese findet im Jahr 1949 statt und lässt sich nicht sofort in die Handlung einordnen. Man hat viel Platz für Vermutungen und sie erhöht die Spannung. Zudem gab es so eine Abwechslung zu der normalen Handlung und ein wenig habe ich auf diese Abschnitte hingefiebert, einfach um den ganzen Sachverhalt zu verstehen und dieses Geheimnis aufgedeckt zu bekommen.
Doch so sehr ich diese Zeitebene mochte, blieben trotzdem einige Fragen, die nicht wirklich beantwortet wurden. Leider kann ich darüber nicht zu viel verraten, sonst würde ich zu viel von der Handlung vorwegnehmen, doch manches war für mich nicht perfekt erklärt und aufgelöst.

So erstreckt sich die Handlung auf knapp fünf Jahre, sie beginnt kurz vor dem Kriegsende im Jahr 1944 und endet 1949. Der eine Erzählstrang wird immer klar herauskristallisiert, es gibt bei dem im Jahr 1949 immer eine kurze Erwähnung der Jahreszahl am Anfang des Kapitels, so kann es gar keine Missverständnisse geben. Mir hat es bei der Handlung im Jahr 1944 und folgend etwas gefehlt, dass es nicht viele Hinweise auf die Jahreszahl gibt und man so einen besseren Überblick darüber bekommt, sich einfach besser orientieren kann. Es gibt zwar die Erwähnung auf manche Feste und das Wetter, wovon man sich einiges ableiten kann, doch mir hat das nicht gereicht.

Mir hat es richtig gut gefallen, wie viele historische Details eingebunden wurden. Nicht nur die Angst vor dem Krieg, das Leben von Flüchtlingen und das Desertieren von Soldaten, sondern auch der Schwarzmarkthandel und die Nachkriegszeit mit dem Nahrungsmangel finden eine Erwähnung. So ergibt sich ein breitgefächertes Bild, welches viel Wahres in sich birgt und einen soliden Grundstamm für eine gute Geschichte legt. Ich mochte es sehr, dass anhand von anschaulichen Beschreibungen so viel Authentizität in die Geschichte gelegt wird und man so auf eine angenehme und gut vorstellbare Weise die Informationen übermittelt bekommt.

Als Setting dient vor allem der Bauernhof der Familie Bruns, dazu gibt es noch einige Szenen am Meer, in der Kirche oder bei Freunden. Doch das Hauptaugenmerk liegt eindeutig auf dem Hof, dieser ist mit vielen Worten beschrieben wurden und ich hatte schon nach wenigen Seiten ein erstes Bild davon, welches sich immer weiter verstärkt hat und immer farbenfroher und lebendiger wurde. Ich konnte mir vor allem die Küche mit der Essecke sehr gut vorstellen, ich mochte die Zusammentreffen der Familie Bruns unglaublich gerne, sie wirkten dort am natürlichsten und ich mochte die Dynamik, die untereinander herrschte sehr gerne!
Zum anderen gab es einige wunderschöne Beschreibungen der See, sie wurde mit leuchtenden Worten beschrieben, sodass ich mir dies immer deutlich vorstellen konnte. Außerdem bin ich ein bisschen der Meinung, dass dort immer einige Schlüsselmomente stattgefunden haben und man die Charaktere von einer weicheren und verletzlicheren Seite zu sehen bekommen hat.
Es gibt einen langsamen Spannungsaufbau, man merkt, dass sich langsam aber sich etwas zusammenbraut. Doch dabei entstehen leider ab und an Längen, einige Szenen verlängern das Buch nur unnötig. Sie sind zwar nett zu lesen, es wird das normale Leben von Bauern, einer jungen Liebe und dem Alltag zu und nach Kriegszeiten erzählt. An sich finde ich das auch spannend und ich mag es, wenn nicht dauernd Dramen eingebaut werden. Doch hier waren es mir ein paar zu viele dieser Erzählungen, sie haben nicht zwingend zu dem Weitergang der Geschichte beigetragen und erschienen etwas unnötig.
Gerade durch die Einstreuung von Szenen, die im Jahr 1949 spielen und bereits erste Vermutungen zulassen, die ganze Situation aber nicht auflösen und so die Aufmerksamkeit ankurbeln, bin ich immer weiter am Ball geblieben. Teilweise habe ich darauf gewartet, dass es weitere Informationen zu der Situation gibt, in der sich Elli gerade befindet. Doch diese Szenerie wird erst am Ende aufgelöst und so habe ich trotz einiger Längen mit viel Interesse weitergelesen.

Die Darstellung der Protagonisten war meist sehr gelungen. Es gibt allerhand verschiedene Charaktere, die sich eindeutig voneinander unterscheiden. die nicht alle sympathisch erscheinen oder in denen man sich auch leicht täuschen kann. Es ist dem Leser selbst überlassen, wie man einen Protagonisten einschätzt und die Sympathie wird nicht in eine bestimmte Richtung gelenkt.
Mir hat stets die Familie Bruns mit ihren verschiedenen Wesen am besten gefallen, nicht nur die Dynamik mochte ich gerne, sondern auch, wie die damals innerhalb einer Familie typische Hierarchie dargestellt wurde. Sie wirkte realistisch und wurde sehr anschaulich beschrieben, sodass man gar keinen Zweifel daran haben muss, dass es genau so damals abgelaufen ist.
Tatsächlich hatte ich während manchen Szenen das Gefühl, dass die Familie nicht nur erdacht ist, sondern genau in diesem Moment so versammelt am Esstisch sitzen könnte und eine Mahlzeit einnehmen, Probleme bereden oder einer Tätigkeit nachgehen.
Als Hauptprotagonistin steht Elli im Mittelpunkt. Ich mochte ihre Art sehr gerne, sie ist ein sympathisches Mädchen, welches nicht nur freundlich auftritt, sondern auch unglaublich fleißig ist und sich für keine Arbeit auf dem elterlichen Hof zu schade ist. Manchmal war mir Elli zu impulsiv, sie hat ihre Emotionen teils einfach raus gelassen und nicht über mögliche Folgen nachgedacht. Zudem änderte sich ihr Wesen, sie wurde reifer und manche Aussagen und Handlungen habe ich kritisch hinterfragt. Am Ende war sie mir nicht mehr so angenehm wie noch am Anfang, trotzdem fand ich Elli ganz interessant und empfand sie als gute Seele.
Georg blieb mir immer etwas blass. Er hatte ebenfalls zahlreiche Charakterzüge erhalten und nach und nach erfährt man auch ein paar Details aus seinem Leben vor dem Krieg. So kann man sich ein recht gutes Bild seines Wesens machen, ihn einschätzen und bewerten. Und oft fand ich Georg merkwürdig, er schien mir nicht immer aufrichtig und ich hatte stets das Gefühl, er ist nicht der sympathische Kerl, für den er sich gern darstellt.

Fazit:

Im Großen und Ganzen ein guter erster Teil der Nordsee-Saga, es gibt eine recht spannende Handlung, mit vielen, ganz wunderbar erklärten Details über historische Zusammenhänge. Zudem mochte ich das Setting gerne, ich habe den Bruns-Hof sehr lebendig vor Augen gehabt und konnte mir viele Protagonisten in diesem Setting richtig gut vorstellen. Und auch die Familie Bruns waren tolle Charaktere, die sehr individuell waren und die ich gerne auf ihrem Lebensweg ein Stück begleitet habe.
Es gibt kleine Kritikpunkte, am schwersten wiegt für mich die Länge des Buches, wodurch sich manche Szenen etwas gezogen haben und fast schon zu viel des Guten waren. Einiges hätte durchaus weggelassen werden können und die Handlung wäre immer noch rund gewesen und man hätte nichts wichtiges verpasst.

Bewertung: 4 von 5 Sternen

MarySophie 

Vielen Dank an den Bastei Lübbe Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars! 
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Meine Rezension zu Band 2: Inseltochter

Freitag, 24. April 2020

Rezension: Inseltochter von Marlies Folkens

Titel: Inseltochter
Autorin: Marlies Folkens
Verlag: Lübbe
Seitenzahl: 350 Seiten
Preis: 10,00 €
Erscheinungsdatum: 27.03.2020
 ISBN:978-3-404-18087-5

Inseltochter als Taschenbuch

Handlung:

Fedderwardsiel 1946
Noch immer werden die Flüchtlinge von der Insel Helgoland schief angeschaut und von den Einheimischen gemieden. Doch diese machen sich deshalb nicht zu viele Sorgen, sie sind einfach nur glücklich, dass der Krieg vorbei ist, sie ein neues Heim gefunden haben und erst mal wieder etwas durchatmen können. Die Helgoländer haben furchtbares miterlebt und müssen sich erst von dem Schrecken erholen, dass die Insel nach einem britischen Bombenangriff in Schutt und Asche liegt.
Auch Wiebe gehört zu den Flüchtlingen und ist bemüht, sich und ihrer Familie eine neue Zukunft aufzubauen. Und muss dabei selbst immer noch bangen, ob ihr geliebter Ehemann Jan noch am Leben ist. Und sich zeitgleich mit dem Fischer Freerk Cordes arrangieren, der in der Nachbarschaft wohnt und ihr das Leben auch nicht immer erleichtert...

Meinung:

Das Cover baut eine direkt Bindung zu dem Titel, aber auch zu dem Inhalt auf. Es zeigt eine wunderschöne Landschaft, im Hintergrund befindet sich ein idyllisches Häuschen, welches sich unglaublich gut in die Szenerie einfügt. Dazu ist noch das Meer zu sehen, sowie eine Düne, wo eine Frau steht, die in Richtung des Wassers schaut. Sie ist der Mode entsprechend gekleidet, ich mag es, dass sie nicht dem Betrachter zugewandt ist. Insgesamt ein schönes Bild, welches bereits einen ersten Blick auf das Setting gibt.

Seitdem ich die Neuauflage des Buches in der Verlagsvorschau gesehen hatte, stand das Buch auf meiner Wunschliste. Die Handlung klang für mich sehr spannend und ich reise gerne mal gedanklich an die See. Zudem wurde eine Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in einer Gegend besprochen, die ich nicht wirklich kenne und ich finde es immer wieder spannend davon zu lesen, wie die Menschen mit dem Geschehenen umgegangen sind. Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Bastei Lübbe Verlag zur Verfügung gestellt, wofür ich mich auch hier nochmal ganz herzlich bedanken möchte!

Obwohl es einen recht angenehmen Start in den Roman gibt und man die Gelegenheit bekommt, sich daran zu gewöhnen und Zusammenhänge zu erkennen, habe ich mich gut hundert Seiten mit der Handlung etwas schwer getan. Bis dahin wurde die Handlung nicht mitreißend, ich fand die Geschichte gut, aber mir fehlte das gewisse Etwas. Vielleicht ein paar mehr Emotionen, mehr Lebendigkeit oder mehr Spannung.
Erst später wurde die Handlung für mich richtig interessant und ich konnte schneller und flüssiger lesen und hatte auch Freude daran. Die Geschichte nahm endlich Fahrt auf und bekam etwas einzigartiges.

Durchweg gefallen hat mir die Schreibweise. Stets war die Handlung mit einfachen Worten niedergeschrieben, was sich flott lesen ließ. Authentizität kam durch die Einmischung von einigen, typischen nordischen Begriffen, die außerdem für eine angenehme Bodenständigkeit gesorgt haben.
Ansonsten gab es ganz wundervolle Beschreibungen des Settings, ich konnte mir die verschiedensten Orte sehr gut vorstellen, was mich sehr begeistert hat.
Anhand von recht wenigen Worten ist es der Autorin außerdem gelungen, den Protagonisten klare Züge zu verleihen und sie lebendig werden zu lassen. Ich konnte sie mir nicht unbedingt vom Aussehen her vorstellen, sondern ihre Charaktere standen deutlich im Vordergrund und waren klar gezeichnet. Das hat mir sehr gefallen, so kann man seiner Fantasie freien Lauf lassen und es wurde sich nur auf das Wichtigste beschränkt.

Insgesamt wurde der Roman mit seinen 350 Seiten kompakt gehalten. Es entstanden nie Längen, die Handlung war begrenzt und für den weiteren Verlauf unwichtige Details wurden komplett ausgelassen. Es wurde sich wirklich nur auf das Wichtigste beschränkt und so ging die Geschichte nicht zu sehr in die Weite.
Der Prolog der Handlung zeigt Wiebke mit ihrem Freund in Kindertagen, danach setzt die Handlung 1946 wieder ein, als diese eine gestandene Frau mit zwei kleinen Kindern, allerhand Sorgen und Verantwortung ist. Tatsächlich ist es nicht so leicht zu sagen, wie viel Zeit im Verlauf der Handlung vergeht. Es gibt nur selten einen Hinweis darauf, in welchem Jahr sich die Geschichte gerade befindet. Höchstens mal durch das Alter der Kinder wird dies deutlich. Hier hätte ich mir eine genauere Ansage gewünscht, vielleicht hätte am Anfang neuer Kapitel wenigstens das Jahr, vielleicht sogar die Jahreszeit / der Monat eine Erwähnung finden können. Mir hätte es sehr geholfen und ich mag es immer, wenn ich mich in der Zeit besser orientieren kann, gerade weil der Roman historische Hintergründe hat und ich diese gerne zeitlich einordne.

Das Setting war wirklich traumhaft. All die wunderschönen und ausführlichen Beschreibungen des Meeres und der Landschaft haben in mir den Wunsch geweckt, mich an diese Örtlichkeit zu wünschen. Anhand der Beschreibungen verschiedener Häuser, sei es von feineren wie der Gemeindeverwaltung oder einfachen und ärmlicheren Gebäuden wie den Wohnhäusern von Wiebke und Freerk, gibt es außerdem einen Einblick darauf, welche Folgen der Krieg in der Wohnsituation hinterlassen hat. Weiterhin werden Unterschiede deutlich, wie Flüchtlinge, aber auch die Besatzer untergebracht sind.
Hier kann das Buch ganz viele Pluspunkte sammeln, ich habe mich unglaublich gerne in diese Umgebung geträumt und fand auch, dass die Charaktere dort richtig gut hingepasst haben. Ich konnte sie mir nur schwer in einer größeren Stadt vorstellen, dafür waren sie mit der See viel zu verbunden, was man ihrem Wesen auch deutlich angemerkt hat.

In die Handlung eingestreut wurden nicht nur norddeutsche Begriffe, sondern auch immer wieder historische Ereignisse. Diese konnte man teils hautnah mit Wiebke und den anderen Protagonisten erleben, wenngleich ich mir noch mehr Informationen gewünscht hätte.
Doch auch so konnte ich mich weiterbilden und habe manches zum ersten Mal gehört. Tatsächlich war es mir nämlich nicht bekannt, dass die Bunkeranlagen von Helgoland gesprengt werden sollten und wie das Ergebnis dessen aussieht.
Weiterhin wurde diese Informationen sehr passend in die Handlung eingewoben, sodass man sie fast nebenbei liest und aufnimmt. Mit einfachen Worten wiedergegeben hatten die Details natürlich auch die Wirkung, dass man sich diese schnell merken konnte und sie auch leichter im Gedächtnis bleiben.

Leider hat mir immer ein wenig die Spannung gefehlt. Die Handlung war interessant, aber nur selten ist etwas passiert, wo man mit den Protagonisten mitfiebern konnte und ich vor Aufregung das Buch nicht aus der Hand legen wollte. Und selbst wenn etwas passiert ist, was neuen Schwung in die Handlung bringt, empfand ich dies nur selten als spannungsanregend, es wurde für mich lediglich eine neue Facette gezeigt.

Wie schon erwähnt, die Figuren haben alle ausführliche Züge bekommen, die nicht so sehr auf das Aussehen, sondern eher auf den Charakter zielen. Nur selten wurden äußerliche Details genannt, die ein grobes Bild von den Figuren geben. Ansonsten hat man viel Platz für seine Fantasie und kann sich einige Details selbst ausdenken und vorstellen.
Mir hat die Zeichnung ganz gut gefallen, es entstanden sympathische Figuren, die keine Helden sind, sondern ganz normale Personen. Auch sie haben mit Sorgen und Ängsten zu kämpfen und ihnen fällt nicht alles zu. So entsteht eine natürliche Situation, die sich positiv auf die Figuren auswirkt.
Im Vordergrund steht ganz klar Wiebke. Man hat an ihrem Charakter gemerkt, was der Krieg und ständige Nöte mit einem Menschen macht, sie startete sehr ernst und steif in die Handlung und ließ diese Eigenschaften nach und nach fallen. So entsteht eine sympathische und warmherzige Frau, der man nur das Beste wünscht und mit der man sich mit freut. Manchmal fand ich es schade, dass sie sich von anderen Personen reinreden ließ und von anderen Meinungen beeinflusst wurde. Gerade bei Entscheidungen um ihre Zukunft sollte Wiebke am meisten auf sich selbst hören und nicht auf andere Personen.

Fazit:

Ein wirklich gutes Buch, welches ich gerne gelesen habe. Mein großes Highlight des Buches sind das Setting, aber auch die Schreibweise, welche der Handlung einen guten Rahmen gegeben hat. Dies und auch die Figurenzeichnung trägt dazu bei, dass das Buch interessant bleibt und man es gerne in die Hand nimmt. Und im Großen und Ganzen bin ich mit dem Roman auch ganz zufrieden, es tauchten lediglich immer mal Kleinigkeiten auf, die mich etwas gestört haben und für die ich einen Stern in meiner Bewertung abziehe.
Trotzdem kann ich das Buch weiterempfehlen, die Geschichte lässt sich locker und flott lesen und auch die Handlung hat mir gefallen. Ich fühlte mich gut unterhalten und bin nun doppelt so gespannt auf das andere Buch der Autorin, welches ich lesen werde und zu dem als nächstes meine Meinung folgen wird!

Bewertung: 4 von 5 Sternen

MarySophie 

Vielen Dank an den Bastei Lübbe Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars! 
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Meine Rezension zu Band 1: Gezeitenstürme
 

Dienstag, 21. April 2020

Rezension: Gut Greifenau - Goldsturm von Hanna Caspian

Titel: Gut Greifenau - Goldsturm
Autorin: Hanna Caspian
Verlag: Knaur Taschenbuch
Seitenzahl: 570 Seiten
Preis: 9,99 €
Erscheinungsdatum: 01.04.2020
ISBN: 978-3-426-52544-9

Gut Greifenau - Goldsturm als Taschenbuch

Handlung:

Gut Greifenau 1919
Noch immer sind die Folgen des Krieges weitreichend spürbar. So auch bei Konstantin, Rebecca und den restlichen Bewohnern des Pommerschen Gutes Greifenau. Auch seine Familie macht dem Erben Druck, sie erwarten ihre Apanage, die Konstantin finanziell zu schaffen macht. Und noch dazu fehlt ihm ein Erbe, der seine Position festigen würde...
Zwar hat seine jüngere Schwester, die ehemalige Komtess Katharina, keine finanziellen Probleme und bisher noch keinen Druck nach einem Nachfolger. Doch noch immer konnte sich die junge Frau ihren Traum von einem Medizin-Studium nicht erfüllen. Und außerdem erkennt Katharina, dass ihre Familie nicht ganz so hinter ihr steht, wie sie es sich wünscht und das ausreichend Geld auch negative Aspekte hat.
Bei der restlichen Familie, sowie bei den Dienstboten des Gutes passiert ebenfalls allerlei. Manche suchen ihr Glück, manche trauen sich nicht, einige Dinge auszusprechen und manche denken über einen Abschied nach...

Meinung:

Das Cover erinnert klar an die vorherigen Teile, ich finde aber auch, dass es gleichzeitig edler und glanzvoller wirkt. Nicht nur durch den Beinamen „Goldsturm“ oder die Dame, welche sehr schick und geschmackvoll, der damaligen Mode entsprechend gekleidet ist. Auch der Hintergrund mit dem Haus wirkt sehr freundlich, beim Himmel ist lediglich der obere Rand dunkler verfärbt und wirkt etwas bedrohlicher. Insgesamt gefällt mir das Bild sehr gut, es ist stimmig und ansprechend. Außerdem finde ich es gut, dass es einen Bezug zu den drei bereits erschienenen Bänden gibt, was ich immer gerne mag und im Bücherregal sieht es natürlich wunderbar stimmig aus.

Tatsächlich hatte ich nicht gedacht, dass es noch einen vierten Band von Gut Greifenau geben wird. An sich war ich der Meinung, dass es schon ein vernünftiges Ende im dritten Teil gab, mit dem ich ganz gut leben konnte. Doch weil mir die anderen Bücher so gut gefallen haben, wollte ich auch diesen Teil noch lesen und nochmals in die Welt von Konstantin, Rebecca, Katharina und allen anderen eintauchen. Ich war mir ziemlich sicher, dass das Buch spannend sein wird und mich ebenso wie die anderen Bücher überzeugen kann. Daher war ich sehr glücklich, den Roman als Rezensionsexemplar zu erhalten und bin frohen Mutes in die Handlung gestartet.

Vor dem Start der Handlung gibt es den obligatorischen Anhang, den ich sehr nützlich und sinnvoll finde. Nicht nur eine Karte von Westpreussen und Pommern ist dabei, die eine Lokalisierung des fiktiven Gut Greifenaus zulässt, sondern auch zwei zweitere Abbildungen. Einmal wird das Dorf Greifenau mit den wichtigsten Gebäuden abgebildet. Zum anderen gibt es noch eine Aufteilung der Gebäude des Gutes, sodass man auch dort einige Wege nachvollziehen kann und sich das gesamte Grundstück besser vorstellen kann.
Danach folgt eine Personenübersicht, ich hatte mich, bevor ich mit dem Buch begonnen habe, erst mal damit befasst, mich an verschiedene Charaktere erinnert und auch auf diesem Wege fielen mir direkt wieder Details aus den anderen Bänden und diverse Zusammenhänge ein.

Obwohl es für mich gut ein Jahr her ist, seitdem ich den dritten Band gelesen habe, hatte ich absolut keine Probleme, mich wieder in der Handlung zurechtzufinden. Mir sind nach wenigen Seiten direkt wieder viele Details eingefallen, dazu gibt es auch ab und an kleine Zusammenfassungen vonseiten der Autorin, was bereits geschehen ist. Und je weiter die Handlung fortgeschritten ist, desto mehr Informationen sind mir eingefallen und ich konnte mich schnell vollkommen auf die Handlung einlassen.
Tatsächlich habe ich mich während des Lesens häufig gefragt, warum ich mich mit dem dritten Teil als Ende zufrieden gegeben habe. Es sind doch einige offene Fragen gewesen, die mir auf dem Herzen lagen und die im Verlauf des Romans teils beantwortet wurden. Ich wurde immer glücklicher, dass es noch eine Fortsetzung gibt und bei einigen Angelegenheiten Licht ins Dunkel kommt.

Mir hat die Schreibweise wieder richtig gut gefallen. Sie hat mich herzlich am Anfang des Buches begrüßt und war sehr angenehm zu lesen. Ich konnte mir viele Szenen bildhaft vorstellen, ich mochte die Umschreibungen von Charakteren, des Settings oder von Situationen sehr gerne und habe mich schon nach wenigen Seiten entspannen können. Natürlich trägt der tolle Schreibstil auch wieder dazu bei, dass sich das Buch sehr gut und locker lesen lässt und man den Roman am liebsten gar nicht mehr aus der Hand legen mag.

Erzählt wird die Geschichte von einem allwissenden Erzähler, der immer wieder die Perspektiven wechselt und verschiedene Charaktere zu Wort kommen lässt. So entsteht eine umfangreiche Geschichte, die nie Langeweile entstehen lässt und es bleibt stets spannend. Ich fand es lediglich etwas schade, dass manche Protagonisten sehr viel weniger Platz im Roman eingenommen haben als andere und man so teilweise eine lange Zeit nichts von ihnen hört. Ein ausgeglicheneres Verhältnis dessen würde zu einem noch besseren Kennenlernen der Charaktere führen und es würde noch mehr Vielfalt entstehen.

Ein weiterer großer Pluspunkt ist die Spannung. Ich hatte mir so einige Gedanken gemacht und immer wieder sind mir Ideen gekommen, wie sich eine Situation auflösen könnte, doch so richtig lässt sich die Autorin nicht in die Karten schauen. Ich lag mit meinen Vermutungen meist komplett daneben und wurde stets mit dem Weitergang der Geschichte überrascht. Kaum ein Detail hat sich vorhersehen lassen, immer wieder gab es kleine Stichworte, die in die Irre geführt haben und daher gab es am Ende meist eine große Überraschung.
Und trotz vieler Wendungen und auch Dramen, wurde es nie zu viel. Es gab stets Kapitel, die ruhiger waren, die Zeit gegeben haben, um die Gedanken zu ordnen und die den normalen Alltag der Charaktere gezeigt haben. Sie dienen als Ruhepole und sind eine willkommene Abwechslung zu vielen spannungsreicheren Kapiteln. Das Drama wird nicht zu viel und die Geschichte behält eine gewisse Bodenständigkeit, die sie sehr natürlich und nicht zu gescriptet wirken lässt.

Am Anfang neuer Abschnitte gibt es, wie schon von den vorherigen Teilen bekannt, immer eine zeitliche Angabe. Diese hilft nicht nur dabei, die Handlung einzuordnen und historische Daten besser in einen Zusammenhang zu bringen, sondern man kann auch gut schauen, wie viel Zeit seit dem Beginn der Handlung vergangen ist. Weiterhin lässt sich so ganz gut eine kritische Betrachtung der Charaktere vollziehen, man kann sie besser beurteilen und schauen, inwieweit es eine Entwicklung gibt.

Diesmal gibt es eine insgesamt erzählte Zeit von 4 Jahren. Beginnen tut die Handlung 1919 und erstreckt sich, mit kleinen Auslassungen und Zeitsprüngen, bis ins Jahr 1923. Ich bin gerade selbst erstaunt, wie viel Zeit vergangen ist, an mir sind die erzählten Jahre während des Lesens nur so vorbeigeflogen und mir war gar nicht bewusst, dass die Handlung schon so weit fortgeschritten ist und die Goldenen Zwanziger begonnen haben. Das ist ja ein gutes Zeichen, dass die Geschichte stets spannend war und ich hatte große Freude beim Lesen. Die Auslassungen waren geschickt eingesetzt und es gab trotzdem Informationen zu Ereignissen, die man nicht selbst miterlebt hat. So wurde die Handlung etwas abgespeckt und es konnten erst gar keine Längen entstehen.

In diesem vierten Band zeichnet sich das Setting durch eine interessante Mischung aus bekannten und neuen Orten aus. Nicht nur gibt es wieder viele Szenen von dem wundervollen Gut Greifenau, sondern auch in Potsdam und Berlin spielen einige Szenen. Dazu gibt es auch eine kleine Reise nach Frankreich, über die ich aber nicht zu viel verraten möchte.
Am meisten Charme hatte definitiv Greifenau, vielleicht weil der Ort und das Gut noch aus den vorherigen Teilen so gut bekannt ist und es sich ein bisschen wie ein Heimkommen an einen angenehmen und einladenden Platz angefühlt hat.
Dagegen kommen die anderen Handlungsorte nicht an, sie sind mit nicht ganz so bunten und lebhaften Worten gezeichnet und lassen bei mir nicht so ein starkes Bild entstehen. Ich glaube, gerade weil das Gut so perfekt dargestellt ist, gibt es eine hohe Messlatte, die für andere Lokalitäten nur schwer zu erreichen ist.

In die Handlung geschickt eingebunden wurden wieder allerhand historische Details, die stets in einen schlüssigen Zusammenhang gebracht wurden. Sie wurden außerdem auch perfekt mit den meist fiktiven Charakteren in einen Einklang gebracht und dies ergibt eine anregende und interessante Mischung, welche mir sehr gut gefallen hat.
Zudem wurden diese Informationen auf eine einfache und leichte Weise dargestellt, ich hatte keinerlei Probleme, sie aufzunehmen und mir einzuprägen. Außerdem merkte man anhand von solchen Details, wie stark und tiefgehend die Recherche der Autorin war und wie viel Herzblut in dem Buch steckt. Eine jede Aussage hat Hand und Fuß und machte viel Sinn.

Es gibt eine Vielzahl an Protagonisten, die den unterschiedlichsten Ständen angehören. Mir hat ja in den vorherigen Bänden immer der dargestellte Unterschied und das Zusammenleben von der Herrschaft mit den Dienstboten immer besonders gut gefallen. Und im Grunde tut es das immer noch, wobei ich es sehr schade fand, dass die Dienstboten nicht mehr so einen umfangreichen Teil bekommen haben, mir scheint es gerade, als würden sie weniger auftreten als in den vorherigen Teilen. Vielleicht täusche ich mich auch, immerhin haben sich die Zeiten und die Gesellschaft geändert, zudem gibt es nun keine Hausherrin mehr, die einen großen Wert auf ihren hohen Stand legt. Für mich ist das ein Aspekt, der mir etwas zu kurz kommt und ich hoffe, dass sich dies im fünften Teil ändern könnte.
Ansonsten gibt es wieder allerhand lebhafte Zeichnungen der Protagonisten und ich fand es toll zu sehen, wie wenig sich manche geändert haben. Gerade Feodora ist noch komplett die Alte geblieben und obwohl ich ein großer Fan davon bin, wenn Charaktere einsichtiger werden, mag ich es bei ihr sehr, dass sie ihren Prinzipien treu bleibt. Genau das passt zu ihrem Wesen und alles andere würde nur gekünstelt erscheinen.

Fazit:

Mein erster Gedanke, als ich das Buch weggelegt habe: Hier muss noch eine Fortsetzung folgen. Dafür bleiben viel zu viele Fragen offen und ich wünsche mir eine Beantwortung dessen. Ich hab dann mal auf der Verlagsseite nachgeschaut und schnell festgestellt, dass mir dieser Wunsch erfüllt wird. Ein fünfter Teil folgt im Dezember, ich kann die Zeit bis dahin kaum noch abwarten und bin mir sicher, dass das Buch ebenso gut wird wie die bisher erschienenen Teile und dem Leser in der Vorweihnachtszeit viele schöne Stunden bescheren wird.
Bis auf ein – zwei kleine Punkte, die ich angesprochen habe ( ein ausgewogeneres Verhältnis der Erzählsituationen, sowie mehr Informationen und Szenen zu den Dienstboten ) bin ich mit dem Buch vollkommen zufrieden. Anfangs stand ich einer Fortsetzung tatsächlich etwas kritisch gegenüber, ich musste mich erst mal an den Gedanken gewöhnen, danach kam erst die Freude darüber. Mittlerweile bin ich vollkommen begeistert darüber, dass noch ein paar mehr Geheimnisse aufgedeckt werden, die ich mir nicht entgehen lassen möchte.

Bewertung: 4,5 von 5 Sternen

MarySophie 

Vielen Dank an den Droemer Knaur Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars! 
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.

Interesse? Hier findet ihr den Roman!

Meine Meinung zu den anderen Teilen:

Band 1 Abendglanz

Band 2 Nachtfeuer
Band 3 Morgenröte

Samstag, 18. April 2020

Rezension: Der Zauberer von Oz von Lyman Frank Baum

Titel: Der Zauberer von Oz
Originaltitel: The Wizard of Oz ( aus dem Englischen von Felix Mayer )
Autor:Lyman Frank Baum
Verlag: Anaconda
Seitenzahl:  192 Seiten
Preis: 4,95 €
Erscheinungsdatum: 07.08.2012
 ISBN:978-3-86647-856-5

Der Zauberer von Oz als Buch (gebunden)

Handlung:

Die kleine Dorothy und ihr Hund Toto konnten sich vor einem Wirbelsturm nicht schnell genug retten und werden weit von zuhause weggeweht. Sie erhalten die Information, dass nur der Zauberer von Oz ihnen helfen kann, um wieder zu ihrer Familie zurückzukommen. Auf dem Weg dorthin trifft das Duo einige merkwürdige Wesen, die sich ihnen anschließen möchten. Denn sie haben alle einen Wunsch, den ihnen nur der große Zauberer erfüllen kann. Während sich die Vogelscheuche Verstand wünscht und der Blechmann ein Herz, kann man bei dem dritten im Bunde, dem ängstlichen Löwen, schon erraten, was er sich von dem Besuch in Oz erhofft. Auf ihrem Wege muss die zusammengewürfelte Gruppe allerlei Gefahren ins Auge blicken, doch zusammen können sie den Weg nach Oz schaffen.

Meinung:

Ich finde das Cover ziemlich niedlich gestaltet, es greift einige Details aus dem Buch auf und gibt einen ersten Blick auf die Protagonisten. Man kann sich zudem von dem Setting ein Bild machen, es wird eine Szene dargestellt, die ich mir beim Lesen dann auch genauso vorgestellt habe. Der Rand ist vielleicht etwas zu farbenfroh, gleichzeitig gibt er der Szene einen Rahmen und passt zu der farbenfrohen Gestaltung. Mir ist es vielleicht etwas zu bunt, doch im Grunde finde ich es ganz gelungen, es zieht auf jeden Fall Aufmerksamkeit an und hat einen gewissen Charme.

Ich hatte vor vielen Jahren mal das Stück im Theater gesehen und kann mich nur noch daran erinnern, dass ich die Figuren gruselig fand. Ansonsten habe ich kaum Erinnerungen an die Geschichte. Allein aus diesem Grund wollte ich das Buch jetzt unbedingt lesen, es ist eine Lektüre, die man sicherlich irgendwann mal gelesen haben sollte.
Zur gleichen Zeit hatte ich auch meine Bedenken. Viele Kinderbücher, die ich im letzten halben Jahr gelesen habe, konnten mich nicht recht überzeugen und ich war am Ende etwas enttäuscht und hatte von den bekannten Werken ganz andere Erwartungen. Meine Angst, dass ich auch dieses Buch vielleicht nicht so gut finden könnte war groß und ich hatte darauf gehofft, dass ich am Ende dasitzen und eine positive Meinung verfassen kann.

Ich hatte einen angenehmen Start in die Handlung und mir hat die Schreibweise schnell gefallen. Sie wurde recht einfach und knapp gehalten, ist sehr kindgerecht gehalten und ließ sich unglaublich schnell lesen. Dazu fand ich auch die Zeichnung der Charaktere und des Settings gut und eingängig, mit wenigen Worten wurde ein recht lebendiges Bild wiedergegeben, was mir für die Länge des Romans vollkommen ausgereicht hat. Zudem zeichnen sich die Protagonisten eher durch ihre Taten und ihren Charakter aus.
Es gibt einen allwissenden Erzähler, der uns durch die Geschichte führt. Dieser gibt stets nur eine ausgewählte Anzahl an Informationen preis und lässt sich nicht in die Karten blicken. Ich konnte mir ja schon vorstellen, dass es ein gutes Ende geben wird, doch wie dieses erreicht wird hielt für mich den Spannungsfaktor aufrecht.

Immer mal wieder tauchen einige Illustrationen auf, die in schwarz-weiß gehalten wurden und nicht zu üppig vorkommen. Auch diese geben der Geschichte, dem Setting und den Protagonisten ein Gesicht und stellen Szenen lebhaft dar. Gerade bei einigen Kreaturen, wo mich meine Fantasie etwas im Stich lässt, finde ich die Darstellung dessen richtig hilfreich und ich denke, dass auch Kinder ihre Freude daran haben.

Als Setting dient ein fiktives Land, welches ungewöhnlich ist und ich nur zu gerne mit eigenen Augen sehen würde. Ich mochte die Zeit dort sehr, es hatte etwas zeitloses an sich und erschien mir wie ein Urlaubsort. Mir hat die Darstellung des Landes gefallen, es regt die Fantasie an und ist wunderbar bildhaft.
Die Charaktere muss man einfach mögen. Sie haben eine liebensvolle Art, ein lebendiges Auftreten und ein unglaublich gutes Herz. Ich mochte die Darstellung sehr, sie haben der Geschichte viel Charme gegeben und sind wahre Sympathieträger. An keinem hatte ich etwas auszusetzen, ich fand die Vielfalt toll und hatte viel Freude dabei, sie kennenzulernen und auf dem Weg nach Oz zu begleiten.

Fazit:

Ich hatte ja bereits gesagt, dass ich Angst hatte, dass mich das Buch enttäuschen könnte. Glücklicherweise war dem nicht so und mir hat die Geschichte richtig gut gefallen. Mir fällt tatsächlich kein Aspekt ein, den ich negativ empfunden hatte oder über den ich meckern würde. Die Geschichte wurde vielfältig gestaltet, hat Charme und viel Herz. Sie zeigt auf, was im Leben wichtig ist und das man sich von anderen Menschen nicht blenden lassen sollte. Ich bin unglaublich froh das Buch gelesen zu haben und habe bereits geschaut, welche Kinderbuchklassiker der Anaconda Verlag noch so in seinem Programm hat und mir einige Titel notiert, die ich unbedingt noch lesen möchte!

Bewertung: 5 von 5 Sterne

MarySophie 

Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.

Mittwoch, 15. April 2020

Rezension: Das Erbe der Altendiecks von Hendrik Lambertus

Titel: Das Erbe der Altendiecks
Autor: Hendrik Lambertus
Verlag: rororo
Seitenzahl: 640 Seiten
Preis: 12,00 €
Erscheinungsdatum: 24.04.2020
ISBN: 978-3-499-27608-8

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Handlung:

Bremen im 18. Jahrhundert
Die Familie Altendieck hat sich ihre Bekanntheit in Bremen hart erarbeitet und kann sich mittlerweile zu den angesehensten Familien der Stadt zählen. In aufwendiger Kleinarbeit werden kunstvolle Uhren hergestellt, die alle das Siegel Altendieck erhalten und für eine exzellente Qualität stehen.
Doch auch die Uhrmacher können die Zeit nicht aufhalten und es geschehen allerlei positive, aber auch negative Ereignisse. Und die Zeit wird immer weiter vergehen....
Johann Altendieck vollbringt eine große Leistung und erhofft sich Anerkennung und eine famose Zukunft. Doch er wird die Familie fast in den Abgrund stürzen.
Seine Tochter Gesche ist begabt und hat ebenfalls einen großen Plan. Doch sie wird sich in einem Menschen täuschen und muss am Ende eine schwerwiegende Entscheidung treffen.
Und sein Enkel Nicolaus erlebt nicht nur einen Krieg mit, sondern auch eine hoffnungslose Liebe. Und merkt, dass diese in seiner Familie nicht die größte Rolle spielt...

Meinung:

Das Cover wurde recht schlicht und historisch gestaltet. Der Himmel wird von einem beige Ton dominiert, der sich auch über die Rückseite des Buches erstreckt. So entsteht ein altmodischer Charme, der durch die kleine Stadtszene am unteren Rand noch verstärkt wird. Diese wirkt lebendig und gibt anhand der Mode der Personen einen kleinen Einblick in die damalige Zeit. Aufgelockert wird das gesamte Bild anhand der roten Schrift des Titels, welche heraussticht und das Gesamtbild abrundet.

Ich hatte das Buch zum ersten Mal in der Verlagsvorschau gesehen und der Titel wanderte direkt auf meine Wunschliste. Es klang nach einem spannenden historischen Roman, vor allem hat mich der Fakt interessiert, dass schon bei der Inhaltsangabe genannt wird, dass sich die Handlungszeit über mehrere Jahrzehnte erstrecken wird. So hatte ich einen vielfältigen Blick auf die Familie Altendieck erwartet und bin davon ausgegangen, dass viele historische Ereignisse eingebunden werden. Zudem kann ich mich gerade nicht erinnern, wann und ob ich jemals ein Buch über eine Uhrmacherfamilie gelesen habe. Daher hatte ich natürlich auch einige Informationen über dieses Handwerk erwartet.
Ich war sehr glücklich darüber, das Buch als Rezensionsexemplar zu erhalten und mir so eine Meinung von der Geschichte zu machen. Auch an dieser Stelle noch einmal ein ganz herzliches Dankeschön dafür!

Als es für mich an der Zeit war, das Buch in die Hand zu nehmen und mit dem Lesen zu beginnen, war ich nicht komplett motiviert. Zum einen bin ich mit meiner vorherigen Lektüre nicht wirklich vorangekommen und war davon nicht sehr begeistert. Zum anderen war ich etwas ernüchtert, dass das Buch knapp über 600 Seiten hat und ich konnte nicht einschätzen, wie lange ich mit dem Lesen brauchen werde.
Schnell wurden all meine Bedenken und mögliche Zweifel weggefegt, mir hat die Handlung bereits nach wenigen Seiten gefallen und ich habe das Buch viel schneller durchgelesen als gedacht und geplant. Eigentlich habe ich mir vorgenommen, jeden Tag um die 150 Seiten zu lesen, diesen Roman konnte ich nur schwer aus der Hand legen und habe teilweise gut 200 Seiten gelesen. So war das Buch tatsächlich nach vier Tagen schon ausgelesen, was mich selbst überrascht hat.

Die Schreibweise hat bei mir zu einem schnellen und flüssigen Lesen beigetragen. Charaktere, aber auch die Situation wurde mit wenigen Worten gut umschrieben und gehen nicht zu sehr in die Tiefe, bleiben aber auch nicht zu oberflächlich. Man kann sich ganz gut in die Geschichte eindenken und es wird nicht jedes Detail unnötig ausgeweitet. So können erst gar keine Längen entstehen und die Handlung bleibt immer spannend und verliert nie ihren Charme.
Das Buch wurde in vier Teile gegliedert, die jeweils für die vier verschiedenen Zeiten stehen, in denen man die Familie Altendieck begleitet. Hierbei gibt es auf derselben Seite, wo auch die Jahreszahl der folgenden Handlung vermerkt ist, einen kleinen Stammbaum der Familie. So hat man die wichtigsten Personen immer auf einen Blick und kann sich ein Bild davon machen, wie sich die Familie vergrößert und welche Protagonisten noch am Leben sind und welche bereits verstorben sind.

Oft habe ich am Anfang eine neuen Teils gedacht, dass dieser nicht so spannend und interessant beginnt wie der vorherige. Ich war da immer ganz kurz etwas enttäuscht und hatte schon Angst, dass mich dieser neue Abschnitt nicht so fesseln kann und ich mich vielleicht zum weiterlesen quälen muss. Doch nach einigen Seiten war diese Angst auch schon wieder unbegründet, ich bin dem neuen Teil mit ebenso viel Interesse gefolgt wie den vorherigen und kann am Ende keinen Teil benennen, welcher mir am besten oder am wenigsten gefallen hat. Ein jeder hatte seinen eigenen Charme und konnte überzeugen.

Immer wieder werden mehr oder weniger große Zeitsprünge genutzt, die teils nur wenige Wochen umfassen, teils aber auch mehrere Jahre. Einerseits hat mich dies nicht sonderlich gestört, so verlor die Geschichte nie ihren Schmackes und wurde nicht zu umfassend. Doch gleichzeitig kamen mir einige Auslassungen auch unpassend vor, gerade weil im Folgenden nichts weiteres dazu erwähnt wird. Ab und an hätte es mir gefallen, wenn es eine Auflösung zu manchen Situationen gegeben hätte. Es werden einige Monate in einem einzigen Satz abgetan und es gibt nur selten eine kleine Information, was in der Zeit passiert ist. Gerade für die zwischenmenschlichen Beziehungen hätte ich es gut gefunden, wenn es ein paar mehr Sätze dazu gegeben hätte und wie manche Personen mit ihren vorherigen Erlebnissen mittlerweile umgehen. Dazu nenne ich als ein Beispiel mal Gesches Hochzeit und ihre Meinung über ihre Ehe und ihre getroffene Entscheidung.

An manchen Textstellen kann man sehr gut mit den Charakteren mitleiden und eine Bindung aufbauen. Dann werden sie unglaublich greifbar und lebendig. Doch im Grunde sind diese Textstellen recht rar gesät, meist gibt es nicht sonderliche viele Emotionen, die auch an den Leser vermittelt werden. Ein paar mehr Szenen, in denen man sich mit den Protagonisten verbundener fühlt wären ganz nett gewesen und hätten der Handlung definitiv mehr Lebendigkeit gegeben. Doch im Grunde gibt es meist ein recht ausgeglichenes Verhältnis von geschichtlichen Fakten und einer erfundenen Uhrmacher-Familie, wo zu viele Emotionen vielleicht auch zu viel gewesen wären und der Roman seine Ernsthaftigkeit verloren hätte.

Wie gerade erwähnt, der Autor hat eine interessante Mischung geschaffen, in denen weder die Geschichte, noch die Familie Altendieck zu kurz kommt. Jedoch ist dieses Verhältnis nicht ganz gleich, in der ersten Hälfte des Buches steht mehr die Familie im Mittelpunkt und die historischen Fakten etwas im Hintergrund. Es kommen trotzdem zahlreiche kleine Details dazu zur Sprache, doch ich habe hier das Gefühl, dass die zwischenmenschlichen Aspekte und Beziehungen wichtiger sind und eine größere Rolle einnehmen. In der zweiten Hälfte des Romans ändert sich dies, hier wird der Fokus mehr auf Fakten gelegt, die tatsächlich so oder so ähnlich geschehen sind. Das fand ich etwas schade, die Familie Altendieck kam mir hier etwas zu kurz und mir war der Wandel zu plötzlich. Schließlich wird hier mit einer Uhrmacher-Saga geworben und da hatte ich erwartet, dass die Altendiecks durchweg im Vordergrund stehen und die historischen Ereignisse in den Hintergrund rücken.
Das fand ich etwas schade, wobei ich auch erwähnen muss, dass es mir gleichzeitig gut gefällt, wie viele Fakten es am Ende in die Handlung geschafft haben und das man mit der Lektüre gut einhundert Jahre durch die Geschichte reist und viel über die Politik und historische Fortschritte erfährt. Ich muss sagen, dass mir diese Idee, vier Generationen von Uhrmachern auf ihrem Weg zu begleiten, sehr gut gefällt und ich auf die Umsetzung dessen gespannt war. Ich hatte meine Bedenken, ob dies so ansprechend und interessant umgesetzt wird und muss sagen, dass ich davon sehr begeistert bin und gerne mehr solcher Romane hätte, die einem auf mehreren Seiten durch ein Jahrzehnt mitnehmen und signifikante Momente in dieser Zeit nennen.
Auch zu dem Uhrmacherhandwerk gibt es immer wieder Informationen und diese werden sehr geschickt in die Handlung eingebunden. Viele Aussagen haben durch die Blume immer wieder zu diesem Thema geführt oder es gibt Situationen, die mit einem Uhrwerk und dem Mechanismus verglichen werden.

Als Setting dient zu weiten Teilen Bremen, es gibt nur wenige Ausflüge in andere Städte. Der spannendste war für mich die Reise nach England. Ich fand, dass es dem Autor hervorragend gelungen ist, den Charme dieses Landes einzufangen und mit seinen Worten wiederzugeben. Ich konnte mir nicht nur markante Gebäude, sondern jede einzelne Straße und die Mode sehr gut vorstellen und habe so das Gefühl, eine authentische Darstellung des Landes zu dieser Zeit erhalten zu haben.
Von dem Setting in Bremen habe ich mir besonders das Wohnhaus mit der Werkstatt der Familie Altendieck lebhaft und mit vielen Bildern vor Augen vorstellen können. Von diesem Ort geht eine besondere Aura aus, die mir stets gut gefallen hat. Vielleicht weil der Ort ziemlich häuslich und bodenständig wirkt, vielleicht auch durch die Protagonisten, die sich in diesem Umfeld eindeutig wohl fühlen. Ich denke auch die Standuhr Hora hat daran ihren Anteil. Sie bekommt auf den ganzen 617 Textseiten immer wieder eine Erwähnung und zieht sich am Ende wie ein roter Faden durch die Handlung.

In den knapp einhundert Jahren Erzählzeit treten einige Personen auf, dabei steht immer die Familie Altendieck im Vordergrund. Ich muss aber trotzdem sagen, dass ich nie Probleme damit hatte, die anderen Protagonisten auseinanderzuhalten oder wiederzuerkennen. Ein jeder wurde mit wenigen Sätzen genau gezeichnet und blieb im Gedächtnis verankert.
Ich fand nicht, dass die Altendiecks mit besonderen Zügen ausgestattet wurden, sie sind ganz normale Personen, die bodenständig sind und sich mit ihrem Können auszeichnen. Oft habe ich mir ein paar mehr sympathischere Züge bei einigen gewünscht, doch gleichzeitig finde ich es nicht so wichtig, dass man Charaktere mag. Hauptsache sie sind gut dargestellt und man kann mit ihnen während der Lektüre eine angenehme Zeit verbringen. Und genau das habe ich mit ihnen.

Fazit:

Wow. Die Reise durch fast einhundert Jahre Geschichte verging unglaublich schnell. Es ist bemerkenswert, wie der Autor all diese Dinge zusammengefasst und verständlich und einprägsam wiedergegeben hat. Ich habe mich nie überfordert gefühlt und gerade den großen Wunsch, mehr solcher Bücher zu lesen, in denen so viele Jahre der Geschichte mit einer fiktiven Familie vermischt werden.
Ich bin wirklich glücklich mit dem Buch, es hat sich unglaublich gut lesen lassen und ich hatte große Freude damit. Fast war ich traurig, dass es nach über 600 Seiten ein Ende gefunden hat, ich mochte die Geschichte sehr und fühlte mich sehr gut unterhalten.
Kleine Details waren nicht perfekt und haben den Roman leider nicht zu einem Highlight gemacht. Trotzdem kann ich das Buch mit gutem Gewissen weiterempfehlen und bin sehr froh, die Geschichte gelesen zu haben. Ich hoffe auf ein Wiedersehen mit der Familie Altendieck!

Bewertung: 4 von 5 Sternen

MarySophie 

Vielen Dank an den Rowohlt Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars! 
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.