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Donnerstag, 3. Februar 2022

Rezension: Teatime mit Lilibet von Wendy Holden

Titel: Teatime mit Lilibet
Originaltitel: The Governess ( aus dem Englischen von Elfriede Peschel )
 Autorin: Wendy Holden
 Verlag: Ullstein Taschenbuch Verlag
Seitenzahl: 544 Seiten
 Preis: 11,99 €
 Erscheinungsdatum: 29.11.2021
ISBN: 978-3-548-06484-0
 
 
 

Handlung

England 1933

Das Ziel der 22jährigen Marion Crawford war es schon immer, eines Tages die Kinder in den Slums von Edingburgh zu unterrichten. Bis sie zufällig einen Ferienjob erhält, der sie zu der britischen Königsfamilie bringt. Und aus dem Job für einen begrenzten Zeitraum entwickelt sich schnell ein Arbeitsverhältnis, welches über viele Jahre andauern wird. Schnell erkennt Marion, in was für einem behüteten Umfeld die Prinzessinnen Elisabeth und Margaret aufwachsen und sie möchte den zwei Mädchen gern das Leben außerhalb der Palastmauern zeigen. Doch egal, was sie die Lehrerin einfallen lässt, nie wirken solche Momente wie Bus- und Metrofahrten oder das Einkaufen von Weihnachtsgeschenken natürlich. Trotzdem hofft Marion, die Schwestern in ihrem Denken zu beeinflussen und gerade bei Lilibet scheint sie damit Erfolg zu haben. Die künftige Königin ist ihr sehr ans Herz gewachsen und so fällt Marion lange Zeit nicht auf, wie ihre Arbeit bei den Royals sie verändert und wie eingeschränkt sie in ihrem privaten, als auch sozialen Leben eigentlich ist...

Meinung

Beim Cover wurde eindeutig Wert darauf gelegt, dass es zu der Geschichte passt. Im Vordergrund sind daher die beiden Geschwister und Prinzessinnen Elisabeth und Margaret zu sehen, sie sind als Kinder abgebildet und man erhält dadurch einen Eindruck, wie sie als Kinder aussahen. Im Hintergrund dieser kleinen Szenerie ist der Buckingham Palace zu sehen, der Bezug auf einen Handlungsort der Geschichte nimmt.

Der Hauptteil des Covers wird von dem Titel beherrscht, der in einer schwungvollen und auffallenden Art abgedruckt wurde, sodass er direkt ins Auge fällt. Er hebt sich farblich gut hervor und wirkt gleichzeitig nostalgisch, als auch elegant. Insgesamt liegt ein harmonisches und ansprechendes Bild vor, welches sowohl mit dem Titel, als auch mit dem Inhalt gut harmoniert!

Seitdem der Roman im Jahr 2020 als Hardcover erschienen ist stand er auf meiner Wunschliste. Mich konnte die Leseprobe damals direkt überzeugen und ich empfand es als spannend, die britische Königsfamilie mal in einem Roman zu erleben. Zudem hat es mich interessiert, wie die einzelnen Personen wohl dargestellt werden, welche Charakterzüge ihnen zugeordnet sind und was für Gefühle die Autorin ihren Figuren verleiht. Daher war es mir eine große Freude, das Buch als Rezensionsexemplar zu erhalten, wofür ich mich ganz herzlich beim Ullstein Verlag bedanken möchte!

Erst vor kurzer Zeit hatte ich einen anderen Roman der Autorin gelesen, der Wallis Simpson, ihr Leben und ihre Liebesgeschichte zu König Edward behandelt. Daher konnte ich mir schon vorab denken, dass ich mit der Sprache keine Probleme haben werde und sich die Geschichte sicherlich gut und flüssig lesen lässt. Und genau das war auch der Fall. Von der ersten Seite an bin ich sehr leicht vorangekommen, mir hat die Erzählperspektive gefallen, die Personenzeichnungen konnten mich überzeugen und es wird ein rundum stimmiges und interessantes Bild jeglicher Situationen gezeichnet.

Die Schreibweise ist mitreißend, bildhaft und lädt dazu ein, immer weiter in dem Roman zu schmökern. Meist herrscht eine einfache Sprache vor, die natürlich ein schnelles Vorankommen gewährleistet und die Handlung wird dynamisch gehalten. Nie gibt es einen zu langen Stillstand, ab und an wird ein bisschen Zeit übersprungen, um die Geschichte nie zu sehr auszuweiten und trotzdem hatte ich das Gefühl, stets das Wichtigste zu erfahren. Man verpasst nichts wichtiges, wodurch der Eindruck entsteht, über jegliche Angelegenheiten gut informiert zu sein.Gespräche sind teilweise überraschend tiefgreifend und stets ist es gut möglich, die Gedanken von Marion zu verstehen und nachzuvollziehen. Besonders spannend empfand ich es, wie sich ihre Meinung im Verlauf der Handlung entwickelt, wie sie manche Angelegenheiten aus einem anderen Licht sieht und wie dadurch auch eine persönliche Entwicklung zu sehen ist.

Ursprünglich dachte ich, dass sich die Erzählung auf zwei zeitliche Ebenen aufteilen wird. Der Prolog spielt im Jahr 1987, das erste Kapitel geht zeitlich einige Jahre zurück, es spielt im Jahr 1932. Und entgegen meiner Erwartungen geht die Handlung konstant so weiter, es gibt keine Blicke in die Zukunft, lediglich der Epilog greift noch einmal in die Zukunft voraus. Ansonsten entwickelt sich die Geschichte linear weiter, man erlebt, wie Marion ihre Stellung in der Königsfamilie antritt, welche Aufgaben sie als Lehrerin für die zwei Prinzessinnen hatte und wie sie, aber auch die anderen Figuren sich über die Jahre entwickeln, welche Wandlungen sie vollführen und wie sie charakterlich stärker werden. Schließlich erstreckt sich die gesamte Handlung über den zweiten Weltkrieg hinaus bis ins Jahr 1949.

In all diesen Jahren wird man Zeuge der verschiedensten historischen Ereignisse und es lässt sich gut betrachten, wie die Personen sich entwickeln, wie sie auf Entwicklungen auf politischer und auch sozialer Ebene reagieren und wie ihr Lebensstil ausschaut. Stets wird die Geschichte so gehalten, dass es immer neue Informationen gibt, die Handlung aber nie zu lange an einem Punkt verweilt. Dadurch werden Längen vermieden und trotz einer Anzahl von 544 Seiten bleibt dem Buch ein kurzweiliger Charakter erhalten.

Bis auf den Prolog und Epilog werden die Ereignisse durchweg aus der Sichtweise von Marion Crawford, der Lehrerin der zwei Prinzessinnen, beschrieben. Man lernt die britische Königsfamilie aus ihrer Perspektive kennen und kann daher gut verfolgen, wie sie jede einzelne Person einschätzt und bewertet. Ich empfand es als sehr interessant, ihre Erlebnisse zu verfolgen, weil man die Sicht einer außenstehenden Person bekommt und Marion sowohl positive, als auch negative Charakterzüge der Königsfamilie erkennt und an den Leser weiterträgt.

Nie hatte ich den Eindruck, dass die Geschichte zu einseitig oder langatmig gestaltet ist, im Gegenteil. Weil das Buch sich aktiv mit den Jahren 1932 – 1949 auseinandersetzt kann man gut verfolgen, wie sich Figuren entwickeln, wie sie ihr Denken oder Auftreten ändern oder wie Elisabeth und Margaret wachsen, wie aus Kindern Jugendliche und schließlich junge Erwachsene werden. Diese Entwicklung und wie sie durch einige Personen beeinflusst wird, wurde von Wendy Holden sehr gut herausgearbeitet und gibt ein lebendiges Bild der Figuren wieder.

Es lässt sich durchweg gut nachvollziehen, an welchem Ort und zu welcher Zeit die Ereignisse stattfinden. Diese beiden Punkte werden in vielen Kapiteln fast schon nebenbei erwähnt und daher ist es leicht, sowohl zeitlich, als auch örtlich einen soliden Überblick zu haben.

Besonders interessant empfand ich es beim Setting, dass man wirklich komplett verschiedene Orte kennenlernt. Natürlich spielen allerhand Szenen in Schlössern oder anderen herrschaftlichen Häusern, die im Besitz der britischen Königsfamilie sind. Und als krassen Gegensatz dazu gibt es vor allem am Anfang einige Seiten, die in den Slums von Edinburgh stattfinden und einen ärmlichen Lebensstil zeigen. Diese Unterschiede kommen gut hervor und gleichzeitig bekommt man wiederholt aufgezeigt, wie behütet und sorglos die beiden Prinzessinnen aufwachsen, während es andere Kinder gibt, die keine Schulbildung erhalten, sondern schon früh dabei helfen müssen, Geld zu verdienen.Jedes Setting hat auf jeden Fall eine schöne und lebendige Zeichnung erhalten, ich konnte mir ganz viele Orte gut vorstellen und hatte daher häufig lebendige Bilder vor Augen. Es gibt eine schöne Vielfalt und Abwechslung und ich bin mit jeder einzelnen Darstellung der Handlungsorte zufrieden!

Ich hatte ja bereits erwähnt, dass mir die Erzählperspektive mit Marion im Mittelpunkt gut gefallen hat. Sie tritt weitestgehend sympathisch auf, sie wirkt verständnisvoll und freundlich, zudem gefallen mir ihre Ideen, um den zwei Prinzessinnen die Welt außerhalb der Palastmauern zu zeigen. Und auch ihre Gedanken konnte ich weitestgehend verstehen, ich mag es, dass sie zwar von vielen Dingen, die die Royals ausmachen, fasziniert ist, gleichzeitig aber trotzdem vieles kritisch betrachtet.

Nur manchmal hätte ich mir gewünscht, dass Marion noch stärker und selbstbestimmter auftritt, sie ihre Meinung durchsetzt und ihre einmal gefassten Entschlüsse nicht so schnell wieder aufgibt. Sie hat sich zu sehr von den Royals, vor allem der Herzogin von York, einschüchtern und bestimmen lassen und oft fand ich es traurig, dass sie ihr Anliegen nicht durchsetzt, sondern den Kürzeren zieht. Das hat auch nicht so wirklich zu ihrem sonst sehr starken Auftreten gepasst, hier hätte ich mir gewünscht, dass sich Marion nicht so leicht von den Worten der Herzogin einlullen lässt, sondern sie sich selbst treu bleibt und ihre Pläne konsequenter umsetzt.

Die Personen sind klar gezeichnet. Sie sind nicht in gut und böse unterteilt, im Grunde gibt es nur sehr wenige Wertungen ihrer Charaktere. Vielmehr wird es dem Leser überlassen, wie er Sympathien verteilt und welche Meinungen man sich von jeder einzelnen Figur macht. Das hat mir sehr gut gefallen, es passt zu der Geschichte, vor allem mit dem historischen Hintergrund zahlreicher Personen.

Eine jeder Charakter wirkt auf seine Weise sehr interessant. Und häufig konnte ich gut verstehen, weshalb Marion ihnen vertraut hat oder sie in ihren Bann gezogen wurde. Sie haben ein sehr starkes Auftreten, sodass man auf Anhieb von den Personen fasziniert ist und sie näher kennenlernen will. Zudem gibt es sehr eigene Individuen, die im Verlauf der Geschichte auftreten. Sie haben kleine Ticks und Macken erhalten, die sie einzigartig machen. Sie sind durchsetzungsfähig und lassen sich lange Zeit nicht in die Karten schauen. Das führt dazu, dass sich manche Charaktere ganz anders entwickeln, als ich ursprünglich gedacht hatte und daher kam auch immer wieder neuer Schwung in die Geschichte.

Besonders in Bezug auf die britische Königsfamilie gibt es allerhand Hintergrundinformationen. Man lernt nicht nur die verschiedensten Personen kennen, sondern kann sich auch von ihrem Lebensstil, den täglichen Aufgaben und familiären Beziehungen ein Bild machen. Und weil Marion im Vordergrund steht ist es natürlich besonders leicht zu beobachten, was ein Leben im Palast für einen Menschen bedeutet, der für die Royals arbeitet. Man lernt einiges darüber, welche Regeln sie einhalten muss und wie schwierig es ist, solch eine Arbeit mit einem Privatleben zu vereinbaren. Ich empfand es als sehr interessant zu sehen, wie einige Gewissenskonflikte von Marion diesbezüglich aussehen, wie sie ihre Familie und Beziehungen hinten anstellen musste und alle Kraft dazu diente, die zwei Prinzessinnen zu unterrichten.

Fazit

Bereits nach wenigen Seiten hatte ich das Gefühl, dass mir der Roman noch besser gefallen könnte als jener über Wallis und Edward. Und genauso war es letztendlich auch. Ich finde, dass die britische Königsfamilie in einem interessanten und lebendigen Licht gezeigt wird, sie wird nicht als makellos dargestellt und die Dynamiken innerhalb der Familie oder im Zusammenhang mit ihren Angestellten sind sehr gut nachvollziehbar. Ich hatte definitiv schöne Lesestunden, mich konnte die Geschichte zu weiten Teilen überzeugen und daher kann ich sie guten Gewissens empfehlen!

Bewertung: 4,5 von 5 Sterne

 
MarySophie
 
Vielen Dank an den Ullstein Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.
 
 
 Diesen Roman der Autorin habe ich ebenfalls gelesen:

Wallis & Edward - Eine Liebe, stärker als die Krone

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