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Freitag, 31. Januar 2020

Rezension: Die Frauen von Richmond Castle von Tracy Rees

Titel: Die Frauen von Richmond Castle
Originaltitel: Darling Blue ( aus dem Englischen von Elfriede Peschel )
Autorin: Tracy Rees
Verlag: Ullstein Buchverlage
Seitenzahl: 528 Seiten
Preis: 10,99 €
Erscheinungsdatum: 31.01.2020
ISBN: 978-3-548-06083-5 


Handlung:

England, 1920er Jahre

Auf den ersten Blick erscheint die Familie Camberwell wie eine Vorzeigefamilie. Es herrscht ein harmonischer Umgang untereinander, man sorgt sich umeinander und sie sind in der Gesellschaft sehr beliebt. Als die jüngere Tochter Blue zufällig auf Delphine trifft, zögert sie nicht lange und nimmt die junge Frau unter ihre Fittiche. Blue hat großes Mitleid mit ihr, Delphine ist auf der Flucht vor ihrem gewalttätigen Ehemann und die ganze Familie Camberwell hilft, um Delphine zu schützen und sich erst mal zu verstecken.

Ganz langsam findet in der Familie Camberwell ein Geheimnis den Weg ans Tageslicht, welches alles durcheinander bringt. Kann die Familie mit dem Geheimnis umgehen und wird Delphine irgendwann wieder ohne Angst vor ihrem brutalen Ehemann leben können?


Meinung:

Anfangs hatte ich das Cover kritischer betrachtet, es ist nett gestaltet, erscheint mir aber etwas zu bunt und farbenfroh. Jede Farbe sticht stark hervor, wodurch etwas Unruhe entsteht. Ich bin immer noch nicht vollkommen begeistert davon, muss aber sagen, dass das Cover gut zur Geschichte passt. Die Autorin hat viele Szenen gestaltet, in denen herrliche Farben beschrieben werden und gerade Richmond Castle wurde ansprechend und farbenfroh dargestellt. So passt diese Verbindung gut und ich sehe das Cover mit etwas anderen Augen.



Von Tracy Rees habe ich bereits zwei Bücher gelesen, die mir beide richtig gut gefallen haben. Bei diesem neuen Buch war ich lange unsicher, was ich von der Inhaltsangabe halten soll, ob sie mich interessiert oder eher nicht. Mir hat ein Detail gefehlt, welches ausschlaggebend für eine Entscheidung ist. Deshalb habe ich auch hier wieder der Leseprobe eine Chance gegeben, die mich überzeugen konnte. So war ich sehr glücklich, das Buch von Vorablesen zu erhalten und lesen zu dürfen.



Mir hat der Einstieg in den Roman sehr gut gefallen. Es wird zum einen die Chance gegeben, die Charaktere kennenzulernen, gleichzeitig kommt die Autorin recht schnell zum Punkt und bringt Spannung in die Handlung. Diese Mischung war interessant und bot einen guten Start in den Roman.
Die Autorin nutzt einen humorvollen und somit kurzweiligen Erzählstil, der sich leicht und flott lesen lässt. In der Handlung sind keine Längen entstanden und außerdem besticht das Buch durch zahlreiche, ausführliche Beschreibungen von wunderschönen Gegenden, allen voran von Richmond Castle. Als Leser kann man viele Orte in jeder Jahreszeit sehen und sich so ein ziemlich genaues Bild von dem Setting machen.



Insgesamt hat mir das Setting richtig gut gefallen. Als Haupthandlungsort dient Richmond Castle, welches einfach herrlich ist. Nicht nur das Wohnhaus der Familie Camberwell wirkt äußerst einladend und gemütlich, sondern der ganze Stadtteil erscheint idyllisch und lebendig. Immer wieder wurden neue Ecken beschrieben und oft schien es, als würde man mit den Protagonisten durch das Viertel laufen und die Gebäude mit eigenen Augen sehen.

Dazu gibt es noch wenige andere Handlungsorte, u.a. das Gebäude, in dem die Gazette ihren Sitz hat oder Häuser von Freunden der Camberwells. Auf diesen Gebäuden liegt nicht so stark der Fokus, sie sind auch eher Nebenhandlungsorte und werden nicht mit so strahlenden Farben und Attributen beschrieben. So zeigt sich, dass das Hauptaugenmerk auf Richmond Castle liegt, welches sehr gelungen dargestellt wurde.



Der Handlungszeitraum des Buches erstreckt sich genau ein Jahr. Die Handlung beginnt mit Blues Geburtstag im Sommer und endet genau mit dem Tag, wodurch eine Einheit der Zeit entsteht. Mit dem Beginn einer neuen Jahreszeit beginnt auch immer gleichzeitig ein neuer Teil des Romans. Somit untergliedert sich das Buch in fünf Teile, die jeweils noch in Kapitel unterteilt wurden.

Es gibt drei Sichtweisen, nämlich die von Blue und von Delphine, als auch die von Midge, Blues Stiefmutter. So gibt es immer wieder Abwechslung, alle drei Perspektiven hatten unterschiedliche Sichtweisen und Schwerpunkte. Ich fand auch, durch diese Erzählsituation konnte man alle Charaktere durch andere Augen sehen, vielleicht waren sie mir auch deshalb so sympathisch und angenehm.



Ab und an gibt es Erwähnungen von historischen Bezügen, vor allem durch die Mode, aber auch durch die Gesellschaft werden viele Details wiedergegeben. Insgesamt finde ich, dass die Gesellschaft, in der die Camberwells verkehren sehr authentisch geschildert wurde. Es gab viel Müßiggang und dazu stand natürlich die beschriebene Arbeitswelt in der Gazette im starken Gegensatz.



Mit vielen Charakteren war ich zufrieden, sie waren herrlich lebendig dargestellt. Doch es gibt auch das Problem, dass die Welt entweder Schwarz oder Weiß war. Ein unsympathischer Protagonist hatte nur schlechte Seiten, die freundlichen waren durchweg freundlich. Sie hatten keinen negativen Wesenszug, der ihren Charakter besonders gemacht hätte. So gab es stellenweise ein großes Zusammentreffen von perfekten Menschen, was etwas langweilig und definitiv zu übertrieben war.

Was mir sehr gut gefallen hat war der gezeigte Zusammenhalt in der Familie. Das war wirklich beispiellos, alle haben sich gegenseitig unterstützt und waren füreinander da. Probleme wurden gemeinsam besprochen und gemeinsam wurde sich um eine Lösung bemüht.



Ich fand es schade, dass nicht ein größeres Augenmerkt auf Delphine lag. Ihre Geschichte war die am wahrscheinlich interessanteste und von ihr erfährt man leider am wenigsten. Es wäre hier durchaus Potenzial dagewesen, um vielleicht kleine Rückblicke in die Vergangenheit zu geben und Delphine so mehr in den Vordergrund zu bringen. Auf jeden Fall hatte Delphine die beste und sichtbarste Entwicklung, ich würde sagen, dass sie definitiv mein Lieblingscharakter war.

Bei Blue war ich ziemlich zwiegespalten. Einerseits mochte ich ihr Auftreten ganz gerne, sie ist fortschrittlich, will arbeiten und sich nicht nur auf die faule Haut legen. Ich fand es toll, dass sie zwischenzeitlich einen Beruf hatte und sich in dieser Angelegenheit nicht beeinflussen lassen hat.

Doch ich dachte von ihr, dass sie schlagfertiger ist und sich vieles nicht so gefallen lässt. Manchmal ist Blue um kein Wort verlegen, zu wichtigen Themen fällt es ihr schwer, sich zu äußern. Dieses Hin und Her war etwas nervig und hätte gekürzt werden können.



In meiner Bewertung ziehe ich anderthalb Punkte ab. Im Grunde habe ich mich gut unterhalten gefühlt und an sich war die Geschichte auch stimmig. Mir war lediglich das erste Zusammentreffen von Blue mit Delphine etwas zu konstruiert und ich fand es auch merkwürdig, dass die Fremde sofort bei den Camberwells eingezogen ist. Niemand hatte etwas dagegen oder Befürchtungen, dass sie sich in Delphine täuschen und sie gar nicht das arme Mädchen ist, sondern eine Diebin oder ähnliches. Diese Situationen habe ich stark hinterfragt und fand sie nicht sonderlich gut dargestellt. Mir ging die Familie Camberwell etwas zu blauäugig an die Sache heran.

Auch die Situation mit Elf fand ich merkwürdig. Er war mit Blues Mutter bekannt, hat ein Häuschen auf dem Grundstück eingerichtet bekommen, es wird aber nicht erwähnt, in welchem Zusammenhang er mit Audra steht. Hier hatte ich irgendwas erwartet.

Ich stand auch etwas im Zwiespalt, wie schnell Blues Vater sich mit dem Geheimnis arrangiert hat und der Person wieder vertraut und mit ihr weiterleben will. Ich konnte mich mit dem Gedanken absolut nicht anfreunden, mir wäre es ein zu großer Vertrauensbruch gewesen, den ich auch für ziemlich unverzeihlich halte...

Zudem ist der Klappentext etwas irreführend. Delphine bringt das Geheimnis gar nicht ans Tageslicht, sie ist in dieser Hinsicht komplett unschuldig und kann nichts für das ganze Geraffel. Außerdem wird dadurch auch nicht die Freundschaft von Blue und Delphine gefährdet, ich würde fast denken, dass sie eher gestärkt wird und in diesem Zusammenhang gar nicht wichtig ist.


Fazit:


Vollkommen überzeugen konnte mich die Geschichte leider nicht. Dafür sind mir leider doch ein paar Kritikpunkte aufgefallen, die mein Lesevergnügen etwas getrübt haben.

Richtig gut gefallen hat mir nicht nur die Schreibweise mit herrlichen Beschreibungen von Gegenden und Gärten, sondern auch der historische Bezug. Das wurde mühelos in die eigentliche Handlung eingeflochten und hat dem Buch viel Charme gegeben. Auch einige Charaktere waren einfach nur herzlich und sympathisch, man würde sich fast wünschen, sie persönlich kennenzulernen.

Doch dann gibt es auch andere, die durchweg negativ beschrieben wurden und eindeutig nur als Sündenbock dienen. Und auch das große Geheimnis taucht erst ziemlich im letzten Drittel auf, der Klappentext vermittelt einen anderen Eindruck davon.

Im Grunde ist das Buch wirklich nicht schlecht, Kleinigkeiten haben gestört, welche ich alle in meiner Rezension benannt habe.

Bewertung: 3,5 von 5 Sterne

MarySophie 

Vielen Dank an Vorablesen, sowie den Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars! 
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.

Interesse? Hier findet ihr den Roman!

Diese Bücher der Autorin habe ich auch rezensiert:

Die Reise der Amy Snow

Die Sonnenschwestern

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