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Donnerstag, 13. August 2020

Rezension: Die Bilder der Frauen von Natasha Lester

Titel: Die Bilder der Frauen
 Originaltitel: The French Photographer ( aus dem Englischen von Christine Strüh )
 Autorin: Natasha Lester
Verlag: Aufbau TB
Seitenzahl: 512 Seiten
Preis: 12,99 €
Erscheinungsdatum: 21.07.2020
ISBN: 978-3-7466-3664-1 

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Handlung:

Paris 1942
Bisher hat Jessica May erfolgreich als Fotomodell gearbeitet, doch der Krieg beeinflusst auch ihr Leben. In Europa soll die junge Frau als Fotojournalistin agieren und für die Vogue über den Krieg berichten. Und dieser Aufgabe widmet sich Jessica auch voller Tatendrang, doch viele Soldaten wollen keine Frau an der Front oder bei ihrer Truppe sehen. Für sie ist der Krieg Männersache, bei dem Frauen lediglich als Helferinnen von Ärzten auftauchen sollten.
Jessica lässt sich von ihrer Aufgabe nicht abbringen und trifft schließlich den Offizier Dan Hallworth, der einen anderen Blickwinkel als viele seiner Kameraden hat. Zwischen Dan und Jessica entsteht eine tiefe Freundschaft und schließlich auch Liebe, doch nicht immer meint es das Schicksal gut mit ihnen...

Meinung:

Das Cover erinnert mich etwas an das von dem anderen Roman der Autorin. Es hat den Charme einer Postkarte, ist leicht verblasst und wirkt dadurch sehr nostalgisch. Eine Frau und ein Kind befinden sich auf einer Brücke, wirken miteinander vertraut und könnten Mutter und Kind sein. Im Hintergrund sind einige Gebäude zu sehen, die sich aufgrund des Abstandes und der Verschwommenheit aber keiner Stadt zuordnen lassen. Sowohl der Titel, als auch der Name der Autorin stechen in ihrer Einfachheit hervor und nehmen in ihren Farben auf andere Details Bezug. Das Grün findet sich im Kleid des Mädchens wieder, das Weiß in den Verzierungen des Kleides der Frau. Auf diese Weise entsteht ein rundes und stimmiges Bild, welches ich als sehr ansprechend empfinde.

Im März hatte ich erstmals einen Roman von Natasha Lester gelesen, den ich sehr genossen habe. Er vereinte eine wunderbare Mischung aus einer spannenden Geschichte, vermischt mit zahlreichen historischen Fakten und vielen Gefühlen und Emotionen. Ich habe das Buch geliebt und es zählt zu den besten Büchern, die ich dieses Jahr gelesen habe. Als ich vor fünf Monaten gesehen habe, dass dieses Jahr ein weiterer Roman aus ihrer Feder erscheint, war für mich direkt klar, dass ich ihn ebenfalls lesen möchte. Und genau das habe ich jetzt getan, das Buch habe ich als Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten, was mich sehr glücklich gemacht hat. Auch hier noch einmal ein ganz großes Dankeschön!

Ich brauchte vielleicht um die zwanzig Seiten, um mich an die Situation zu gewöhnen und um Jess, die Hauptprotagonistin, kennenzulernen. Doch als dies einmal geschehen war, hatte ich absolut keine Probleme mehr, um der Handlung zu folgen und konnte mich vollends auf die Geschichte einlassen.
Auch diesmal herrscht wieder ein ganz wunderbarer und bildhafter Schreibstil vor.
Viele Sätze haben einen tieferen Sinn und haben den Hauch eines poetischen Ansatzes. Zudem gibt es immer wieder versteckte Botschaften und dies trägt nicht nur dazu bei, dass die Geschichte immer spannend bleibt, sondern auch, dass ich das Buch nur selten aus der Hand legen wollte.
Die Autorin schafft es mit wenigen, dafür sehr eindringlichen Worten den Schrecken des Krieges lebendig werden zu lassen und die Situationen mit einer passenden Ernsthaftigkeit wiederzugeben. Oft konnte ich mir die Szenarien genaustens vorstellen und hatte Bilder vor Augen, die die Taten viel zu authentisch darstellen. Anhand dieser Textstellen sieht man auch was für eine umfangreiche und genaue Recherchearbeit dem Werk zugrunde liegt, um einen möglichst nahen Verlauf des Krieges wiederzugeben.
Doch auch positive Dinge schafft die Autorin beeindruckend zu beschreiben. Dazu zählt für mich die wunderbare Personenzeichnung, die bei einem jeden vorhanden ist. Auf mich erscheinen die Protagonisten einzigartig und sie haben eine lebendige Ader, sodass man sich gut vorstellen kann, dass sie tatsächlich gelebt und auf diese Weise agiert haben.

Es gibt zwei Handlungsstränge, die einmal in der Zeit des Zweiten Weltkrieges spielen und einmal in der Gegenwart. In der Gegenwart folgt man D´Arcy, lernt sie besser kennen und wird vor weitere Rätsel gestellt, die sich am Ende aber alle auflösen. In der Vergangenheit lernt man auf eindringliche Weise das Kriegsgeschehen und die Ängste der Menschen kennen. Dabei folgt man Jess an unterschiedliche Orte und lernt mit ihr die verschiedensten Personen kennen. Mich hat durchweg die Geschichte von Jess mehr interessiert, ich empfand sie als Menschen sympathischer und ihre Kapitel haben mehr Fakten enthalten. Die Erlebnisse von D´Arcy dagegen konnten mich nie vom Hocker hauen, ich finde ihrem Wesen fehlt viel Lebendigkeit und sie hat mir nie so recht gefallen. Ich konnte mich einfach nicht mit ihr anfreunden und habe die Abschnitte von ihr nie mit so viel Interesse gelesen. Allerdings bilden sie einen recht ruhigen Gegenpol zu den aufregenden Geschehnissen im Zweiten Weltkrieg, was ganz angenehm war.
Im Gegensatz dazu hat mich die Handlung rund um Jess und Dan vollkommen überzeugt. Ich fand diese abwechslungsreich und nie vorhersehbar, sie wirkte lebendiger und nicht so konstruiert. Tatsächlich hätte ich auch gut und gerne auf den Gegenwartsstrang verzichten können und dafür noch mehr Kapitel über Jess gelesen.

Dem Roman liegt eine ganz wunderbare Stimmung zugrunde. In ganz vielen Szenen werden viele Emotionen verarbeitet, diese sind sowohl positiver, als auch negativer Natur. Die Protagonisten haben sich nicht gescheut, um ihrer Freude und der Liebe Ausdruck zu verleihen, aber auch um ihre Wut und ihre Trauer herauszulassen. Auch deshalb erscheinen sie wahrscheinlich so lebensnah.
An ganz vielen Textstellen hat sich die Stimmung auf mich übertragen und ich konnte gut mitfühlen . Gerade beim Lesen der letzten dreißig Seiten hatte ich immer wieder Tränen in den Augen und wollte nicht, dass das Leseerlebnis endet. Zudem haben sich auf den letzten Seiten auch bei den Protagonisten die Emotionen überschlagen und genau das hat sich auf mich übertragen. Und ich muss sagen, dass mich die Autorin genau damit gepackt hat. Lange Zeit fand ich das Buch sehr gut, mir hat aber noch in Punkt gefehlt, der es einzigartig, herausragend macht. Und genau das kam am Ende und hat meinen Eindruck nochmals verbessert und auch diesen Roman von Natasha Lester wieder zu einem Highlight gemacht, auch wenn ich ein-zwei Kritikpunkte habe.

Immer wieder wechseln sich spannungsreiche mit ruhigen Kapiteln ab und auch als Leser kann man immer wieder durchatmen und das gerade Gelesene verarbeiten. Es gibt lediglich in den Abschnitten der Gegenwart ab und an etwas unnötiges Drama, wenn sich die Protagonisten nicht richtig aussprechen und so teilweise Missverständnisse entstehen. In der Vergangenheit herrscht meist eine große Spannung, nicht nur weil man wissen möchte, wie Jess den Krieg erlebt, sondern auch welches Schicksal die anderen Personen erwartet. Doch auch hier gibt es immer wieder Momente, die einen ruhigen Charakter haben und in denen es auch den Protagonisten gelingt, den Krieg etwas zu vergessen und einfach nur den Augenblick zu genießen.

Das Buch ist keine leichte Lektüre, die man einfach so locker wegließt. Im Gegenteil: die Autorin hat ein komplexes und unglaublich gut verwebtes Werk geschaffen, dass mit vielen Aspekten überzeugen kann. Immer wieder tauchen zahlreiche Details auf, die die Lebenssituation der Menschen, aber auch Sorgen und Nöte wiedergeben. Auf diese Weise entsteht eine berührende Authentizität, die einfach umhaut und von zahlreichen Stimmungen gespickt ist. Man merkt deutlich anhand allerlei kleinen Erwähnungen, wie viel Mühe und Arbeit hinter dem Werk steckt.

Für mich war der Roman absolut nie vorhersehbar. Immer wieder gab es überraschende Wendungen, mit denen ich absolut nicht gerechnet habe. Nie kann man sich darauf verlassen, dass die Geschichte einen geraden Weg geht, sondern immer wieder müssen Entscheidungen getroffen werden, die einen neuen Schwung mit sich bringen. Daher kann man auch beim Lesen wunderbar spekulieren, doch meist lag ich mit meinen Überlegungen falsch und es gab einen ganz anderen Fortgang, als ich dachte. Und obwohl es immer wieder viele Details gibt, die genannt werden, zahlreiche Protagonisten auftauchen und es ständig Wendungen in der Handlung gibt, habe ich nie den Überblick verloren und bin nie durcheinander gekommen.

Ich mag es sehr, wie historische Ereignisse eine Erwähnung finden und geschickt in die Handlung eingebunden wurden. So erhält man als Leser einen guten Einblick in die Zeit des Zweiten Weltkrieges und ich habe auch immer wieder von Dingen gelesen, die mir nicht bekannt waren. Zugleich gibt es immer wieder Kapitel, in denen es ruhiger zugeht und die Handlung eher fiktiv gehalten wurde. In diesen Abschnitten konnte ich immer gedanklich das gerade Gelesene einordnen und Zusammenhänge finden oder bilden.
Mir hat es vielleicht etwas gefehlt, dass es nur sehr selten eine Erwähnung gibt, in welchem Monat und Jahr die folgende Handlung stattfindet. So hätte ich mich zeitlich noch besser orientieren können und die Handlung wäre für mich runder gewesen.
Ganz besonders überzeugen konnte mich die Autorin mit dem Fakt, dass die Geschichte rund um Jess auf einem realen Vorbild beruht. Ich finde es immer wieder toll von starken Frauen zu lesen, die sich nicht an Normen halten und ihren eigenen Willen haben und diesen auch durchsetzen wollen. Allein für diesen Fakt lohnt es sich, das Buch zu lesen und einen tiefen, sowie eindringlichen Blick auf den Zweiten Weltkrieg zu erhalten.

Als ein großes Highlight fungiert die Stimmung. Es gibt ganz viele Momente, in denen man mitfühlen konnte und sich die Emotionen auch auf den Leser übertragen haben. Gerade das Ende war ganz wunderbar emotional gehalten und war wahrscheinlich die stimmungsreichste Szene im ganzen Roman.
Anhand der Stimmungen war es mir möglich, zu einigen Protagonisten eine besondere Bindung aufzubauen, sie wurden für mich immer lebendiger und oft musste ich mir in Erinnerung rufen, dass die Charaktere fiktiv sind.

Es gibt einige Handlungsorte, die ich an dieser Stelle nicht alle benennen möchte. Eines haben sie alle gemeinsam: ich konnte mir eine jede Örtlichkeit genau und bildhaft vorstellen. Die Autorin hat die verschiedenen Settings mit einfachen, genauen und teils schonungslosen Wörtern versehen und daher wirkte es auf mich auch immer natürlich, wie sich die Protagonisten in diesen bewegen. Oft konnte ich mir vieles vorstellen und dabei wirkte die Welt immer etwas trüb und trist. Vielleicht durch das Wissen, was noch so alles in dem Krieg geschehen wird, vielleicht durch die Tatsache, dass die Front, Lazarette oder sonstige Schauplätze traurige Orte sind.

Bei den Protagonisten unterteile ich jetzt mal in die der Gegenwart und die der Vergangenheit. Denn ich finde, dass es einige Unterschiede gibt, die sich so am besten darstellen lassen.
Mir haben die Personen in der Vergangenheit durchweg viel besser gefallen. Sie waren lebendiger und authentischer, ich fand viele sympathischer und spannender dargestellt. Hier gibt es viel mehr Unterschiede zwischen ihnen, es gibt sowohl gute, als auch unsympathische Menschen und einige zeigen erst mit der Zeit ihr wahres Ich. Es gibt insgesamt viel mehr Vielfalt und Abwechslung, ich habe das Gefühl, dass sich hier mehr Gedanken gemacht wurden, um ein breites Bild präsentieren zu können.
Währenddessen finde ich die Personen in der Gegenwart etwas einfach. Sie besitzen nicht so vielfältige Wesen, sind eigentlich nur positiv dargestellt und scheinen keine negativen Attribute zu haben. Ich fand sie durchweg nicht so gut durchdacht und leider auch nicht sonderlich sympathisch. Sie haben keine komplexen Charaktere, sind fast etwas stereotyp und haben mich nie überraschen können. Es war keine Entwicklung zu sehen und ich konnte ihnen beim besten Willen nichts positives abgewinnen.

Fazit:

Bis auf Kleinigkeiten, für die ich gesamt einen halben Stern abziehe, konnte mich das Buch vollkommen überzeugen. Dazu habe ich in meiner Rezension bereits einiges gesagt und werde an dieser Stelle nicht noch einmal darauf eingehen.
Mir hat der Roman von Natasha Lester wieder sehr gut gefallen und ich finde es einfach faszinierend, wie sie es schafft, Geschichte so lebendig und ansprechend zu gestalten. Man kann deutlich herauslesen, dass die Autorin ganz genau weiß, wovon sie schreibt und das ihre Aussagen Hand und Fuß haben. Ich habe an keiner Stelle irgendetwas in Frage gestellt, sondern ihr blind vertraut, dass das was sie sagt einen hohen Wahrheitsgehalt hat.
Auch für diesen Roman kann ich nur eine große Empfehlung aussprechen, das Buch erzählt eine unglaubliche Geschichte, die sehr lesenswert ist und mir ganz hervorragend gefallen hat.

Bewertung: 4,5 von 5 Sternen

MarySophie 

Vielen Dank an den Aufbau Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars! 
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.

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