Donnerstag, 28. Mai 2020

Rezension: Grace und die Anmut der Liebe von Sophie Benedict

Titel: Grace und die Anmut der Liebe
 Autorin: Sophie Benedict
Verlag: Aufbau Taschenbuch
 Seitenzahl: 400 Seiten
Preis: 12,99 €
Erscheinungsdatum: 08.05.2020
ISBN: 978-3-7466-3584-2 

https://assets.thalia.media/img/artikel/be420a04dc1b89656516ac0ab98653469bd6a094-00-00.jpeg

Handlung:

1947
Bereits seit ihrer Kindheit träumt Grace Kelly von einer Schauspielkarriere. Ganz zum Widerwillen der Eltern, die sich wünschen, dass ihre Tochter einen vernünftigen Mann heiratet und mit diesem eine Familie gründet. Doch Grace setzt sich durch und beginnt mit 17 Jahren eine Schauspielausbildung in New York. In der Metropole fühlt sie sich schnell heimisch, lernt faszinierende und künstlerische Menschen kennen und mit dem Studium erfüllt sie sich einen Traum. Grace setzt alles daran, um eine gute Schauspielerin zu werden und die Welt, aber auch die eigenen Eltern von ihrem Können zu überzeugen.
Mit viel Talent, aber auch Tatkraft und Nerven arbeitet sich die junge Frau nach oben und wird in der Filmbranche immer beliebter. Ihr Können steigert sich von Film zu Film, dafür läuft es im Liebesleben von Grace Kelly nicht immer so rund. Männer kommen und gehen, mit keinem bleibt sie ewig zusammen. Bis sie Fürst Rainier von Monaco begegnet...

Meinung:

Natürlich gibt es auch bei diesem Cover der Reihe „Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe“ eine starke Ähnlichkeit zu den bereits erschienenen Bänden. Wobei diesmal die Besonderheit herrscht, dass die Schriftfarbe des Titels nicht in einer rötlichen Nuance abgedruckt wurde, sondern eine kühlere Farbe gewählt wurde. Ich würde die Farbe jetzt einfach mal als Mint-Ton bezeichnen und ich finde sie sehr passend gewählt. Immerhin erschien Grace Kelly für die Presse öfters als kühl und abweisend und es scheint eine Farbe zu sein, die ihr steht.
Im Vordergrund ist eine Dame von hinten zu sehen, sie trägt die typische Frisur der späteren Fürstin und ist in ein schickes, ebenfalls mintgrünes Kleid gewandt. Hier wird die Farbe des Titels noch mal aufgegriffen und es entsteht ein runde Bild. Im Hintergrund sind einige Gebäude zu sehen, ich kann nicht genau zuordnen, zu welcher Stadt sie gehören. Ich tippe einfach mal auf New York, immerhin wird öfter erwähnt, dass sich Grace Kelly sehr gerne in dieser Stadt aufgehalten und sich dort heimisch gefühlt hat.
Insgesamt gefällt mir das Bild richtig gut, es gibt einen ersten zarten Eindruck auf Grace Kelly und ihre Geschichte und ist sehr stimmig. Ich empfinde es als rund und gelungen, es ist nicht zu überladen und mir fehlt nichts.

Einige Teile der Reihe habe ich bereits gelesen und dieses stand ganz weit oben auf meiner Wunschliste. Als Kind habe ich selbst davon geträumt, eines Tages Prinzessin zu werden, irgendwann wurde der Traum kleiner, dafür wuchs mein Interesse für Königsfamilien. Ich habe einige Hochzeiten live im TV oder Internet verfolgt und informiere mich regelmäßig, was es Neues gibt. Da passt doch ein Roman über Grace Kelly perfekt!
Ich muss zugeben, dass ich nur wenig von ihr wusste und dementsprechend sehr gespannt war. Bevor ich mit dem Roman begonnen habe, habe ich mir einige Bilder angeschaut und auch ein Interview mit ihr, um einen ersten Eindruck zu erhaschen und so bot sich mir die Möglichkeit, während des Lesens viele, lebendige Bilder vor Augen zu haben.

Ich hatte absolut keine Startschwierigkeiten, im Gegensatz. Mir fiel der Einstieg in den Roman sehr leicht, ich habe innerhalb kurzer Zeit gut hundert Seiten gelesen und war überrascht, wie schnell das ging. Es herrscht eine einfache Schreibweise, die sehr leicht ist und dazu beiträgt, dass ich so gut durch die Handlung gekommen bin. Die Geschichte erschien mir sehr lebendig, sowohl von den Charakteren, als auch vom Setting und den verschiedenen Szenarien. Es ist deutlich herauslesbar, dass sich die Autorin intensiv und genau mit der Filmgröße beschäftigt hat und es ist ihr gelungen, dieses Wissen in einen interessanten Roman zu verarbeiten.

Meine Erwartungen an den Roman waren andere. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass man so viel von Grace Kellys Schauspielausbildung miterlebt, sondern sich die Geschichte eher auf ihre späten Filmjahre und die Beziehung mit Fürst Rainier von Monaco konzentriert. Dieser Part nimmt einen sehr geringen Teil des Buches ein, was mich überrascht hat und ich etwas schade fand. So wirkte die Beziehung etwas berechnend und nicht ehrlich. Man kann nicht recht nachvollziehen, weshalb die spätere Fürstin von Monaco sich für diesen Mann entschieden hat, die Leidenschaft und Liebe blieb leider auf der Strecke. Im Grunde endet das Buch fast genau da, wo es für mich erst richtig spannend geworden wäre...

Eingefügt werden immer wieder Details über diverse Filme, die Grace Kelly gerade dreht, wie die Bedingungen sind und mit welchen berühmten Persönlichkeiten sie sich gerade am Set befindet. Sie nehmen nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig Umfang ein und zeigen eindrucksvoll, wie die Filmszene in den 1950er Jahren aussah.
Mit einigen Filmpartnern hatte Grace Kelly kleine oder größere Beziehungen, diese wurden mir zu oberflächlich geschildert. Man merkt nicht wirklich, dass die Liebschaft ernst ist und von beiden Seiten wahre Leidenschaft kommt. Mir fehlte hier einiges an Leidenschaft und großen Gefühlen, sowie dem auf eine Trennung folgendem Herzschmerz. Vielleicht wäre es besser gewesen, sich auf ein-zwei Beziehungen näher zu konzentrieren und diese ausführlicher zu schildern. So können die Gefühlte mehr Platz darstellen, andere Liebschaften hätten trotzdem ganz kurz und knapp eine Erwähnung finden können.
Eine intensive Recherche ist nicht nur an den Beziehungen Grace Kellys und deren Ausgang zu sehen, sondern auch an den vielen weiteren Fakten aus ihrem Leben. Sei es über die Familie, ihren Charakter, Freunde oder die Ausstrahlung auf andere. Vieles findet Erwähnung und lässt so ein glaubwürdiges und realistisches Bild entstehen.

Auf das Setting wurde ein nicht so starkes Augenmerk gerichtet, es hat eine eher untergeordnete Rolle, was mich absolut nicht gestört hat. In ihrer Anfangszeit in New York nächtigt die spätere Fürstin von Monaco im Barbizon Hotel for Women, was mir schon von einem anderen Roman bekannt ist. Dieses hat noch die stärkste Zeichnung bekommen und war am besten vorstellbar. Sowohl die Empfangshalle, als auch das Zimmer von Grace Kelly wurde mit wenigen, aber sehr eindringlichen Worten beschrieben, sodass vor meinen Augen ein solides Bild entstand.
Die restlichen Orte, sowohl spätere Wohnungen / Appartements oder Drehorte haben nur selten ein paar Worte zur Ausstattung, zum Aussehen bekommen und blieben daher schwammig. Doch aufgrund der Tatsache, dass Grace Kelly wegen ihrer Filmkarriere eh häufig unterwegs war und an verschiedensten Orten gedreht hat, hat mich die seichte Darstellung des Settings nicht weiter gestört.

So richtig mitfühlen konnte ich mit den Protagonisten an keiner Stelle. Es gibt keine emotionalen Ausbrüche oder Momente, die mich in irgendeiner Arte berührt habe. Eher bleibt die Stimmung auf einem kühlen Niveau, man gewinnt nicht die nötige Nähe zu den Personen und sie verströmen nur sehr selten einen herzlichen Hauch. Eigentlich macht genau das ja die Reihe aus, viel Leidenschaft, gepaart mit Liebe und aufregende Beziehungen. Und ich hatte genau die Erwartung, dass dies so eintritt. In dem Punkt hat dem Roman einiges gefehlt...

Ich mochte Grace Kelly an sich recht gern. Sie ist sympathisch, freundlich und hat definitiv viel Ausstrahlung. Doch sie ist mir zu kühl, zeigt nur selten eine herzliche und gelöste Seite, sondern wahrt immer die Contenance. An ihrem Wesen fehlten mir mehr Facetten, ich hätte es gut gefunden, wenn sie einen wandlungsfähigeren Charakter gezeigt hätte. Den das sie nur eine freundliche und stets beherrschte Frau gewesen ist kann ich mir nicht vorstellen. Und wenn es eine Szene gewesen wäre, in der sie mal eine wütende Seite gezeigt hätte. Allein das hätte wäre eine Wohltat gewesen. So erschien Grace immer wie ein sehr nüchterner und beherrschter Mensch, war everybodys darling und mir etwas emotionslos. Und genau das fand ich schade, immerhin ist sie eine unglaublich interessante Frau gewesen und hatte definitiv viel Ausstrahlung. Das merkt man sowohl im Roman, als auch bei dem reinen Betrachten von Bildern. Für mich gibt es in der Darstellung ihrer Figur zu wenig Abwechslung und dadurch konnte ich Grace Kelly leider nicht so wahrnehmen, wie ich es gern gewollt hätte.
Auch einigen anderen Protagonisten fehlte ein wenig der Schneid. Nur ganz wenige haben sich über ihren Charakter ausgezeichnet, meist gab es nur wenig besonderes an ihrem Wesen. So wurden sie nicht sonderlich lebendig und interessant, zudem habe ich viele schnell vergessen und am Ende kaum über sie nachgedacht. Viele Personen bleiben nicht im Kopf hängen, dafür ist ihre Charakterzeichnung zu schwach.

Fazit:

Da mir viele Bände der Reihe gut gefallen haben und ich auf eine grandiose Darstellung der Schauspielerin gehofft habe, bin ich etwas enttäuscht. Es gibt immer wieder gute Ansätze, so hat mir die Schreibweise hervorragend gefallen, ich war beeindruckt, mit welcher Autorität Grace Kelly erscheint und wie ihre Erhabenheit zu spüren war. Doch leider gibt es auch einige Punkte, die mich nicht so überzeugen konnten, wo ich mir ein bisschen mehr erwartet hatte. All das habe ich bereits ausführlich genannt und ich werde dazu nicht weiter ins Detail gehen.
Der Roman regt definitiv dazu an, mehr über die große Fürstin von Monaco zu lesen und ich habe nach der Lektüre diverse Artikel, aber auch Videos geschaut und ich bin absolut begeistert von ihr. So richtig rund ist das Buch leider nicht, dafür geht es auch zu wenig in die Tiefe und zeigt zu wenige Facetten der Schauspielerin.

Bewertung: 3,5 von 5 Sternen

MarySophie 

Vielen Dank an den Aufbau Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars! 
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.

Habe ich euer Interesse geweckt? Hier kommt ihr zu dem Roman!
  

Diese Bücher der Reihe habe ich ebenfalls gelesen:

Die Malerin des Nordlichts von Lena Johannson

Marlene und die Suche nach Liebe von Christopher W. Gortner

Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe von Michelle Marly

Madame Piaf und das Lied der Liebe von Michelle Marly

Die Diva von Michelle Marly

Montag, 25. Mai 2020

Rezension: Das Mädchen aus Glas von Julie Hilgenberg

Titel: Das Mädchen aus Glas
Autorin: Julie Hilgenberg
Verlag: Diana Taschenbuch
Seitenzahl: 512 Seiten
Preis: 10,99 €
Erscheinungsdatum: 11.05.2020
ISBN: 978-3-453-36057-0

https://assets.thalia.media/img/artikel/f627926bbf81b37d25c14ba36e6d063b8e87e8fa-00-00.jpeg

Handlung:

Berlin 1913
Seitdem bei Elisa von Treue im Alter von sieben Jahren die Glasknochenkrankheit festgestellt wurde, hat das Mädchen ihr Zuhause kaum noch verlassen. Sie ist sehr behütet aufgewachsen und kennt nur wenig von der Welt außerhalb des Elternhauses.
Louis Lindquist hingegen ist ein Draufgänger, er treibt sich gerne in der Stadt herum und erlebt auch gerne mal ein kleines Abenteuer. Verständlich, dass er sich ein Leben wie Elisa es führt, nicht vorstellen kann.
Für diese so charakterlich unterschiedlichen Menschen wird eine Ehe von den Eltern arrangiert, der Beide nicht zustimmen. Zumal Elisa in ihren Arzt und besten Freund Wilhelm verliebt ist. Doch was die Eltern beschlossen haben, wird durchgeführt, obwohl ihre Kinder mit der Ehe nicht glücklich sind.
Mit Widerwillen sind Elisa und Louis nun verheiratet und müssen sich irgendwie arrangieren. Und dabei lernen sie sich nicht nur besser kennen, sondern auch einander schätzen. Doch am Horizont ziehen dunkle Wolken auf, langsam rückt der Erste Weltkrieg immer näher und damit auch Elisa's Angst, dass die zwei wichtigsten Männer in ihrem Leben an die Front müssen...

Meinung:

Das Cover ist recht schlicht gehalten und gefällt mir sehr gut. Ich mag sowohl den Creme-Ton als Hintergrund, als auch die gelblichen Details durch die Schrift, aber auch anhand des gelben Kreises. Normalerweise bin ich ja kein großer Fan davon, dass Personen, die auf dem Cover abgebildet sind, den Leser halb anschauen oder man so deutlich die Gesichtszüge sieht. Bei diesem Roman hat mich das absolut nicht gestört, ich finde es sehr passend und habe die junge Dame ein wenig mit Elisa in Verbindung gebracht. So ähnlich habe ich mir ihren Charakter vorgestellt und hatte so ein erstes Bild der Hauptprotagonistin vor Augen. Insgesamt finde ich das Gesamtbild sehr einzigartig und ansprechend, mir wäre es in einer Buchhandlung positiv ins Auge gefallen und ich hätte das Buch auf jeden Fall in die Hand genommen!

Erstmals gesehen habe ich den Roman bei Testleser-Portal von Random House, bei dieser Aktion jedoch kein Glück gehabt. Und weil der Roman mich nicht losgelassen hat, mir immer wieder im Kopf herumgeschwirrt ist und ich darüber nachgedacht habe, erhielt ich das Werk dann glücklicherweise vom Bloggerportal, wofür ich sehr dankbar bin. Es ist für mich Stand jetzt der beste Roman, den ich dieses Jahr gelesen habe und dabei möchte ich erwähnen, dass schon einige Highlights dabei waren!

Vielleicht ein – zwei Tage nachdem das Buch bei mir angekommen ist, habe ich schon direkt mit dem Lesen begonnen. Und kaum noch aufgehört. Es ist sehr locker geschrieben, die Kapitel wurden recht kurz gehalten und es gibt starke Stimmungen, die sich auch auf mich übertragen haben. Mir gefällt die Personenzeichnung und wie schnell erste Entwicklungen sichtbar waren und auch das Setting konnte ich mir deutlich vorstellen. Im Grunde habe ich mich schon nach wenigen Seiten wohlgefühlt und wollte die Welt von Elisa gar nicht mehr verlassen. Der Roman übte eine starke Anziehungskraft auf mich aus und am liebsten hätte ich es innerhalb von einem Tag ausgelesen, habe mich dann aber gezügelt. Immerhin wollte ich so lange wie möglich etwas von dem Buch haben und es genießen. Am Ende war es dann innerhalb von drei Tagen ausgelesen und ich war nicht nur emotional sehr berührt, sondern auch unglaublich unglücklich, dass das Lesevergnügen schon vorbei ist...

Es gibt einen sehr leichten Schreibstil, der den Leser durch den Roman schweben lässt. Ohne viel Mühe lassen sich die Worte lesen und ergeben eine wundervolle und mitreißende Geschichte, die mich nicht losgelassen hat. An vielen Stellen habe ich mich gefühlt, als würde ich mit den einzelnen Personen in einem Zimmer sitzen, sie sehen und hören und so ein heimlicher Zeuge der Situationen sein. Es gibt lebhafte Beschreibungen der Natur, aber auch von kleinen Details, die eine jede Szene authentisch und lebendig wirken lassen haben. Sei es das Flattern der Gardinen im Wind, das Knarzen von Zimmertüren oder das Zwitschern der Vögel. Anhand solcher Kleinigkeiten fiel es mir sehr leicht, mir die Situation vorzustellen und so bekam die Handlung auch einen Hauch von einem märchenhaften Faktor. Teilweise habe ich bewusst langsam gelesen, um alles noch genauer wahrzunehmen und um länger meine Freude daran zu haben. Es hat einfach Spaß gemacht, in diese Geschichte einzutauchen und die Protagonisten immer besser kennenzulernen.

Es findet eine Unterteilung in kurze Kapitel statt, die sich sehr angenehm lesen lassen. Zudem konnte man auch bei wenig Lesezeit immer mal ein paar Seiten lesen, ohne mitten in einem Kapitel abbrechen zu müssen. Zudem hatte ich so den Eindruck, dass gar keine Längen entstehen konnten, sondern die Handlung wurde immer prägnant auf den Punkt gebracht.
Auch wenn ich den Roman nicht in der Hand gehalten habe, dachte ich viel darüber nach. Und ich hatte einige Überlegungen angestellt, wie die Geschichte weitergehen, was noch passieren und wie ein mögliches Ende ausfallen könnte. Mit einigen Vermutungen lag ich dann tatsächlich richtig, in vielen Wendungen und Ereignissen hat mich das Buch immer wieder überrascht und auch das Ende barg einige Szenen, die unerwartet kamen. Es entstand eine reizvolle Mischung zwischen wenigen, bereits vorhersehbaren Momenten und Überraschungshandlungen, die die Geschichte spannend machen und immer wieder überraschen.

Der Erzähler gibt nicht nur viele Einblicke in Elisa's Leben, sondern auch in das von Louis und ab und an findet auch Wilhelm den Raum, um seine Gedanken loszuwerden. Dabei stehen Elisa und Louis deutlich mehr im Mittelpunkt und es ist interessant zu sehen, wie unterschiedlich das ungleiche Paar die Welt und ihre Umgebung wahrnimmt. Zudem war es für mich so einfacher, eine Beziehung zu den Protagonisten aufzubauen und ihre Entwicklung näher mitzuerleben. Ich konnte sie leichter einschätzen und hatte am Ende des Buches das Gefühl, viele Charaktere persönlich zu kennen. Sie waren für mich irgendwann keine fiktiven Personen eines Romans, sondern sind für mich zu Menschen geworden, die ich eine Zeit gekannt habe und wo sich unsere Wege jetzt getrennt haben.

Die Handlung findet vor dem historischen Hintergrund des Ersten Weltkrieges statt, der lange Zeit nicht sehr viel Platz im Roman einnimmt. Es gibt lediglich ab und an Gespräche der Gesellschaft zur politischen Situation und über die Wirtschaft. Je näher das Ende rückt, desto wichtiger wird der Krieg in den Köpfen der Protagonisten und es machen sich erste Auswirkungen bemerkbar. Besonders stark lässt sich die Recherchearbeit in den letzten Kapiteln merken, in denen Louis und Wilhelm an der Front sind. Diese sind brutal ehrlich und geben einen starken und eindringlichen Einblick in die Gedanken und Handlungen der Charaktere. Die Kapitel stehen im kompletten Gegensatz zu der bisher ruhigen und anschaulichen Handlung und geben dem Buch viel Tiefe.

Ich glaube, vor allem durch die Stimmung wurde der Roman zu so einem Highlight. Sie ist greifbar und hat sich auch immer wieder auf mich übertragen, ich habe mit den Protagonisten mitgefühlt, war mit ihnen traurig und habe mich gefreut. Sie sind mir richtig ans Herz gewachsen und haben mich mit ihrem Wesen berührt.
Es ist deutlich spürbar, wie die Stimmung sich im Roman immer wieder ändert, mal nimmt sie einen kühlen Ton an, später erscheint das ganze Bild wieder wie mit einem goldenen Filter unterlegt und wirkt dadurch sonnig, warm und einladend. All das ist auch für den Leser spürbar und so habe ich mich von der Handlung einbezogen gefühlt. Zudem konnte ich emotional mitleiden und gerade am Ende gab es für mich kein Halten mehr und ich habe einige Tränen vergossen. Die Situationen wurden so intensiv geschildert, dass man nur mitfühlen konnte. Ich glaube, das war außerdem ein Zeichen, dass ich nicht wollte, dass der Roman endet, ich war noch nicht dazu bereit, die Protagonisten zu verlassen.
Zu der Stimmung beigetragen hat auch die schrittweise Annäherung von Elisa und Louis. Es gab nicht sofort die große Leidenschaft, sondern erst mal ein Kennenlernen auf intellektueller Ebene, was in dieser Art in Romanen leider nur selten vorkommt. So konnte man sich auch als Leser ein gutes Bild der Beiden machen und leichter nachvollziehen, warum sich Louis und Elisa zu schätzen lernen. Zudem wird so vermittelt, dass es in einer Liebe nicht zwingend um das Äußere gehen muss, sondern ein miteinander harmonierender Charakter und ein respektvoller Umgang viel wichtiger ist.

Es gibt ein abwechslungsreiches Setting, man lernt verschiedene Orte Berlins kennen, treibt sich zusammen mit den Charakteren sowohl in den feineren Gegenden, als auch in den ärmlicheren Regionen herum. So entsteht ein vielfältiges Bild der Stadt und die verschiedenen gesellschaftlichen Stände zeichnen sich stark voneinander ab.
Ich konnte mir sowohl das Anwesen der Familie von Treue, als auch das der Familie Lindquist bildlich sehr gut vorstellen und fand, beide hatten ihre Ausstrahlung und ihren Charme. Während das Elternhaus von Elisa ziemlich ruhig, unbewohnt und museumsartig daherkommt und eine gewisse Kälte, aber auch Würde ausstrahlt, ist das Haus ihres künftigen Gatten das komplette Gegenteil. Es wirkt heller und freundlicher, strahlt eine angenehme Wärme aus und erscheint familiärer, belebter.
In Berlin findet ein Großteil der Handlung statt, doch es gibt auch einige Kapitel am Starnberger See. Auch mit dieser Darstellung der Gegend bin ich sehr zufrieden, es wirkt lebendig und anschaulich, ich konnte mir sowohl verschiedene Häuser, als auch die Landschaft genau vorstellen und konnte nachvollziehen, weshalb sich Elisa und Louis dort so wohl fühlen.

Es gibt wirklich keinen Protagonisten, der nicht genau durchdacht ist und der in seiner Darstellung aus der Reihe tanzt. Nicht alle waren mir sympathisch, doch ich konnte mich mit ganz vielen anfreunden. Und so zeigte sich, wie auch schon beim Setting, ein breitgefächertes Bild von verschiedensten Charakteren mit unterschiedlichen Zielen und Entwicklungen.
Elisa ist ein zarter und feinfühliger Charakter, den man einfach mögen muss. Sie hat mir bereits nach wenigen Seiten sehr gut gefallen und ist mir mit jeder Seite, mit jedem Erfolg, aber auch jedem Rückschlag immer mehr ans Herz gewachsen. Sie ist für mich zu einem Inbegriff des Wortes Dame geworden und ich habe ihr Wesen sehr geschätzt. Zudem hat es mir richtig gut gefallen, wie sich die junge Frau entwickelt hat und wie sie die Erziehung ihrer Eltern ein wenig abschüttelt und eigene Wege geht. Mir jeder Seite wurde Elisa mir noch sympathischer und ich mochte es, was für ein starkes Wesen am Ende des Romans aus ihr geworden ist.
Nur zu gerne würde ich Elisa wirklich kennen, mir von ihr Ratschläge geben lassen oder einfach stumm zusammensitzen und die Gesellschaft genießen. Ich habe Elisa immer das Beste gewünscht und sie hat mich in ihrer zarten Art sehr berührt.
Obwohl Louis schon ein kleiner Frauenheld ist, hat auch er mir nach wenigen Seiten gefallen. Er hat einen sehr anziehenden Charakter und versteht es, wie er andere Menschen für sich gewinnen kann. Schnell habe ich gemerkt, dass hinter seiner rauen Schale ein weicher Kern verborgen ist und es hat mir sehr gut gefallen, wie sich Louis nach und nach geöffnet hat. Bei ihm war auch die deutlichste Wandlung zu spüren, er hat mich immer wieder überrascht und er hatte irgendwann, genau wie Elisa, mein Herz erobert. Ich habe mit beiden unglaublich gerne meine Zeit verbracht und fand, dass sie sich wunderbar ergänzt haben und tolle Hauptprotagonisten waren!

Fazit:

Ich hoffe, man konnte es aus meinen Worten herauslesen: ich bin mehr als begeistert. Und ich hoffe, dass meine Meinung dem Buch auch nur ansatzweise gerecht wird!
Mich hat der Roman mitgenommen, ich habe mich damit sehr wohl gefühlt und bin einfach glücklich damit, wie er sich entwickelt hat. Es gibt wirklich absolut keinen Aspekt, den ich negativ nennen könnte, es hat einfach alles gepasst. Von der Schreibweise über die Protagonisten über das Setting und die Stimmung. Es ergibt sich ein rundes Bild, welches einfach perfekt ist.
Dieses Jahr habe ich bereits einige sehr gute Bücher gelesen, es waren einige Favoriten dabei, von denen ich dachte, dass sie mein bisheriges Jahreshighlight sind. Und dann kam dieser Roman und hat alles andere hintenanstehen lassen. Das Buch ist einfach grandios und ich möchte es einem jeden ans Herz legen: wer eine gefühlvolle, mitreißende, emotionale und authentische Geschichte sucht, dann greift zu diesem Buch und lasst euch verzaubern!

Bewertung: 5 von 5 Sterne

MarySophie 

Vielen Dank an den Diana Verlag, sowie das Bloggerportal für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars! 
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.


Freitag, 22. Mai 2020

Rezension: Die Lilienbraut von Teresa Simon

Titel: Die Lilienbraut
Autorin: Teresa Simon
 Verlag: Heyne Taschenbuch
Seitenzahl: 496 Seiten
Preis: 9,99 €
Erscheinungsdatum: 11.05.2002
 ISBN: 978-3-453-42244-5

https://assets.thalia.media/img/artikel/0b7a70334aeb7a41bf899bf64cd062b574aaf50c-00-00.jpeg

 
Handlung:

Köln in den 1940er Jahren
Zufällig lernt Nellie Voss einen Mann kennen, den ersten, zu dem sie sich jemals hingezogen fühlt und mit dem sie sich eine Zukunft vorstellen könnte. Doch beide wissen, dass ihre Liebe aussichtslos ist und sie diese niemals frei ausleben dürfen. Trotzdem träumt Nellie heimlich davon und nur wenige Dinge können sie ablenken. Dazu zählt zum einen natürlich der Krieg, zum anderen ihre Arbeit bei 4711, wo sie immer mehr ihr feine Nase zu verstehen lernt und ihr Interesse für verschiedene Düfte kennenlernt.

Köln in der Gegenwart
Liv zieht zusammen mit ihrem Sohn aus Maastricht nach Köln, um dort ein Erbe anzutreten. Denn dieses sieht vor, dass sie dort wohnen muss, um das Geld für einen eigenen Laden zu erben. Liv ist Biologin und beschäftigt sich am liebsten mit der Herstellung und dem Verkauf von Seifen und Düften. Und genau dies möchte Liv in ihrem eigenen Geschäft tun.
Eigentlich fühlt sie sich in der Großstadt auch wohl, bis sie auf eine merkwürdige ältere Dame trifft. Diese hält sie für eine andere und ist erschüttert von Liv's Auftauchen. Wen meint die Dame wirklich und was hat diese Person mit ihr zu tun?

Meinung:

Das Cover finde ich in Ordnung. Es gibt viele Ähnlichkeiten zu den vorherigen Bänden, ich war bereits kurz verwirrt und dachte, dass ich das Buch aufgrund des ähnlichen Aufbaus mit Blumen, sowie einer Dame bereits besitze. Bei den Lilien wird auf den Titel des Buches Bezug genommen, sie sind geschmackvoll am Rand angeordnet und nehmen nicht zu viel Platz weg. Im Hintergrund ist ein Haus mit Garten zu sehen, ein schönes Bild, welches sehr idyllisch und somit auch einladend erscheint. Dazu ist auf dem Bild noch eine Dame zu sehen, die auf das Haus zurückblickt und so dem Leser abgewandt ist. Im Grunde ein sehr stimmiges Gesamtbild und ich finde es auch schön, aber langsam habe ich das Gefühl, diese Komposition schon zu oft gesehen zu haben, als das es mich noch vom Hocker reißen könnte.
Ich habe ausnahmslos jeden Roman von Teresa Simon gelesen und mochte sie immer recht gerne. Mir gefallen Erzählungen auf zwei Zeitebenen, dazu noch gut recherchierte historische Details und ein großes Familiengeheimnis, voilà ein perfekter Roman ist geschaffen. Sie haben nicht den allergrößten Anspruch, sind aber auch nicht zu locker und einfach geschrieben und bilden für mich immer eine angenehme und abwechslungsreiche Lektüre. Und als ich letztes Jahr bereits den Titel gehört hatte, wurde ich allein davon angesprochen. Irgendwie hat mich das Wort Braut angesprochen, ich habe sehr wenige oder sogar gar keine Bücher, wo das Wort schon im Titel auftaucht. Und als ich dann noch von dem Inhalt gelesen habe, wanderte das Buch direkt auf meine Wunschliste. Das Buch dann tatsächlich vom Bloggerportal gestellt zu bekommen war einfach traumhaft und ich möchte mich dafür noch mal ganz herzlich bedanken!

Es gibt wieder einen spannenden und viele Fragen aufgebenden Prolog, der natürlich dazu dient, dass man das Buch erst mal gar nicht aus der Hand legen möchte und dem großen Geheimnis der Schreiberin auf den Grund gehen möchte. Genau das kennt man schon von anderen Büchern der Autorin und auch hier war es wieder passend. Es regt die Spannung an, gibt Platz zum nachdenken und erste Details werden genannt.
Danach beginnt eine sich abwechselnde Handlung der jetzigen Zeit, sowie der Zeit während des Zweiten Weltkrieges. Beide Handlungsebenen spielen in Köln, einer wunderschönen Stadt, von dem der Charme und das Lebensgefühl gut eingefangen wurde.
Auch bei diesem Roman hat mich die Schreibweise wieder voll überzeugen können. Es gibt viele detaillierte Beschreibungen von Orten, aber auch von Gefühlen. Sie war locker und einfach gehalten und ist somit leicht verständlich und fix lesbar. Durch den Schreibstil konnte ich mir viele Situationen, aber auch das Setting recht gut vorstellen und die Handlung wirkte so direkt lebendiger.
Ich fand es hier besonders, dass gerade in der Vergangenheit die wörtliche Rede stark im Hintergrund steht und sich Nellie fast ausschließlich anhand von Tagebucheinträgen ausdrückt. Hat mir sehr gut gefallen, so wirkt ihr Charakter sehr stark, man kommt ihrem Wesen nahe und ich konnte sie von allen Protagonisten am besten einschätzen.

Es gibt eine gute und solide Recherche, sowohl über das Parfüm, seine Entstehung und Zusammensetzung, als auch über historische Ereignisse. Ich nutze zwar selber gerne Parfüm, habe mich aber nie groß mit den Zutaten oder Duftnoten beschäftigt. Und als ich dann immer wieder davon gelesen hatte, dass man verschiedene Zutaten herausriechen kann, habe ich mich mehr mit meinen Parfüms beschäftigt. Zwar konnte ich dabei nicht viel erkennen, doch es war interessant, darüber nachfolgend ein wenig zu recherchieren und manches selbst auszuprobieren. Man konnte deutlich herauslesen, dass sich die Autorin hierüber informiert hat und ihr Wissen auch an ihre Leser weitergeben kann.
Und auch über die Politik und den Zweiten Weltkrieg, gerade im Zusammenhang mit einer nicht so gut bekannten Widerstandsgruppe gab es allerhand Informationen. Von manchem habe ich selbst noch nichts gehört und war überrascht über einige Entwicklungen.

Bei beiden Handlungssträngen hat mir die Darstellung des Settings gut gefallen. Es gibt zahlreiche, detailreiche Bilder, die ein lebendige Handlungsorte erschaffen. In der Kriegszeit bekommt die Geschichte anhand der zahlreichen Details über zerbombte Häuser einen sehr authentischen Charakter und man konnte die Angst der Protagonisten, dass sie plötzlich wohnungslos und ohne Besitz dastehen könnten, sehr gut spüren. Das waren für mich fast die einzigen Textstellen, in denen ich mitgelitten habe und wo ich eine gewisse Verbindung zu den handelnden Personen gespürt habe. Ich muss aber sagen, dass ich gerade am Anfang oft den Eindruck hatte, dass das Köln der Vergangenheit für mich schon fast einen dörflichen Charakter verströmt. Es erscheint mir nicht wie eine Großstadt, sondern aufgrund mancher Aussagen hatte ich ein Bild mit viel grüner Landschaft und Feldwegen vor Augen. Im Grunde habe ich mir anfangs genau das Gegenteil von Köln vorstellen können, bis sich die Bilder zu einem ganzen, realistischeren Bild zusammengefügt haben.
In der Gegenwart merkt man deutlich einen lebensfrohen, moderneren und aufgeschlosseneren Charakter. Köln ist aufgeblüht, es haben sich allerhand Geschäfte in den Straßen niedergelassen und es herrscht eine große kulturelle Vielfalt. Obwohl ich bisher erst einmal in dieser Stadt war, habe ich sie sehr ähnlich wahrgenommen und würde, anhand der Zeichnung der Stadt, verschiedene Orte am liebsten mit eigenen Augen sehen und entdecken.

Beginnen wir mit der Vergangenheit. Normalerweise finde ich diese zeitliche Ebene immer spannender und interessanter. Sie erweist sich abwechslungsreicher und ich tauche gerne in das Leben früherer Generationen ein. Und auch hier hat mich diese Geschichte mehr gepackt. Sie war nicht so umfangreich wie sonst und drückt sich meist über Tagebucheinträge von Nellie aus. Nur selten gibt es dann noch einige Seiten, die direkt eine Szene der Protagonisten zeigen. Einerseits mochte ich es, dass man Nellie und ihre Familie, aber auch andere Charaktere fast nur anhand dessen kennenlernen konnte. Viele Abschnitte von ihr wirkten dadurch sehr authentisch und wahrheitsgetreu, zudem habe ich so auch ab und an Mitleid oder Freude für die Protagonisten verspürt. Gleichzeitig hätte ich mir gewünscht, dass Nellies Kapitel umfangreicher ausfallen und deutlicher im Mittelpunkt stehen. Immerhin dreht sich um ihre Person das große Geheimnis und in diesem Sinne ist ihre Geschichte wichtiger als die in der Gegenwart.
Mich konnte der Gegenwartsstrang nur schwer überzeugen. Ich mochte nur ein – zwei Protagonisten davon ganz gerne, doch gerade Liv fand ich merkwürdig. Sie ist für mich kein sympathischer Hauptcharakter und bei ihr habe ich einiges hinterfragt. Diese Geschichte hätte für mich gut und gerne kompakter sein können. Mir wäre es lieber, wenn sie weniger Raum eingenommen hätte und stattdessen mehr Kapitel von Nellie vorhanden gewesen wären.

Und wie auch schon bei der Handlung, verhält es sich bei den Protagonisten ähnlich. Ich mochte die in der Vergangenheit mehr, sie wirkten bodenständiger und natürlicher. Zudem konnte man an ihnen mehr Emotionen ablesen und sie waren von ihrem gesamten Wesen für mich interessanter. Sie hatten mehr Tiefe und zeigten auch mal einige Züge, die sie ansonsten tief in ihrem Inneren verborgen haben. Sie handelten nicht immer so wie erwartet und treffen auch mal Fehlentscheidungen. Es gibt keinen, den ich von seiner Darstellung furchtbar finde, in vielen Protagonisten wurde der Zahn der Zeit getroffen.
Leider haben mir die Charaktere in der Gegenwart nicht so gut gefallen. Allen voran fand ich Liv nicht sehr sympathisch. Sie war mir nicht ernsthaft genug, wirkte in ihrer Zeichnung blass und zu blauäugig. Geheimnisse und Probleme wurden immer direkt verraten, Liv stellt wenige Tage nach der Eröffnung eine Mitarbeiterin ein, klagt aber im selben Zug immer wieder über das Geld, welches auch bei ihr mal knapp ausgeht. Und trotzdem gönnt sich Liv immer wieder kleine Vergnügen, die nicht zu dem Bild passen, dass Liv sparen muss. Es gibt einige weitere Beispiele, warum ich ihren Charakter nicht mag, die ich aber nicht alle aufzählen möchte.
Auch Liv's Freundin Nouria ist mir suspekt. So sehr ich es mochte, dass sie immer wieder neuen Wind in den Roman bringt, fand ich einige Aussagen zu wiederholend. Immer wieder tauchte die Redewendung auf, was man in ihrer Heimat oder bei ihr zu Hause sagt. Weiterhin hat sie zu viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, indem sie dachte, dass mögliche Aussagen oder Taten nur wegen ihr geschehen sind. Anfangs empfand ich Nouria noch als erfrischend, nach einiger Zeit ging sie mir immer mehr auf die Nerven.

Fazit:

Irgendwie ist die Geschichte für mich nicht ganz rund. Mir wurde das Ende zu schnell herbeigeführt, viele Fragen wurden nicht richtig beantwortet, sondern es wurde eine einfache, aber nicht vielsagende Lösung angeboten. Mich hat das nicht zufrieden gestellt und irgendwie kann ich mich dadurch nur schwer damit abfinden, dass die Geschichte wirklich zu ende ist.
Mit der Vergangenheit bin ich recht zufrieden, sie war für mich deutlich interessanter und ich mochte auch die Charaktere mehr. Hier will ich lediglich noch mal anmerken, dass diese Abschnitte gerne größer und ausführlicher hätten stattfinden können.
Die Gegenwart hat mir nur in wenigen Aspekten gefallen. Lediglich die Recherche über Parfüms und verschiedene Düfte, als auch die Schreibweise und das Setting hat mir gefallen. Die Protagonisten fand ich eher schwierig und für mich war die Handlung nicht sonderlich überzeugend.
Alles in allem hatte ich mehr erwartet und bin daher leider ein wenig enttäuscht. Das Buch ist trotzdem gut und hat seine Reize, war für mich aber nicht so durchdacht, wie andere Werke aus der Feder der Autorin. Und auch weil ich bereits gesehen habe, dass es bereits allerhand positive Meinungen gibt, bin ich wirklich traurig, dass ich nicht auch so empfinde.

Bewertung: 3,5 von 5 Sterne

MarySophie 

Vielen Dank an den Heyne Verlag, sowie das Bloggerportal für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars! 
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.

Habe ich euer Interesse geweckt? Hier findet ihr den Roman!


Diese Bücher der Autorin habe ich ebenfalls gelesen:

Die Oleanderfrauen

Die Frauen der Rosenvilla

Die Fliedertochter

Dienstag, 19. Mai 2020

Rezension: Das Juliusspital - Ärztin aus Leidenschaft von Claudia und Nadja Beinert

Titel: Das Juliusspital - Ärztin aus Leidenschaft
Autorinnen: Claudia und Nadja Beinert
Verlag: Knaur TB
Seitenzahl: 576 Seiten
 Preis: 9,99 €
Erscheinungsdatum: 04.05.2020
ISBN: 978-3-426-52376-6 

https://assets.thalia.media/img/artikel/34c73b50786736da9236b953169b14b74ba5d0ee-00-00.jpeg

Handlung:

Würzburg im 19. Jahrhundert
Die Bankierstochter Viviana Winkelmann steht vor einer schwierigen Aufgabe. Nicht nur muss sie ihren Eltern gestehen, dass sie sich unstandesgemäß verliebt hat, sondern sie auch noch von diesem Mann schwanger ist. Viviana ist klar, dass ihre Eltern absolut nicht begeistert sein werden, gelten doch solche Liebschaften, aber auch eine ledige Mutter als absolutes Tabu-Thema in der Gesellschaft.
Viviana weigert sich, das Kind wegzugeben und infolge dessen ist, muss sie aus dem elterlichen Statdpalais ausziehen und sich plötzlich ihren Lebensunterhalt selbst verdienen. Sie findet eine Anstellung als Gehilfin in der Apotheke des Würzburger Juliusspital, welches umgangssprachlich als „Wartesaal des Todes“ bezeichnet wird. Und während ihrer Zeit dort lernt Viviana nicht nur allerhand über verschiedenste Pflanzen, sondern entdeckt auch ihr Interesse für die Medizin. Noch immer ist es verboten, dass Frauen ein Studium der Medizin aufnehmen, doch Viviana findet Wege, um sich zu informieren und heimlich Vorlesungen zu belauschen. Doch nicht nur im Juliusspital hat Viviana Feinde, auch der Bruder hat sie nicht vergessen...

Meinung:

Das Cover wird von vielen erdfarbenen Tönen beherrscht, es besticht durch verschiedene kleine Details. Natürlich ist die goldene Schrift ein absoluter Hingucker, sie gibt viel Eleganz und könnte für die reiche Familie stehen, aus der Viviana stammt. Am linken unteren Ende befindet sich ein Gebäude, bei dem ich mir noch unsicher bin, was es darstellen könnte. Einerseits wirkt es edel aufgrund der Torbögen, aber auch der feinen Bepflanzung. Andererseits hat es für mich auch ein wenig die Ausstrahlung, die ich mit dem Juliusspital in Verbindung bringe. Auch hierzu würde der gepflegte Garten passen, anhand von einigen Szenen konnte man sich von der Umgebung ein genaueres Bild machen.
An der unteren rechten Ecke wendet sich eine junge Dame leicht dem Leser zu. Sie entstammt eindeutig einer gesellschaftlich gehobeneren Schicht, nicht nur ihr Kleid und der feine Schmuck, sondern auch die Frisur und die Haltung weisen darauf hin. Ihr Bild habe ich genutzt um mir Viviana vorzustellen.
Insgesamt finde ich die Aufteilung der verschiedenen kleinen Details sehr passend, das Cover wird perfekt ausgefüllt und erscheint dabei nicht zu überladen. Die Farben harmonieren ganz wunderbar miteinander und es ergibt sich ein Gesamtbild, welches zurückhaltend und sehr ansprechend ist. Mir gefällt es!
Ich habe von Nadja und Claudia Beinert bereits einige Bücher gelesen und mir hat ein jedes ganz hervorragend gefallen. Sowohl die Reihe rund um den Naumburger Dom, als auch den Roman über das Leben von Lenchen Demuth und Karl Marx waren ganz hervorragend recherchiert und sind mir in sehr guter Erinnerung geblieben. Ab und an schaue ich immer auf der Facebookseite der Schwestern vorbei, stets mit der Hoffnung auf neue Informationen zu einem kommenden Roman. Und als ich dann das neue Buch in der Verlagsvorschau gesehen habe und die Inhaltsangabe gelesen habe, ist es direkt auf meine Wunschliste gewandert. Es klingt einfach unheimlich spannend und interessant und ich war mir sicher, dass auch dieses wieder ein Lesevergnügen verspricht.

Schon bei dem Personenverzeichnis zeichnet sich die besondere Note der Schwestern ab. Zu jedem Protagonisten gibt es nicht nur eine Erklärung, wer er ist, sondern auch eine rätselhafte Anmerkung, die direkt Spannung erzeugt und die verschiedenen Charaktere geheimnisvoller macht. Man merkt allein an diesem kleinen Detail, wie viel Herzblut in dem Roman steckt und das sich über die Personen viele Gedanken gemacht wurden.
Auf jeden Fall erhält man so direkt einen ersten Einblick auf die Charaktere, man erkennt familiäre, aber auch berufliche Zusammenhänge und kann bereits erste Vermutungen anstellen. Sei es um Geheimnisse, Krankheiten oder auch mögliche Liebesbeziehungen vonseiten Vivianas...
Gerade bei den Professoren hat mir das Personenverzeichnis sehr geholfen. Manche Namen habe ich anfangs ein wenig durcheinandergebracht und so konnte ich mir auf einen Blick wieder ins Gedächtnis rufen, wer wer ist und welche Rolle er am Juliusspital einnimmt.

Unterteilt wird der Roman in drei Teile, die alle eine Überschrift haben, die erst durch die fortschreitende Handlung Sinn macht. Zudem werden so die Entscheidungen von Viviana in den Mittelpunkt gestellt und mit dem Beginn eines neuen Teils beginnt auch ein neuer Lebensabschnitt von der jungen Frau.
Neue Kapitel haben am Anfang immer die Information, in welchem Monat, sowie in welchem Jahr die folgende Handlung stattfindet. Das war sehr sinnvoll und ich habe es für gut empfunden, immerhin vergehen gut fünfeinhalb Jahre und öfter werden Zeitrsprünge eingesetzt, um das Buch nicht ins Unendliche zu strecken. Zudem wird so auch das Risiko verringert, dass Längen entstehen und man sich so leicht langweilen könnte.
Es gibt einen Erzähler, der mit einer gewissen Distanz die Ereignisse wiedergibt. Dabei nimmt er keine Position ein und überlässt es vollkommen dem Leser, wie man die einzelnen Protagonisten einschätzt, ob man sie sympathisch oder unsympathisch findet. Zudem gibt er nicht nur Einblicke in Vivianas Leben, sondern auch in das vieler anderer Protagonisten. So gibt es auch immer wieder Informationen in die Gedanken und Erlebnisse anderer Personen, u.a. der Familie Winkelmann, aber auch die Ärzte des Juliusspital kommen so zu Wort. Als Folge dessen entsteht ein breitgefächertes Bild der Gesellschaft, zudem kann man so die Charaktere noch besser kennenlernen und einschätzen. Mir ist es auch einfacher gefallen, Handlungen und Aussagen zu bewerten und so die Charaktere als sympathisch oder als unangenehm zu werten.

Ich hatte absolut keine Probleme, um in den Roman zu starten und mich auf die Handlung einzulassen. Es herrscht eine meist eine einfache und gut verständliche und lesbare Schreibweise vor, aufgrund der ich das Buch mit Freude in die Hand genommen habe. Anspruch erhält der Roman vor allem durch allerhand Beschreibung von medizinischen Forschungsergebnissen, aber auch durch diverse Untersuchungsmethoden, die Viviana lernt. Mit dem zuletzt genannten hatte ich keine Verständnisprobleme, diese fand ich einfach und anschaulich beschrieben. Ich konnte mir darunter etwas vorstellen und habe auch den Sinn hinter den Worten verstanden.
Obwohl die Autorinnen versucht haben, Sachverhalte und Motivationen, sowie die Ergebnisse der Forschungen leicht und einfach niederzuschreiben musste ich manche Sätze mehrmals lesen, um alles einigermaßen nachvollziehen zu können. Vielleicht stand mir hier auch meine Schwäche in der Biologie im Wege, mit diesen Szenen habe ich mich etwas schwerer getan. Trotzdem haben sie meinem Lesefluss keinen Abbruch getan und zum Glück traten die Abschnitte wohldosiert auf.

Lange Zeit hat mir der Roman gut gefallen. Er war interessant, es ist anhand von vielen Textstellen eine hervorragende Recherche erkennbar und ich hatte Freude am lesen. Mir fehlte aber ein Highlight, eine Wendung, die unerwartet kommt und welche noch mehr Schwung in die Handlung hereinbringt. Ich wusste selbst nicht richtig, was genau mir fehlt, um das Buch unvergesslich zu machen. Ich musste viele Seiten darauf warten, ungefähr 160 Seiten vor dem Ende ist der Knoten geplatzt. Von diesem Moment an habe ich das Buch nicht mehr aus der Hand gelegt und wollte unbedingt wissen, wie alles endet, wie es Viviana weiterhin ergehen wird und was mit den anderen Protagonisten passiert. Nicht nur hatte Viviana plötzlich einen Plan, wie sie ihr Ziel erreichen möchte, sondern es wird jetzt auch deutlich, dass man sich in einer Person stark getäuscht hat und diese mochte ich tatsächlich richtig gerne. Ich war gefesselt von der Spannung und habe diese Seiten richtig genossen.

Wie gerade erwähnt, es gibt eine wunderbare Recherche vonseiten der Autorinnen. Es ist aus verschiedenen Szenen herauszulesen, wie viel Mühe sie sich gegeben haben und wie viel Arbeit hinter dem Roman steckt. Ich stelle es mir nicht nur schwierig vor, sich in die Medizin, in die Forschungen der jeweiligen Ärzte einzulesen und die Sachverhalte zu verstehen. Diese dann mit eigenen Worten verständlich und klar auszudrücken ist sicherlich nicht einfach. Den Schwestern ist das gut gelungen und ich bin mehr als beeindruckt, wie viel Mehrwert die einzelnen Aussagen haben.
Und es ist ihnen ebenso gelungen, den Ärzten, die tatsächlich gelebt haben, viel Charakter und Glaubwürdigkeit zu verleihen. Ich konnte mir gut vorstellen, dass sie genauso waren und ihre Wesen perfekt getroffen wurden. Ich fand es lediglich etwas fragwürdig, dass sich die Professoren teilweise so viel mit Viviana, der Gehilfin der Apotheke, beschäftigt haben und sie auch kannten. Bei einem oder zwei hätte ich mir das gefallen lassen und klar ist Viviana durch ihren Wunsch Ärztin zu werden in den Mittelpunkt gerutscht. Doch ich finde es etwas unglaubwürdig, dass sich die Ärzte so sehr mit ihrem Wesen beschäftigt haben. Ich hätte eher gedacht, dass Viviana dafür ein zu kleiner Faktor des ganzen Juliusspitals ist.

Jede einzelne Szene findet in Würzburg statt, eine Gegend, die ich nicht wirklich kenne. Daher war ich darauf gespannt, wie die Stadt mit ihren Sehenswürdigkeiten und Ecken dargestellt wird. Gerade auf einigen Spaziergängen von Viviana lernt man einige markante Orte kennen und ich konnte mir ganz gut ein Bild von der Stadt machen. Einige angesprochenen Gebäude oder Wege habe ich gegoogelt, um zu wissen, wie es tatsächlich aussieht.
Im Mittelpunkt steht das Juliusspital, ich glaube, dort finden die meisten Szenen statt. Ich konnte es mir gut vorstellen und war überrascht, dass ich es nie so negativ wahrgenommen habe, wie ein Großteil der Bevölkerung. Schon nach wenigen Seiten tauchte der Vermerk auf, dass das Spital auch als „Wartesaal des Todes“ bezeichnet wird und dementsprechend hatte ich gedacht, dass sich diese negative Energie auch auf den Leser überträgt. Doch meist wirkte das Spital auf mich eher freundlich und hoffnungsvoll ( im Sinne, dass Patienten behandelt und geheilt werden können). Nur selten, speziell in den Räumen, wo Leichen seziert werden, kam auch bei mir eine negative Stimmung auf, die Szenen waren eher kühl und hinterließen bei mir ein ungutes Gefühl.
Außerdem spielen einige Szenen im Stadtpalais der Familie Winkelmann. Auch bei diesem Gebäude fand ich es interessant, wie unterschiedlich ich es wahrgenommen habe. Gerade am Anfang wirkte es gemütlich und einladend und die einzelnen Räume strahlten nicht nur viel Eleganz, sondern auch Wärme aus. Diese Mischung hat mir richtig gut gefallen, so wirkte das riesige Gebäude mit mehreren Etagen gemütlich und heimelig. Je mehr die Handlung fortschreitet, desto mehr verliert das Gebäude seinen Charme und die Wärme. Es wirkt irgendwann nicht mehr belebt und ich konnte verstehen, wenn sich auch die Protagonisten dort nicht mehr so wohlgefühlt haben oder Viviana ihr einstiges Zuhause mit anderen Augen betrachtet.

Mir haben die Charaktere in ihrer Art richtig gut gefallen. Sie waren lebendig und authentisch, ihre Handlungen glaubwürdig und ich konnte mir bei vielen vorstellen, dass sie in ihrem Wesen tatsächlich so gelebt haben könnten. Und das gilt sowohl für die realen, als auch für die fiktiven Protagonisten! Nicht jeder ist der sympathische oder unangenehme Mensch, für den man ihn anfangs hält und viele zeigen verschiedene Seiten ihrer Person. So täuscht man sich leicht in einigen Charakteren und es wird aufgezeigt, dass man sich nicht auf seinen ersten Eindruck verlassen soll, sondern die Menschen erst kennen muss, um sie einzuschätzen und um mögliche Sympathien zu verteilen.
Viviana steht eindeutig im Mittelpunkt, man begleitet sie über fünf Jahre hinweg und kann eine Entwicklung von einer wohlbehüteten, etwas naiven Mädchen aus gutem Hause bis hin zu einer selbstbewussten und willensstarken jungen Mutter, die für ihr Einkommen arbeitet, betrachten. Anfangs war sie mir etwas zu blauäugig und es war mir klar, dass sie ab und an auf die Nase fallen wird. Doch mit ihrer Wandlung wird mir Viviana immer sympathischer und ich mochte ihr Wesen immer mehr. Ich finde ihre Entwicklung sehr gelungen, lediglich habe ich etwas damit gehapert, dass sie, die noch nie in ihrem Leben gearbeitet hat und stets ein Leben voller Luxus hatte, sich plötzlich und ohne Probleme mit einfachen Dingen und einer Arbeit abfindet. Es gab nie eine Stelle, wo sie Probleme damit hatte oder sich beschwert hat.

Fazit:

Ich finde es ja immer ein bisschen schade, dass es nicht mehr Romane der Schwestern gibt. Und nach jedem gelesenen Buch von ihnen komme ich wieder zu der Überzeugung, dass es genau richtig ist, dass sie sich so viel Zeit nehmen. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie viel Zeit es dauert, um sich nicht nur von den verschiedenen Professoren ein Bild zu machen, sondern auch von den medizinischen Zusammenhängen. All dies nicht nur zu verstehen, sondern auch für den Leser verständlich und mit eigenen Worten zu wiederholen. Darin sind die Beiden wahre Meister und ich freue mich bereits jetzt auf den zweiten Teil, aber auch auf ganz viele folgende Werke.
Ich habe absolut keinen Punkt zum meckern oder den ich hier nochmals negativ aufzählen möchte. Daher gibt es von mir die volle Bewertung und eine große Leseempfehlung!

Bewertung: 5 von 5 Sternen

MarySophie 

Vielen Dank an den Droemer Knaur Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars! 
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.


Ein weiteres Buch der Autorinnen, welches ich empfehlen möchte:

 

Freitag, 15. Mai 2020

Rezension: Die Hebamme von Sylt von Gisa Pauly

Titel: Die Hebamme von Sylt
Autorin: Gisa Pauly
Verlag: Aufbau Taschenbuch
Seitenzahl: 496 Seiten
Preis: 9,99 €
Erscheinungstermin: 30.05.2011
ISBN: 978-3-7466-2909-4


Handlung:

Sylt 1872
In einer stürmischen Nacht brauchen zwei Frauen die Hilfe und Unterstützung der Hebamme Geesche Jensen. Bei den Frauen handelt es sich um Personen unterschiedlicher Stände, nicht nur die Frau eines armen Fischers wird in dieser Nacht ein Kind bekommen, sondern auch die Gräfin Katerina von Zederlitz, die sich zur Zeit der Geburt auf der Insel aufhält. Beide Geburten verlaufen ohne Probleme, doch am Ende steht Geesche vor einer Entscheidung, die nicht nur ihr Leben, sondern auch das der beiden Frauen grundlegend verändern wird.

Sylt 1888
Sechzehn Jahre später scheint Geesche ihr privates Glück gefunden zu haben. Marinus, ein Ingenieur der Inselbahn, hält um ihre Hand an. Doch gleichzeitig ist sie sich unsicher, immerhin ist er ein Verwandter des Grafen von Zederlitz. Und mit der Familie wollte sie eigentlich so wenig wie möglich Kontakt haben.
Als sich die Familie von Zederlitz, wie jeden Sommer, wieder auf Sylt befindet, trifft die Tochter Elisa einen hohen Adligen, den sie heiraten soll. Zur selben Zeit findet Marinus heraus, was im Jahr 1872 geschehen ist. Und so beginnt das Unglück ihren Lauf...

Meinung:

Das Cover mag ich nicht sonderlich, da habe ich schon deutlich bessere gesehen. Die Farbgebung finde ich noch in Ordnung, diese harmonieren wirklich gut miteinander. Auch die kleine Karte der Insel ist sehr passend. Mit dem verschwommenen Hintergrund kann ich mich auch noch anfreunden, doch die Dame im Vordergrund finde ich vollkommen unpassend. Sie zerstört die Idylle und ist mir für ein Cover nicht passend genug. Eher wirkt sie wie von einem religiösen Gemälde entnommen und ich kann ihre Figur nicht mit der Handlung in Verbindung bringen. Von dem Bild bin ich nicht sehr begeistert, es gibt gute Ansätze, doch die Dame im Vordergrund zerstört es. Da gefällt mir das Cover der Neuauflage deutlich besser.

Erstmals auf den Roman aufmerksam geworden bin ich durch eine Leserunde bei Lovelybooks, wo ich leider kein Glück hatte. Diese fand im Zusammenhang mit der neuen Auflage des Buches statt und seitdem stand es auf meiner Wunschliste. Ihr könnt euch also vorstellen wie glücklich ich war, das Buch Anfang Februar als Mängelexemplar bei Arvelle zu finden. Zudem hatte ich die anderen beiden Bände der Reihe zu diesem Zeitpunkt schon und habe nur auf diesen ersten gewartet, um schnellstmöglich mit dem Lesen zu beginnen. Ich habe also gar nicht lange nachgedacht, sondern mir das Buch fix bestellt und seitdem hat es darauf gewartet, gelesen zu werden. Was ich jetzt endlich gemacht habe!

Es herrscht eine einfache Sprache vor, die leicht verständlich ist und sich gut lesen lässt. Man erhält stets genügend Informationen und wird nur selten im Dunklen gelassen. Oft finde ich die Beschreibungen von Handlungen sehr passend und ausreichend, trotzdem entstehen ab und an Längen, in denen die Geschichte zwar spannend bleibt, weil es noch ausreichende Geheimnisse gibt, für den Moment passierte aber nichts wichtiges, die Handlung plätscherte leicht vor sich hin. Zum Glück ändert sich das wieder und es kam wieder mehr Schwung in den Roman..

Ein großes Highlight meinerseits ist die Spannung. Am Anfang beginnt der Roman noch recht ruhig und gemächlich, es wird zwar schnell von einem Geheimnis gesprochen, doch es steht noch nicht so sehr im Vordergrund. Eher gibt es die Möglichkeit, Protagonisten, das Setting und die Situation kennenzulernen. Erst nach und nach tauchen immer mehr Anspielungen und Informationen zu dem großen Geheimnis auf und die Handlung nimmt Fahrt auf. Je weiter der Roman fortschreitet, desto größer wird die Spannung und man merkt deutlich, dass es am Ende einen großen Höhepunkt geben wird, auf den hingearbeitet wird.
Und ich muss sagen, dass mich das Ende doch überrascht hat und auch, wie geschickt sich alle Erzählfäden zu einem verbunden haben. Es bleibt gar keine Frage offen und ich kann mich mit dem Ende gut anfreunden. Auch wenn es vielleicht etwas zu schnell herbeigeführt wurde. Immerhin arbeitet der Großteil des Buches auf einen großen Knall hin, den es zwar gibt, der aber wenig Umfang einnimmt und innerhalb von wenigen Seiten abgekanzelt wird. Mir hätte es gefallen, wenn es vielleicht ein paar weitere Sätze zu den Protagonisten gibt, wie sie mit der Situation umgehen und vielleicht wäre auch ein Ausblick in die Zukunft der wichtigsten Personen ganz schön gewesen? Es gäbe auf jeden Fall noch Möglichkeiten, um das Buch nicht so schnell abzuschließen, sondern nach dem großen Knall noch einige, wenige Seiten hinzuzufügen und den Roman somit nicht zu schnell enden zu lassen.

Obwohl das Buch eigentlich viele gute Punkte vereint und eine angenehme und interessante Lektüre darstellt, fehlt mir noch ein bestimmtes Detail, was mich umhaut. Etwas, womit ich nicht gerechnet hätte und was das Buch zu einem Highlight macht. So ist es wirklich nett zu lesen, doch mir fehlt ein Wow-Faktor.
Mit fehlt es auch etwas, dass es kaum eine zeitliche Angabe gibt. Klar, die Handlung beginnt im frühen Sommer und zieht sich über diesen hinweg. Es ist aber unglaublich schwer einzuschätzen, wie viel Zeit in der Handlung vergangen ist, ob es sich nur um Tage, um Wochen oder gar um ein – zwei Monate handelt. Es wäre möglich gewesen, im Zusammenhang mit dem Aufenthalt der Grafenfamilie von Zederlitz dazu eine Angabe fallen zu lassen. So wäre man als Leser informiert und es würde sich gut in die Handlung einfügen.

Auch das Setting lässt mich etwas zwiegespalten zurück. Einerseits gibt es traumhafte Beschreibungen verschiedener Orte, gerade den Strand, aber auch Geesches Haus habe ich mir sehr bildhaft und genau vorstellen können. Zudem war gerade im Haus der Hebamme eine Stimmung zu spüren, die sich mit den Handlungen hebt und senkt. Mal wirkt der Ort sehr einladend, gemütlich und häuslich. Dann wieder, je nachdem wie sich die Geschichte entwickelt versprüht das Haus eine Kälte, die fast greifbar ist.
Und obwohl ich einige Beschreibungen des Strandes sehr gerne mag, fand ich es doch schwierig, mir andere Textstellen dessen vorzustellen und die Dimensionen zu erahnen. Der Strand und die Dünen wirkten teils massig und riesengroß, zudem wurde immer mal wieder von Verstecken gesprochen, die die Protagonisten in den Dünen finden. Ich habe mir darauf zwar etwas einbilden können, doch wahrscheinlich ist meine Vorstellung meilenweit von dem Gemeinten entfernt.

Im Grunde haben mir die Protagonisten gut gefallen. Sie waren vielseitig dargestellt und vermochten den Leser teils wunderbar zu täuschen. Bei vielen hätte ich mir etwas mehr Tiefgang gewünscht, lediglich bei Hanna war dieser für mich vollkommen vorhanden. Sie hatte das komplexeste Wesen und über ihren Charakter hatte ich immer wieder unterschiedliche Meinungen und konnte es verstehen, dass auch die Inselbevölkerung ihre kleinen Zweifel gegenüber dem jungen Mädchen hatte.
Doch ich bin mit den Protagonisten trotzdem sehr zufrieden, sie haben für mich das Herz des Buches ausgemacht und es gab eine interessante Mischung von Personen unterschiedlicher Stände.
Es wurde dann natürlich immer spannend, wenn es ein Zusammentreffen der unterschiedlichen Welten gab und wie die Bevölkerung übereinander denkt. Diese Textstellen hatten einen besonderen Reiz und zeigten ein Bild von Vorurteilen und Standesdünkeln.
Ursprünglich dachte ich, dass die Hebamme Geesche stärker im Mittelpunkt stehen wird und sich die Handlung vor allem um ihren Charakter dreht. Das man so miterlebt, was sie tagtäglich erlebt und wie sie die Situationen und andere Personen einschätzt. Doch ihr Charakter rückt teilweise stark in den Hintergrund und die Handlung konzentriert sich auf andere Protagonisten und Geschehnisse. Einerseits entstand so eine breitgefächerte Geschichte, die immer wieder mit Neuigkeiten aufwarten konnte. Ich fand es aber schade, dass man Geesche nicht so ausführlich kennenlernen konnte, wie ich ursprünglich gedacht und auch gehofft habe.

Fazit:

Der Roman ist nicht perfekt, hat aber viele gute Ansätze und konnte mich zu weiten Teilen überzeugen. Es gibt eine sehr spannende Handlung, die nicht vorhersehbar ist, aber auch nur selten einen großen Überraschungseffekt mit sich bringt. Und auch die Charaktere mit ihrer Vielfalt haben mich positiv angesprochen und es war sehr angenehm, ihnen auf ihren Abenteuern zu folgen.
Für mich gab es leider keinen Punkt, der das Buch zu einem Highlight macht oder eine sooo interessante Handlung, dass ich es nur schwer aus der Hand legen könnte. Ich habe es gern gelesen und bin auch gespannt auf die Fortsetzungen, die beide bereits bei mir liegen und die ich baldmöglichst lesen möchte.

Bewertung: 4 von 5 Sterne

MarySophie 

Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.

Interesse? Hier findet ihr den Roman!